Bauwelt

Moschee der vier Quadrate

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

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Rendering: KSP Jürgen Engel Architekten

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Moschee der vier Quadrate

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

In Algier, im Stadtteil Mohammadia, entsteht die nach Mekka und Medina drittgrößte Moschee der Welt. Sie soll mit ihrem 265 Meter hohen Minarett neben einem neuen, bei den Bewohnern umstrittenen Geschäftsviertel mit Hochhäusern ein Wahrzeichen der Stadt werden. Die Planung der Moschee stammt von KSP Jürgen Engel Architekten.
Die Zufahrt auf die Baustelle liegt neben einem alten, weiß getünchten Tor, das keine Aufgabe mehr hat. Das Tor verwundert an dieser Stelle hinter dem Bauzaun. Später erfahren wir, dass dies die Einfahrt zu den Hallen einer Weinkellerei war, die früher sich auf dem Grundstück befunden hatte, gebaut von Franzosen, die hier lebten; bis zum blutigen Algerienkrieg, der 1962 das Land in die Unabhängigkeit führte. Die Geschichte Algeriens ist, bis hin zum Bürgerkrieg zwischen den Islamisten und dem Militär in den neunziger Jahren, bei dem über 120.000 Todesopfer zu beklagen waren und der das Land zerrüttete, in unseren Gesprächen immer wieder präsent. Die Furcht vor neuen Auseinandersetzungen verschiedener politischer Lager ist groß. 
Nach einer Fahrt entlang der Baustelle und vorbei an einem Zementwerk, das stündlich 120 Kubikmeter Beton produziert, erreichen wir das aufgeräumte, blau-weiße Baustellendorf. Alle Hinweisschilder sind auf Chinesisch. Uns empfängt Wolfgang Käbberich, Projektleiter von KSP Jürgen Engel Architekten. Er ist seit vielen Jahren in Algier und war auch schon auf der Baustelle des neuen Flughafenterminals dabei.
China State Construction
Die „Djamaa El Djazair“ (Große Moschee von Algier) mit dem höchsten Turm Afrikas wird vom chinesischen Bauunternehmen China State Construction Engineering Corporation (CSCEC) errichtet. Es hat rund 700 Arbeiter mitgebracht. Bei der Ausschreibung für die Ausführung war das Angebot aus China deutlich günstigster als alle anderen (es lag rund 30 Prozent unter dem des Zweitplazierten). Jeweils sechs Arbeiter teilen sich ein Zimmer in einem der Fertighäuser neben der Baustelle, 330 Techniker logieren in einem separaten Bereich mit gemauerten Häusern in 2-Bett-Zimmern. Weitere 100 Fachleute kommen aus Algerien oder aus anderen Ländern. Die Fertigteilhäuser dienen in China als Notunterkünfte nach Erdbeben.
Alles scheint straff organisiert. Die Arbeitsweise erinnert an chinesische Baustellen. Vieles wird per Hand vorbereitet und hergestellt. So nimmt man es zum Beispiel bei den Schalungsplatten nicht so genau. Sie werden vor Ort in alter Manier mit viel Geschick aber ziemlich grob zusammengenagelt. Unter den gegebenen Umständen ist das Ergebnis gut. Später werden sowieso alle Wände und Böden mit edlem Naturstein und Keramikplatten verkleidet sein. Der Bauherr wollte auf der Baustelle so wenig wie möglich auf Importe angewiesen sein.
Chinas staatliche Bauunternehmer sind schon seit vielen Jahren im Land tätig. Zurzeit bauen sie u.a. eine neue Autobahn und ein Geschäftszentrum in Oran. Es gibt beachtliche Wirtschaftsbeziehungen, so wie China auf dem ganzen afrikanischen Kontinent inzwischen Fuß gefasst hat, um sich mit Exporten zu Dumping-Preisen Bodenschätze zu sichern. Die Baukosten der Moschee sollen sich auf rund eine Milliarde Euro belaufen. Ingesamt werden etwa 10.ooo Chinesen während der Realisierung der Moschee nach Algier kommen. Die Arbeiter haben an den Rändern der Baustelle, dicht an dicht gedrängt, kleine Felder für den Anbau von eigenem Gemüse und Kräutern erhalten. Es gab bereits einen Wettbewerb, wer die schönste Bepflanzung vorweisen kann. Das gesamte Areal der Moschee wird später von einem Park mit Zedernhainen umgeben sein. Er wurde vom Münchner Büro Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten entworfen.
Uns wird erklärt, dass sich früher auf dem Gelände nicht nur die Weinkellerei befand, sondern auch ein Bauernhof mit zwei Kühen, eine Reitsportanlage und eine Autobahnmeisterei. Außerdem stand hier eine Kapelle, die nach dem letzten großen Erdbeben im Jahr 2003 Bauschäden aufwies und daher abgerissen werden konnte. Der Ort war für die katholische Kirche von Bedeutung. Kardinal Charles Martial Allemand Lavigerie (1825–92) hatte hier den Sitz seiner „Pères blancs“, der „Missionare Afrikas“. Noch steht leicht erhöht neben der Baustelle ein u-förmiges, teilweise von Palmen verdecktes Konventgebäude (Foto oben). Zuletzt war hier eine Taubstummenschule untergebracht, jetzt steht es leer. Es ist davon auszugehen, dass auch dieses Gebäude der Moschee weichen muss.
Die Zukunft
Um mehr über die Planungsgeschichte und die Details des Projekts der Großen Moschee von Algier zu erfahren, sprachen wir im Juni mit Jürgen Engel und dem Projektleiter Sebastian Schöll im Frankfurter Büro der Architekten.
Für Algerien ist die Moschee, zu der in separaten Gebäuden auch ein Kultur- und Konferenzzentrum, eine Imamhochschule mit Studentenwohnheim und eine Bibliothek gehören, sicherlich ein Großprojekt, das nach seiner Fertiggestellung in drei Jahren über die Grenzen des Landes hinaus für Aufmerksamkeit sorgen wird. Ob allerdings der große „Plan de Développement“ mit einer kompletten Neunutzung ganzer Stadtbereiche entlang der Bucht von Algier konkretisiert wird und vor allem dabei eine städtebaulich gute Qualität erlangt, ist mehr als ungewiss. Die ersten Projekte lassen Schlimmes befürchten.
Kritik am Bau der Moschee gibt es natürlich auch. Man beklagt die hohen Kosten. Die Gelder wären für andere Zwecke – Schulen, Krankenhäuser und den öffentlichen Nahverkehr – besser eingesetzt gewesen. Politisch ist die Lage im Land instabil und auf längere Sicht schwer einzuschätzen.
Fakten
Architekten KSP Jürgen Engel Architekten, Berlin
aus Bauwelt 27.2013
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