Im Palazzo Barbaran
Vicenza hat endlich ein richtiges Palladio-Museum
Text: Schulz, Bernhard, Berlin
Im Palazzo Barbaran
Vicenza hat endlich ein richtiges Palladio-Museum
Text: Schulz, Bernhard, Berlin
Ein rundes Jubiläum zu Andrea Palladio (1508–1580) gab es im vergangenen Jahr nicht zu feiern. Doch auch ohne kalendarischen Anlass war das Anfang Oktober eröffnete „Palladio Museum“ – wie es in Absetzung vom italienischen Sprachgebrauch heißt – die Erfüllung eines lange gehegten Wunsches der Bewunderer des Renaissance-Baumeisters.
Das rührige Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio (CISA) in Vicenza, seit jeher beheimatet im Palazzo Barbaran, einem Meisterwerk unter Palladios Stadthäusern, hat das bislang für temporäre Ausstellungen genutzte piano nobile nun in ein Museum verwandelt. Dabei sind die Grenzen fließend. Denn die gezeigten Objekte, insbesondere die wundervollen 1:33-Modelle, sind alte Bekannte verschiedener Präsentationen bis zurück zur bislang umfassendsten Retrospektive von 1973/74.
Guido Beltramini, seit 1991 Leiter des CISA, bezeichnet das Palladio Museum als „Museum nicht von Objekten, sondern von Forschern“ – die denn auch in sensorgesteuerten Projektionen an den Wänden der sechs genutzten Säle erscheinen und den Besucher über das jeweilige Raumthema belehren. Die Objekte, das sind die Bauten selbst, und Vicenza ist voll von ihnen und die weitere Umgebung desgleichen. Im Museum geht es mehr darum, die Arbeitsweise Palladios deutlich zu machen. Kein zweiter Architekt der Renaissance ist so gut erforscht wie der Müllersohn und gelernte Steinmetz Andrea della Gondola, dem erst sein Mäzen Giangiorgio Trissino den Kunstnamen Palladio gab. Und doch kommt Neues hinzu. So zeigt Beltramini eine Art Steinbaukasten mit genormten Räumen, 16 x 12, 16 x 16 und 16 x 24 vicentinische Fuß (35,7 cm) messend, die sich in den meisten Villenentwürfen als Nebenräume um den zentralen Saal nachweisen lassen. „Palladio dachte nicht wie ein Maler in Bildern, sondern als Bauhandwerker in Elementen des Bauens“, erläutert Beltramini. Und wie in den Grundrissen nutzte Palladio auch bei der Ausführung genormte, ja sogar vorfabrizierte Elemente, Türstürze, Kamine, Säulen.
Die Abfolge der Museumssäle unterstreicht das didaktische Prinzip. Es beginnt mit den „Quattro Libri“, diesem – sieht man einmal von Vitruv ab – folgenreichsten Lehrbuch der Architekturgeschichte, das in diversen Ausgaben seit der Erstpublikation 1570 und in Übersetzungen in Vitrinen ausliegt. Im nächsten Raum die Materialien: der Stein aus Vicentiner Brüchen oder reinweiß aus Istrien; dazu der Backstein, den der sparsame Architekt vorwiegend verwendet, auch für Säulen, die dann verputzt jene antikische Würde ausstrahlen sollten, die die großgrundbesitzenden Bauherren für sich in Anspruch nahmen. Dann ein Raum mit Darstellung der Seidenindustrie, der sich der Wohlstand der Stadt verdankte, von der Seidenraupenzucht bis zur Weberei. Der gewölbte und prächtig dekorierte Hauptsaal des Palazzo Barbaran ist den Villen gewidmet, mit der sie tragenden Lebensform in Verbindung von Ökonomie und Kultur, von Landbau und humanistischer Bildung. Daran schließt sich eine Übersicht über die späten Projekte in Venedig an. Und schließlich in den letzten beiden Sälen temporäre Ausstellungen, derzeit Fotografien zum Palladianismus gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den Südstaaten der USA und im afrikanischen Liberia.
