Bauwelt

Licht, Landschaft, Beton

Isländische Architektur in Berlin

Text: Landes, Josepha, Berlin

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Landhaus von Studio Granda in Skagafjörður (Nordisland)
Foto: Gudmundur Ingólfsson

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Landhaus von Studio Granda in Skagafjörður (Nordisland)

Foto: Gudmundur Ingólfsson


Licht, Landschaft, Beton

Isländische Architektur in Berlin

Text: Landes, Josepha, Berlin

Gerade einmal achtzehn Jahre, von 1993 bis 2011, hatte das Kunstmuseum Reykjavík eine Architekturabteilung. „Island und Architektur?“ Allzu innig scheint dieses Verhältnis nicht. Dieser Frage widmet sich eine vom Direktor des DAM, Peter Cachola Schmal, kuratierte Ausstellung, die zurzeit in den Nordischen Botschaften in Berlin zu sehen ist.
Fotos von Gudmundur Ingólfsson geben einen Eindruck von dem Land, das in nur 200 Jahren eine rasante Entwicklung zum Wohlstand vollzogen hat – bis 2008, als der Staat bankrott ging.
Ingólfssons Fotos sind direkt auf die Rückseiten von Plexiglasscheiben gedruckt, die, neongelb gekantet, an weiße Stellwände geschraubt wurden. Die gestochen scharfen Bilder zeigen bescheidene, in die Wiese gesetzte Torfhäuser – und deren moderne Nachfolger: Betonbauten aus dem 20. Jahrhundert, Stahl-und-Glas-Fassaden der letzten Jahre. Sie stehen entweder frei in der Landschaft oder, zunehmend, in der Hauptstadt Reykjavík. Und manche zeigen auch Isländer, die in der gleichen Bewegungslosigkeit zu verharren scheinen wie die Architektur.
2011, als Island Gast der Frankfurter Buchmesse war und die Schau im DAM erstmals gezeigt wurde, war das Land noch Tagesthema. Mittlerweile kommen die Nachrichten aus Südeuropa. Island gerät in Vergessenheit. Dabei sind die Nachwirkungen des Staatsbankrotts noch immer deutlich zu spüren. Einige Mammutprojekte aus der Boom-Zeit, etwa die Harpa-Konzerthalle von Henning Larsen, wurden nach der Bankenpleite zwar noch fertiggestellt, doch viele Baugrundstücke im Zentrum Reykjavíks, liegen, noch immer in Investorenhand, brach.
Die Suche nach dem Isländischen
Island war nie Ort grandioser Architektur. Erst mit dem Stahlbetonbau begründeten die Isländer so etwas wie eine eigene Baukultur. Noch bis vor zehn Jahren gab es keine Architekturschule im Land. Frühe Bauten wie die Sozialwohnungen von Gunnlaugur Halldórsson aus den 30er Jahren spiegeln denn auch die Einflüsse von Studienaufenthalten der Architekten auf dem europäischen Festland wider. Bei den exzentrischen Betonbauten von Nationalarchitekt Guðjón Samúelsson (1887–1950) wie der Hallgrímkirkja (1937–86) hingegen wird die Suche nach einer isländischen Identität spürbar. Ebenso bei dem Wohnhaus von Högna Sigurðardóttir in Garðabær (1965–68). Wie die traditionellen Torfhütten ist es von Wiesengrün überzogen, es macht sich die natür­lichen „Baustoffe“ Islands zu nutze: die Landschaft, das Licht. Ähnliches findet sich auch in jüngeren Bauten, wie dem Landhaus in Skagafjörður von Studio Granda (2004–07); jede Öffnung ist hier einerseits ausgerichtet auf die sich im Tages- und Jahresverlauf verändernden Lichtverhältnisse, andererseits auf den Gletscher, das Meer, eine kleine Insel.
Viele Architekten beschäftigen sich nun auch theoretisch mit dieser „Ursprünglichkeit“. Seit 2008 bietet sich ohnehin kaum Gelegenheit zum Bauen. Das Büro Vatnavinir beschränkt sich auf minimale Eingriffe in die Landschaft: hier eine Flussquerung aus ein paar Felsbrocken, dort ein Warmwasserbecken, mit einer Handvoll Steinen vom Fjord abgetrennt. Sigríður Sigþórsdóttir, die mit Thermalbädern bekannt wurde, arbeitet heute in Oslo. Studio Granda musste alle Mitarbeiter entlassen. Sie und einige andere erzählen diese isländische Architekturgeschichte in Videointerviews, die Ingólfssons Fotos begleiten. Die Ausstellung passt in nur wenige Kisten, die hoffentlich eines Tages auch in Reykjavík ausgepackt werden – in einem Architekturzentrum, das es dann vielleicht wieder gibt.
Fakten
Architekten Studio Granda, Reykjavík; Vatnavinir; Sigþórsdóttir, Sigríður, Reykjavík; Samúelsson, Guðjón (1887-1950); Samúelsson, Guðjón (1887–1950)
aus Bauwelt 48.2012
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