Münchner Wohnungsbaugesellschaften
Interviews mit Gordona Sommer und Matthias Ottmann
Text: Matzig, Katharina, München
Münchner Wohnungsbaugesellschaften
Interviews mit Gordona Sommer und Matthias Ottmann
Text: Matzig, Katharina, München
Die Geschäftsführerin des städtischen Wohnbauunternehmens GEWOFAG und der Geschäftsführer des privaten Wohnbauunternehmens Südhausbau im Gespräch mit Katharina Matzig.
„Hätten wir nichts getan, wäre das Viertel abgerutscht“ Gordona Sommer
Das Verwaltungsgebäude der GEWOFAG wird momentan umgebaut, der Eingangsbereich könnte auch ein Tagescafé sein. Von den Wänden lächeln den Besucher Menschen auf großformatigen Fotografien an. An der Wand hinter Gordona Sommers steht: „Führen heißt ermöglichen.“
„Wir sehen zuerst den Menschen, dann die Mieteinnahmen“, steht im Leitbild der GEWOFAG. Wie gelingt das in München?
Es ist nicht leicht, für eine Klientel zu bauen, die sich wenig leisten kann. Doch wenn wir es nicht schaffen, eine bezahlbare Miete – derzeit im Schnitt 6,44 Euro pro Quadratmeter – anzubieten, haben wir als kommunales Wohnungsbauunternehmen versagt. Natürlich müssen wir auch wirtschaftlich erfolgreich sein. Aber Rendite ist nicht alles. Im letzten Jahr hatten wir einen Überschuss von 30 Millionen Euro, der im Wesentlichen in sozialen Wohnungsbau oder soziale Projekte fließt.
Als was sehen Sie sich bei Ihrer Arbeit, als Politikerin, Managerin oder als Architektin?
Sicher nicht als Politikerin. Natürlich brauche ich eine Politik, die weitsichtig und vernünftig genug ist, uns zu unterstützen. Aber ich sehe mich als Managerin. Ich muss strategische Perspektiven entwickeln, erahnen, was die Stadt in 10, 20, 30 Jahren braucht und was leistbar ist. Wenn ich dann noch gute Architektur umsetzen kann, ist das ein besonderes Vergnügen. Auch wenn der enge Kostenrahmen natürlich bestimmend ist.
München wächst – Prognosen gehen für 2030 von 1.534.330 Enwohnern aus. 1000 neue Wohnungen pro Jahr forderte kürzlich die grüne OB-Kandidatin Sabine Nallinger. Ist das machbar?
Es bedarf großer Anstrengungen, aber wir können das stemmen. Früher haben wir 200 Wohnungen im Jahr realisiert. Als ich 2007 hier anfing war mir schnell klar, dass der Bedarf steigt und wir zulegen müssen. 2010 haben wir knapp 600 Wohnungen gebaut. Das Niveau können wir halten. Gemeinsam mit der GWG sind 1000 neue Wohnungen jährlich nicht unrealistisch.
Stimmen die politischen Rahmenbedingungen?
Mit der Fortschreibung des Programms „Wohnen in München V“ handelt die Stadt entschlossen, auch wenn sie damit an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit geht – ein so großes kommunalpolitisches Investment leistet keine andere deutsche Stadt. Zudem sorgt die SoBoN für soziale Ausgewogenheit. Das Programm ist ein seltener Glücksfall, es funktioniert gut, auch wenn ich bei der Umsetzung noch Verbesserungsbedarf und -möglichkeiten sehe.
Was heißt das konkret?
Durchmischung sollte nicht erkennbar, d.h. nicht stigmatisierend sein. Das setzt aber die Bereitschaft aller, auch privater Bauträger voraus, sich nicht voneinander abzugrenzen. Und das braucht wiederum Vertrauen in die soziale Gesellschaft. Hier besteht noch Aufklärungsbedarf.
Zumal Prognosen von einer wachsenden Heterogenität der Gesellschaft ausgehen. Ganz abgesehen von der demographischen Entwicklung ...
Diesen Tendenzen zu begegnen sehen wir als Kernaufgabe. Wir müssen Lebensraum für Familien in der Stadt, nicht im Umland, schaffen.
Wir müssen den Bedarf von altersgerechten Wohnungen decken und mit einem finanziell überlasteten System zurechtkommen. 40 Prozent unserer Mieter sind über 60. Um sie zu halten, haben wir einen 24-Stunden-Bereitschaftsdienst eingerichtet. Innerhalb von fünf Minuten ist jemand vor Ort. Anders als beim betreuten Wohnen wird nur berechnet, was der Mieter auch in Anspruch nimmt. Fünf Stützpunkte hierfür gibt es schon, bis 2022 sollen es 20 werden. Und dann sind da die Jugendlichen, die noch gar nicht im Fokus stehen, für die wir aber Angebote vorsehen müssen und wollen.
Was tun Sie konkret, um ein sozial verträgliches Miteinander zu gestalten?
