Gebetsorte
Das ifa widmet sich der Moschee als Bauaufgabe
Text: Baus, Ursula, Stuttgart
Gebetsorte
Das ifa widmet sich der Moschee als Bauaufgabe
Text: Baus, Ursula, Stuttgart
Mit dem Neubau von Moscheen, die in Deutschland meistens unauffällig in umgenutzten Hinterhäusern untergebracht sind, wagen Muslime sich immer häufiger, aktiv an der Gestalt unserer Städte mitzuwirken und als Religionsgruppe sichtbar zu werden.
Als Ex-Bundespräsident Wulff noch kein Image-Problem hatte, sorgte er bei seiner Festrede zum 20. Jahrestag der deutschen Einheit mit seinem Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ für Aufsehen. Das ifa (Institut für Auslandsbeziehungen), das sich als „führende deutsche Institution im internationalen Kunstaustausch“ bezeichnet, lenkt nun mit einer Ausstellung endlich die Aufmerksamkeit auf eine Bauaufgabe, die in Deutschland seit Jahren viele Gemüter erregt, weil sie im Kontext der Rolle des Islam steht: Moscheen. Mit dem Neubau von Moscheen, die in Deutschland meistens unauffällig in umgenutzten Hinterhäusern untergebracht sind, wagen Muslime sich immer häufiger, aktiv an der Gestalt unserer Städte mitzuwirken und als Religionsgruppe sichtbar zu werden.
Vorschriften für den Bau von Moscheen gibt es nicht – Moscheen sind keine Gotteshäuser wie Kirchen, sondern Gebetsorte; sie sind damit aber auch religiöse Orte und werden überall, wo der Religion eine politische Dimension beigemessen wird, auch politisch gedeutet. Entsprechend vielfältig hat sich über die Jahrhunderte in den Stammregionen des Islam eine reiche Typologie ausgebildet. Im Zentrum der von Christian Welzbacher und Valérie Hammerbacher kuratierten Ausstellung steht allerdings die Gegenwart. Im ifa springt ins Auge: Die gestalterische Freiheit beim Bau von Moscheen bringt eine überraschende Offenheit für jegliche Tendenzen der Gegenwartsarchitektur mit sich. Mit informativen Tafeln, guten Fotografien, Plänen, Texten, Modellen und Videos werden Beispiele aus aller Welt gezeigt. Bauten seit den 1950er Jahren in Ankara, München, Jakarta, Islamabad, Zagreb, Singapur, Penzberg und Aarhus versetzen genauso in Erstaunen wie Entwürfe für London, Dubai oder Algier. Architekten von Rang widmen sich der Bauaufgabe: BIG in Tirana, Frei und Saarinen in Zürich, ZEST in Dubai, MYAA in London.
Das ifa bietet unter dem Stichwort „(Un-)Sichtbarkeit“ auch Einblicke in die vielen Moscheen, die im Stadtraum kaum in Erscheinung treten – etwa 2400 Moscheen dieser Art gibt es in Deutschland. Außerdem tragen Künstler eine erfrischende Komponente in das Thema. So eröffneten Tarik Sadouma und Bastian Franken in Amsterdam eine temporäre Moschee in einem Supermarkt: Den Minbar deuteten sie mit einem Stuhl und einem Mikrofon an, und das Logo der Supermarktkette Albert Heijn wandelten sie so ab, dass man es als „Allah“ entziffern kann. Andere Beispiele: Johannes Buchhammer entwarf eine Einlegeseite für den „Neufert“, auf der funktionale Aspekte zum Moscheenbau zusammengefasst sind; Azra Aksamija steuerte eine „Dirndlmoschee“ bei: ein Kleidungsstück, in dem Kopftuch, Gebetsteppich und Tasbih (Gebetskette) unterschiedlich kombi-niert werden können; da mutiert das Kopf- zum Schultertuch, der Teppich zur Schürze, die Kette zum Gürtelband. Im Kulturtransfer sind die Gattungsgrenzen zum Glück nicht messerscharf gezogen, sodass die Kleidung als Körperhülle deutlich in die Nähe der Architektur rücken darf.
Eine „euroislamische“ Kultur lässt sich in der weltweit gefassten Ausstellung kaum erkennen. Vom Islam als Weltreligion gehen vielmehr bemerkenswerte Impulse für eine weltweite Architekturentwicklung aus.
Vorschriften für den Bau von Moscheen gibt es nicht – Moscheen sind keine Gotteshäuser wie Kirchen, sondern Gebetsorte; sie sind damit aber auch religiöse Orte und werden überall, wo der Religion eine politische Dimension beigemessen wird, auch politisch gedeutet. Entsprechend vielfältig hat sich über die Jahrhunderte in den Stammregionen des Islam eine reiche Typologie ausgebildet. Im Zentrum der von Christian Welzbacher und Valérie Hammerbacher kuratierten Ausstellung steht allerdings die Gegenwart. Im ifa springt ins Auge: Die gestalterische Freiheit beim Bau von Moscheen bringt eine überraschende Offenheit für jegliche Tendenzen der Gegenwartsarchitektur mit sich. Mit informativen Tafeln, guten Fotografien, Plänen, Texten, Modellen und Videos werden Beispiele aus aller Welt gezeigt. Bauten seit den 1950er Jahren in Ankara, München, Jakarta, Islamabad, Zagreb, Singapur, Penzberg und Aarhus versetzen genauso in Erstaunen wie Entwürfe für London, Dubai oder Algier. Architekten von Rang widmen sich der Bauaufgabe: BIG in Tirana, Frei und Saarinen in Zürich, ZEST in Dubai, MYAA in London.
Das ifa bietet unter dem Stichwort „(Un-)Sichtbarkeit“ auch Einblicke in die vielen Moscheen, die im Stadtraum kaum in Erscheinung treten – etwa 2400 Moscheen dieser Art gibt es in Deutschland. Außerdem tragen Künstler eine erfrischende Komponente in das Thema. So eröffneten Tarik Sadouma und Bastian Franken in Amsterdam eine temporäre Moschee in einem Supermarkt: Den Minbar deuteten sie mit einem Stuhl und einem Mikrofon an, und das Logo der Supermarktkette Albert Heijn wandelten sie so ab, dass man es als „Allah“ entziffern kann. Andere Beispiele: Johannes Buchhammer entwarf eine Einlegeseite für den „Neufert“, auf der funktionale Aspekte zum Moscheenbau zusammengefasst sind; Azra Aksamija steuerte eine „Dirndlmoschee“ bei: ein Kleidungsstück, in dem Kopftuch, Gebetsteppich und Tasbih (Gebetskette) unterschiedlich kombi-niert werden können; da mutiert das Kopf- zum Schultertuch, der Teppich zur Schürze, die Kette zum Gürtelband. Im Kulturtransfer sind die Gattungsgrenzen zum Glück nicht messerscharf gezogen, sodass die Kleidung als Körperhülle deutlich in die Nähe der Architektur rücken darf.
Eine „euroislamische“ Kultur lässt sich in der weltweit gefassten Ausstellung kaum erkennen. Vom Islam als Weltreligion gehen vielmehr bemerkenswerte Impulse für eine weltweite Architekturentwicklung aus.
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