Gelungene und andere Auftritte
Sehen und gesehen werden auf der Mipim 2014
Text: Escher, Gudrun, Xanten
Gelungene und andere Auftritte
Sehen und gesehen werden auf der Mipim 2014
Text: Escher, Gudrun, Xanten
High Rises – High Heals: Diese Entsprechung galt wie in den Vorjahren auch 2014 auf der Mipim in Cannes. Aber beide, Hochhäuser wie hohe Absätze, haben spürbar an Zugkraft eingebüßt, wie überhaupt der Glanz der bis dato gepriesenen Wachstumsregionen in Ostasien und Lateinamerika, die vor allen anderen mit Hochhausprojekten prunken, zu verblassen beginnt.
Die Besucherfrequenz an Ständen aus Brasilien, der Türkei und Russland, den drei „Ehrengastländern“, war übersichtlich, der Nahe Osten kaum mehr vertreten. Wo Investors Lieblinge sich rings um den Globus immer mehr ähneln, haben die spektakulären Projekte mit ihren himmelstürmenden Modellen ausgedient. Selbst die Mipim-Award-Gewinner ließen sich, wenn man die Projekte nicht gekannt hätte, kaum eindeutig regional zuordnen.
So rückt auf der führenden Immobilienmesse eine alte Tugend wieder in den Vordergrund: der Messeauftritt selbst. Das kann man brav und bieder machen wie Nordrhein-Westfalen – bieder und verlässlich wie die Renditen im Bindestrichland, aber auch unübersichtlich und für Nicht-Kenner befremdlich. Man kann aber auch, durch Design etwa, eine stringente Marke setzen. Marseille hat damit seit Jahren Erfolg: Selbst wenn das Modell der „Euroméditerranée“ aus edlen Hölzern inzwischen teilweise überholt ist, es zieht immer noch die Aufmerksamkeit auf sich, in diesem Jahr flankiert von einer schlangenförmigen Sitzbank aus aufgefächerten, roten Papierlamellen.
Mit Foster und Hadid. Oder mit Surrealismus
„Grand Paris“ ist es von Jahr zu Jahr besser gelungen, die Dominanz des Hochhausclusters von „La Défense“ in den Kontext der Region einzubinden, in dem Maße wie übergreifende Verkehrskonzepte und Entwicklungsstränge Gestalt annahmen. 2013 hatte Norman Foster gemeinsam mit Zoévox Architecture acht Gebietskörperschaften und zahlreiche Unternehmen entlang einer spiegelnden Achse arrangiert. 2014 kam Zaha Hadid mit ins Spiel und schuf einen Konferenzraum ganz eigener Prägung. Sich hier zu orientieren, Ansprechpartner und Anregungen zu finden, war mit ästhetischem Spaßfaktor gewürzt, ein seltenes Vergnügen im Messegedränge.
Mit einem ganz anderen, einem frischen und von Graffiti inspirierten Auftreten machte der belgische Stand neugierig. Die Universitätsstadt Gent, prosperierendes Zentrum von Wissensgesellschaft und Wirtschaft im Lande, hatte die Führung übernommen. Ihrer kommunalen Agentur gelang es, aus einem öden Seitenflügel im Palais des Festivals, in dem jahrelang die Italiener unter sich waren, eine prickelnde Show zu machen. Das wichtigste Medium: Kunst mit augenzwinkernden Anleihen an dem, wofür Belgien bekannt ist, dem Surrealismus, einschließlich des Wortspiels „SUR REAL ESTATE“, erdacht vom belgischen Maler und Designer Stefaan de Crook. Und die Infostelen für Partnerunternehmen und Städte, die sonst oft irgendwie herum- und im Wege stehen, saßen hier auf Rollen, ließen sich nach Lust und Bedarf neu gruppieren: eine simple, aber wirkungsvolle Idee.
Luft nach oben
Die komplexen Inhalte, die es zu vermitteln gilt, wenn über Projekte und ihre städtebauliche Einbindung in funktionaler, ökologischer und ökonomischer, aber eben auch ästhetischer Hinsicht zu verhandeln ist, lassen sich kaum an Einzelmodellen verdeutlichen. Allein drei Modelle in verschiedenen Maßstäben, Karten und Pläne erläuterten z.B. das Stadtentwicklungsprojekt „London Nine Elmes“ mit der Battersea Power Station. Andererseits bleibt ein detailreiches Stadtmodell, wie es Moskau in einem Sonderzelt präsentierte, zwar bewundernswürdig, aber ohne Informationswert.
Um heutigen Ansprüchen der Immobilienmärkte zu genügen, kann keine Projektgesellschaft, kann keine kommunale Stelle alleine reüssieren. Aber der Verbund ist umso überzeugender, je kohärenter der Messeauftritt gelingt und die Kohärenz in der täglichen Praxis widerspiegelt. Da ist auf der Mipim noch viel Luft nach oben.
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