Gute Erfahrungen haben wir mit Quartiersgängern gemacht, die für Ordnung sorgen und Ansprechpartner sind. Außerdem arbeiten wir nur noch mit Hausmeistern, die Residenzpflicht haben und von uns qualifiziert wurden. Ziel ist, zu agieren, bevor ein Problemviertel entsteht. Ist das Kind erst in den Brunnen gefallen, muss unverhältnismäßig viel investiert werden. Da ist zum Beispiel der Piusplatz in Ramersdorf: Wir haben in Lärmschutz investiert, einen Stützpunkt „Wohnen im Viertel“ geschaffen, einen Kindergarten gebaut. Vier Neubauten in Passivhausbauweise von Allmann Sattler Wappner haben neue Mieter, junge Familien, angesprochen, die für eine strukturelle Mischung sorgen. Hätten wir nichts getan, wäre das Viertel vermutlich abgerutscht.
Hilft das Positivbeispiel, auch private Bauträger von der Durchmischung zu überzeugen?
Das hoffen wir. Beim Projekt Gern 64 ist es uns gelungen. Knapp 200 Wohnungen sind hier entstanden, geförderte nach dem München-Modell, Single-Apartments und Penthousewohnungen, auch ein Stützpunkt „Wohnen im Viertel“, eine Krippe und ein Kinderhort. Alle haben gewarnt, dass keiner eine teure Wohnung kauft, wenn unten die Kinder kreischen. Doch es funktioniert, vom ersten Sommer an waren alle bei einem gemeinsamen Sommerfest dabei.
„Viele Produkte sind auf dem Wohnungsmarkt noch gar nicht vertreten“ Matthias Ottmann
Aus dem Büro von Matthias Ottmann in der dichten Maxvorstadt fällt der Blick auf einen Spielplatz. Den Raum bestimmt ein großer, roher Holztisch, an der Pinnwand hängen Handskizzen, Pläne, Renderings und ein Schuhkarton, in den ein Kind sein Traumzimmer gebastelt hat.
Als eines der ältesten Wohnungsbau- und Hausverwaltungsunternehmen in Bayern offerieren Sie momentan nur zwei Mietwohnungen in München. Und wer ein Grundstück sucht, sollte besser nach Eisenach ziehen. Ist Wohnungsbau in München Fluch oder Segen?
Man verkauft keine Grundstücke in München. Aber es entspricht auch der Philosophie unserer Firma: Neben der Bauträgertätigkeit schlägt mein Herz für den Bestand. Das war allerdings ein langer Weg – 75 Jahre gibt es die Südhausbau. Heute werden einfach keine große Siedlungen rund um München mehr gebaut, wie wir das früher getan haben. Momentan haben wir nur noch einen Schwerpunkt im Siedlungsbau: Die Gemeinde Poing. Dort sind wir Maßnahmeträger und koordinieren die Aktivitäten der anderen Bauträger. Wir haben selbst Passivreihenhäuser erstellt, die Anfangs eher auf zögerliche Akzeptanz stießen. Ihr schneller Abverkauf, seit das Gebäude im Rohbau zu erkennen war, hat uns selbst überrascht.
Die Häuser liegen preislich über dem Durchschnitt ...
Stimmt. Doch im Endeffekt geht es allen Käufern um den Werterhalt und den Wiederverkaufswert einer Immobilie. Ein höheres Preissegment behält auch einen höheren Wert. Und natürlich muss auch das Umfeld stimmen.
Ist denn Nachbarschaft überhaupt planbar? Und inwieweit versuchen Sie als Entwicklungsträger, das Umfeld mitzubestimmen?
„Bestimmen“ ist nicht ganz das richtige Wort. Wege und Freiflächen als Voraussetzung für ein gutes Zusammenleben sind natürlich planbar. Doch das reine Produkt – die Architektur, der Außenbereich – ist nicht allein ausschlaggebend. Die Betreuung der Hausgemeinschaft ist auch sehr wichtig. Hier sehe ich die Verantwortung unserer Firma. Wenn wir in einer Wohnanlage ein Problem erkennen, möchten wir uns früh genug engagieren. Unsere Hausmeister haben ständig Kontakt mit den Mietern. Konflikte zwischen Nachbarn werden angesprochen, wenn es nötig ist, holen wir externe Hilfe dazu.
Gibt es für Sie noch Spielräume beim Bauen?
München ist längst nicht so fest gefügt, wie behauptet wird. Es lohnt sich immer, die üblichen Pfade zu verlassen, mit offenen Augen durch die Viertel zu gehen und aktiv zu werden. Mit Architektur. Mit Stadtreparatur – was übrigens kein Schimpfwort ist für mich.
Sie reden von Verdichtung?
Ja, aber es gibt auch noch städtebaulich sensible Brachflächen. Gerade da kann man die Stadt qualitätvoll weiterentwickeln.
Finden Sie dafür Unterstützer?
Tatsächlich finde ich die Stadt aufgeschlossen und willens, gute Gedanken mitzutragen. Der allgemeinen Schelte kann ich mich nicht anschließen. Davon abgesehen haben wir als Unternehmen in Familienbesitz auch eine hohe Selbstbestimmtheit. Gegenwärtig geben wir unsere beiden Standorte in Schwabing und in der Maxvorstadt auf und ziehen nach Thalkirchen. Ich möchte den Dialog über Architektur, Nachhaltigkeit und Stadtreparatur und unsere Bautätigkeit unter einem Dach vereinen.
