Jenseits des Star-Rummels
Rafael-Moneo-Retrospektive in A Coruña
Text: Macher, Julia, Barcelona
Jenseits des Star-Rummels
Rafael-Moneo-Retrospektive in A Coruña
Text: Macher, Julia, Barcelona
Der Titel ist etwas sperrig: „Una Reflexión Teórica desde la Profesión”, „Eine theoretische Reflektion, aus der Profession heraus“, hat die Fundación Barrié im spanischen A Coruña die Rafael-Moneo-Retrospektive genannt.
Doch er ist treffend, denn die Ausstellung versucht, den wohl intellektuellsten spanischen Architekten und produktivsten Architekturtheoretiker aus seinem Werk heraus zu erklären.
In 98 Zeichnungen, 142 Fotografien und 18 Modellen aus dem Archiv Rafael Moneos zeigt die Schau Projekte aus fünf Jahrzehnten, darunter so unterschiedliche Entwürfe wie der Ziegelbau des Museums für Römische Kunst in Mérida mit seinem markanten Bogengang oder die halbtransparenten Würfel des Kursaals im baskischen San Sebastián. Eine „Handschrift des Künstlers“ sucht man vergebens. Mit gewissem Stolz behauptet Rafael Moneo von sich selbst, keinen „persönlichen Stil“ zu haben: Er versteht seine Entwürfe als Lösungsansätze konkreter architektonischer Fragestellungen, eben als „Stein gewordene theoretische Reflexion“.
In 98 Zeichnungen, 142 Fotografien und 18 Modellen aus dem Archiv Rafael Moneos zeigt die Schau Projekte aus fünf Jahrzehnten, darunter so unterschiedliche Entwürfe wie der Ziegelbau des Museums für Römische Kunst in Mérida mit seinem markanten Bogengang oder die halbtransparenten Würfel des Kursaals im baskischen San Sebastián. Eine „Handschrift des Künstlers“ sucht man vergebens. Mit gewissem Stolz behauptet Rafael Moneo von sich selbst, keinen „persönlichen Stil“ zu haben: Er versteht seine Entwürfe als Lösungsansätze konkreter architektonischer Fragestellungen, eben als „Stein gewordene theoretische Reflexion“.
Auf die „Papier gebliebene Reflexion“, auf Moneos Schriften, verzichtet die Ausstellung ebenso wie auf ausführliche Beschreibungen oder zu viele biographische Details. Als roter Faden dient allein eine chronologische Gliederung, die die Arbeiten des Spaniers in fünf Epochen teilt: Von den Lehrjahren an der streng funktionalistischen „Madrider Schule“, über die Entwicklung eines eigenen, kompositorisch offeneren Ansatzes, die internationale Anerkennung und den mehrjährigen USA-Aufenthalt bis hin zu den internationalen Großprojekten seit Beginn des Jahrtausends.
Doch selbst diese Gliederung ist mehr Empfehlung als Strukturprinzip: Pläne und Fotografien unterschiedlicher Projekte hängen, teils versetzt, übereinander, die Übergänge sind fast fließend. Das ist kein Zufall. Rafael Moneos Lebenswerk ist erstaunlich kohärent; die Prinzipien, auf denen seine Bauten aus den späten Sechzigern beruhen, sind im Kern dieselben wie die, die seine Entwürfe der Jahrtausendwende bestimmten: der Versuch, mit einer modernen, stilistisch offenen Formensprache Lösungen für konkrete, architektonische Fragen zu finden, die bei Moneo im Wesentlichen vom Standort bestimmt werden. So zeigen sich überraschende Parallelen zwischen zeitlich so weit auseinander liegenden Projekten wie dem Rathaus von Amsterdam 1967/68 und den Laboratorien der Columbia Universität in Manhattan 2005: zwei Gebäude, die in hohem Maß von der Linienführung des sie umgebenden städtischen Umfelds geprägt sind.
Hilfreich ist die Chronologie vor allem für das Verständnis des Hauptwerks. Moneos „amerikanische Erfahrung“, seine fünf Jahre am Lehrstuhl für Architektur in Harvard, haben seine Entwürfe großzügiger werden lassen: Der Erweiterungsbau des Madrider Bahnhofes Atocha mit seinem langgestreckten Säulenwald oder der Kursaal in San Sebastián sind Beispiele einer Emanzipation vom morphologischen Kontext der Stadt.
Spätestens seit der Verleihung des Pritzker-Preises 1996 gehört Rafael Moneo zum erlauchten Kreis global agierender Star-Architekten– und hält dennoch Distanz zum internationalen Star-Rummel. Auch das zeigt die Ausstellung, in einer nicht nur seinem Werk, sondern auch Moneos Naturell entsprechenden unaufdringlichen Art.
Wer vor den Plänen etwa des Stockholmer
Museenkomplexes für Moderne Kunst und Architektur auf der Insel Skeppsholmen steht – wohl ganz bewusst schräg gegenüber von Moneos Bauten im baskischen Bilbao gehängt – , dem kommt fast unwillkürlich auch Frank O. Gehrys Guggenheim-Museum in den Sinn. So vergleicht der Besucher zwei fast zeitgleich entstandene, moderne Ausnahmebauten, deren Ansätze gegensätzlicher nicht sein könnten: Wo Gehry mit seinem emblematischen Bau Bilbao quasi ein neues Koordinaten-System überstülpt, ordnet Moneo seinen Entwurf der existenten Bebauung und der Struktur der Insel unter. Er setzt das Museum nicht ans Wasser, wie es fast alle Entwürfe des Wettbewerbs taten, sondern gruppiert seine untereinander verbundenen Pavillons am 250 Meter langen Tyghuset in der Inselmitte: quasi eine freundliche Aufnahme des historischen Erbes, die sich auch beim Erweiterungsbau des Prado in Madrid findet.
So gesehen ist die Retrospektive in A Coruña auch eine Hommage an eine Architektur des Respekts – und die könnte in einem Land, in dem vor der Krise bis zum Exzess mit dem Extravaganten spekuliert wurde, durchaus eine Renaissance erleben.
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