Ganzheitliche Lösungen
Zwei Podiumsdiskussionen im Rahmen der 3. Bayerischen Klimawoche
Text: Paul, Jochen, München
Ganzheitliche Lösungen
Zwei Podiumsdiskussionen im Rahmen der 3. Bayerischen Klimawoche
Text: Paul, Jochen, München
Die Bayerische Architektenkammer, die zu den Partnern der „Bayerischen Klimaallianz“ gehört, hatte Ende Juli zu einem „Energieclub“ eingeladen, um die unbestreitbaren Risiken und eventuellen Chancen des Klimawandels auszuloten.
Die etwas brav als „Podiumsdiskussion“ angekündigte Runde erwies sich als überaus streitbar: Während Wolfgang Behringer (Historisches Institut der Universität des Saarlandes) in seinem Eingangs-Statement betonte, ihm sei es in Mitteleuropa zu kalt, und Brian Cody (Institut für Gebäude und Energie, TU Graz) das sattsam bekannte „form follows...“ um die Variante „energy“ erweiterte, vertrat Reinhard Zellner (Physikalische und Theoretische Chemie, Universität Duisburg-Essen) die These, der Klimawandel sei nicht mehr zu stoppen.
Daraus entspann sich ein verbales Scharmützel zwischen dem Historiker und dem Naturwissenschaftler um die Frage des verbleibenden Zeitfensters: Auf Behringers Exkurs, in den 60er Jahren habe die wissenschaftliche Prognose eines bevorstehenden Endes der interglazialen Zwischen(warm)phase sogar noch zu Geheimverhandlungen zwischen Nixon und Breschnew über die Konsequenzen des „Global Cooling“ geführt, entgegnete Zellner, entscheidend für das Ausmaß des Klimawandels seien die nächsten 100 Jahre, nicht die nächsten 1000 oder 10.000. Dem gegenüber verwies Architekt Brian Cody darauf, dass sich die derzeit bekannten fossilen Energiereserven meist in politisch instabilen Regionen befänden, und dass darüber hinaus die Klimaerwärmung eine Verschiebung vom Heizen zum weitaus energieaufwendigeren Kühlen bedeute. Keine schönen Aussichten einerseits vor dem Hintergrund, dass 50 Prozent des weltweiten Energiebedarfs auf Gebäude zurückzuführen sind – andererseits liegt darin auch ein gewaltiges Potenzial zur Steigerung der Energieeffizienz, etwa im Bauen mit den statt gegen die
klimatischen Bedingungen. Einig waren sich die Diskutanten einzig in ihrer Skepsis gegenüber kleinteiligen Lösungen.
klimatischen Bedingungen. Einig waren sich die Diskutanten einzig in ihrer Skepsis gegenüber kleinteiligen Lösungen.
Dieser Auffassung widersprach zwei Tage
später auf einer Diskussionsveranstaltung über kommunale Energieversorgungsstrategien in Neumarkt der dortige Oberbürgermeister Thomas Thumann vehement: Klimaschutz sei Aufgabe der Kommunen, weil nur sie in der Lage seien, die Bürger nicht nur zu informieren, sondern auch zu motivieren. Was Arno Zengerle, der Bürgermeister von Wildpoldsried, bestätigte: „Ohne gelebte Begeisterung und Bürgerstolz“ hätte seine Gemeinde weder Klimaschutzkommune 2009 werden noch den European Energy Award 2010 bekommen können. Die Allgäuer tauschten letztes Jahr 210 ungeregelte Heizungsumwälzpumpen gegen Hocheffizienzaggregate, und sie waschen ihren kommunalen Fuhrpark mit Brauchwasser.
später auf einer Diskussionsveranstaltung über kommunale Energieversorgungsstrategien in Neumarkt der dortige Oberbürgermeister Thomas Thumann vehement: Klimaschutz sei Aufgabe der Kommunen, weil nur sie in der Lage seien, die Bürger nicht nur zu informieren, sondern auch zu motivieren. Was Arno Zengerle, der Bürgermeister von Wildpoldsried, bestätigte: „Ohne gelebte Begeisterung und Bürgerstolz“ hätte seine Gemeinde weder Klimaschutzkommune 2009 werden noch den European Energy Award 2010 bekommen können. Die Allgäuer tauschten letztes Jahr 210 ungeregelte Heizungsumwälzpumpen gegen Hocheffizienzaggregate, und sie waschen ihren kommunalen Fuhrpark mit Brauchwasser.
Offenbar eignet sich die Energiefrage optimal für die regionale Wertschöpfung. Und nachdem jahrelang zu viel Fläche an die Zersiedlung verschenkt wurde, geht es auf kommunaler Ebene dabei in erster Linie um die Reaktivierung und Ertüchtigung der Stadtzentren – der demografische Wandel lasse, so die einhellige Einschätzung der politischen Entscheidungsträger, keine andere Wahl. Nicht die schlechteste Nachricht für den Berufsstand der Architekten: Nachhaltige Stadtentwicklung erschöpft sich nicht in Zahlen, Fakten und Verordnungen, sondern erfordert neben gesundem Menschenverstand das Denken in ganzheitlichen Konzepten.
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