Nach Ablauf jeweils eines Jahres soll das Museum ergänzt und verändert werden; es soll die
aktuelle Forschungsarbeit des CISA spiegeln. Daher gibt es zunächst noch kein Begleitbuch, sondern – wiederum eine schöne Idee – eine Loseblattsammlung mit Stichworten von „Amore“ bis „Zenobia“, dem Namen von Palladios einziger Tochter. In Vicenza wird keinesfalls nur nüchterne Wissenschaft geboten, sondern eine Präsentation mit einer persönlichen Atmosphäre – Annäherung an einen Baumeister, der aus kleinsten Anfängen zu einem der Größten seines Berufes wurde.
Guido Beltramini, seit 1991 Leiter des CISA, bezeichnet das Palladio Museum als „Museum nicht von Objekten, sondern von Forschern“ – die denn auch in sensorgesteuerten Projektionen an den Wänden der sechs genutzten Säle erscheinen und den Besucher über das jeweilige Raumthema belehren. Die Objekte, das sind die Bauten selbst, und Vicenza ist voll von ihnen und die weitere Umgebung desgleichen. Im Museum geht es mehr darum, die Arbeitsweise Palladios deutlich zu machen. Kein zweiter Architekt der Renaissance ist so gut erforscht wie der Müllersohn und gelernte Steinmetz Andrea della Gondola, dem erst sein Mäzen Giangiorgio Trissino den Kunstnamen Palladio gab. Und doch kommt Neues hinzu. So zeigt Beltramini eine Art Steinbaukasten mit genormten Räumen, 16 x 12, 16 x 16 und 16 x 24 vicentinische Fuß (35,7 cm) messend, die sich in den meisten Villenentwürfen als Nebenräume um den zentralen Saal nachweisen lassen. „Palladio dachte nicht wie ein Maler in Bildern, sondern als Bauhandwerker in Elementen des Bauens“, erläutert Beltramini. Und wie in den Grundrissen nutzte Palladio auch bei der Ausführung genormte, ja sogar vorfabrizierte Elemente, Türstürze, Kamine, Säulen.
Die Abfolge der Museumssäle unterstreicht das didaktische Prinzip. Es beginnt mit den „Quattro Libri“, diesem – sieht man einmal von Vitruv ab – folgenreichsten Lehrbuch der Architekturgeschichte, das in diversen Ausgaben seit der Erstpublikation 1570 und in Übersetzungen in Vitrinen ausliegt. Im nächsten Raum die Materialien: der Stein aus Vicentiner Brüchen oder reinweiß aus Istrien; dazu der Backstein, den der sparsame Architekt vorwiegend verwendet, auch für Säulen, die dann verputzt jene antikische Würde ausstrahlen sollten, die die großgrundbesitzenden Bauherren für sich in Anspruch nahmen. Dann ein Raum mit Darstellung der Seidenindustrie, der sich der Wohlstand der Stadt verdankte, von der Seidenraupenzucht bis zur Weberei. Der gewölbte und prächtig dekorierte Hauptsaal des Palazzo Barbaran ist den Villen gewidmet, mit der sie tragenden Lebensform in Verbindung von Ökonomie und Kultur, von Landbau und humanistischer Bildung. Daran schließt sich eine Übersicht über die späten Projekte in Venedig an. Und schließlich in den letzten beiden Sälen temporäre Ausstellungen, derzeit Fotografien zum Palladianismus gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den Südstaaten der USA und im afrikanischen Liberia.
Nach Ablauf jeweils eines Jahres soll das Museum ergänzt und verändert werden; es soll die
aktuelle Forschungsarbeit des CISA spiegeln. Daher gibt es zunächst noch kein Begleitbuch, sondern – wiederum eine schöne Idee – eine Loseblattsammlung mit Stichworten von „Amore“ bis „Zenobia“, dem Namen von Palladios einziger Tochter. In Vicenza wird keinesfalls nur nüchterne Wissenschaft geboten, sondern eine Präsentation mit einer persönlichen Atmosphäre – Annäherung an einen Baumeister, der aus kleinsten Anfängen zu einem der Größten seines Berufes wurde.
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