Sie sprechen von Ihrem WohnForum, wo Sie Vorträge und Ausstellungen organisieren. Außerdem bauen Sie mit Architekten wie dem japanischen Atelier Bow-Wow und loben Stipendien aus. Das muss man sich leisten können. Und leisten wollen. Wir haben ein eigenes Atelier gebaut, in dem Künstler jeweils ein halbes Jahr arbeiten können und unterstützen den Stipendiaten bei seinem ersten Katalog. Das hat die Familie vor langer Zeit entschieden.
Sie unterrichten an der TU als Professor „Immobilienwirtschaft und Stadtentwicklung“ ...
... was ein Segen ist. Der Austausch mit den Kollegen der TU München hilft, neue Konzepte zu entwickeln und Grundlagen zu ermitteln. Meinen Beitrag sehe ich darin, den Dialog zwischen der Wirtschaft und der Architektur zu fördern.
München wird weiter wachsen. Was bedeutet das für Ihr Unternehmen?
Wir arbeiten im Bestand, verdichten, erschließen neue Ressourcen. Der Wohnungsmarkt wird sich weiter differenzieren – wie sich auch unsere Gesellschaft verändert. Viele mögliche und nötige Produkte sind bisher nicht oder nur gering auf dem Markt vertreten: z.B. behindertengerechte Familienwohnungen, oder Reihen- und Stadthäuser zur Miete.
Was also ist Planen und Bauen in München – Fluch oder Segen?
Ach, so extrem ist die Lage doch gar nicht. Mit Paris oder London kann München nicht mithalten. Aber ich würde mir eine Stadtplanungspolitik wünschen, die den Mut aufbringt, die vorhandenen Erkenntnisse auch umzusetzen. Das Forschungsprojekt „Langfristige Siedlungsentwicklung“ der Stadtplanung München war in dieser Hinsicht ein guter Anfang.
Die Interviews führte Katharina Matzig
Das Verwaltungsgebäude der GEWOFAG wird momentan umgebaut, der Eingangsbereich könnte auch ein Tagescafé sein. Von den Wänden lächeln den Besucher Menschen auf großformatigen Fotografien an. An der Wand hinter Gordona Sommers steht: „Führen heißt ermöglichen.“
„Wir sehen zuerst den Menschen, dann die Mieteinnahmen“, steht im Leitbild der GEWOFAG. Wie gelingt das in München?
Es ist nicht leicht, für eine Klientel zu bauen, die sich wenig leisten kann. Doch wenn wir es nicht schaffen, eine bezahlbare Miete – derzeit im Schnitt 6,44 Euro pro Quadratmeter – anzubieten, haben wir als kommunales Wohnungsbauunternehmen versagt. Natürlich müssen wir auch wirtschaftlich erfolgreich sein. Aber Rendite ist nicht alles. Im letzten Jahr hatten wir einen Überschuss von 30 Millionen Euro, der im Wesentlichen in sozialen Wohnungsbau oder soziale Projekte fließt.
Als was sehen Sie sich bei Ihrer Arbeit, als Politikerin, Managerin oder als Architektin?
Sicher nicht als Politikerin. Natürlich brauche ich eine Politik, die weitsichtig und vernünftig genug ist, uns zu unterstützen. Aber ich sehe mich als Managerin. Ich muss strategische Perspektiven entwickeln, erahnen, was die Stadt in 10, 20, 30 Jahren braucht und was leistbar ist. Wenn ich dann noch gute Architektur umsetzen kann, ist das ein besonderes Vergnügen. Auch wenn der enge Kostenrahmen natürlich bestimmend ist.
München wächst – Prognosen gehen für 2030 von 1.534.330 Enwohnern aus. 1000 neue Wohnungen pro Jahr forderte kürzlich die grüne OB-Kandidatin Sabine Nallinger. Ist das machbar?
Es bedarf großer Anstrengungen, aber wir können das stemmen. Früher haben wir 200 Wohnungen im Jahr realisiert. Als ich 2007 hier anfing war mir schnell klar, dass der Bedarf steigt und wir zulegen müssen. 2010 haben wir knapp 600 Wohnungen gebaut. Das Niveau können wir halten. Gemeinsam mit der GWG sind 1000 neue Wohnungen jährlich nicht unrealistisch.
Stimmen die politischen Rahmenbedingungen?
Mit der Fortschreibung des Programms „Wohnen in München V“ handelt die Stadt entschlossen, auch wenn sie damit an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit geht – ein so großes kommunalpolitisches Investment leistet keine andere deutsche Stadt. Zudem sorgt die SoBoN für soziale Ausgewogenheit. Das Programm ist ein seltener Glücksfall, es funktioniert gut, auch wenn ich bei der Umsetzung noch Verbesserungsbedarf und -möglichkeiten sehe.
Was heißt das konkret?
Durchmischung sollte nicht erkennbar, d.h. nicht stigmatisierend sein. Das setzt aber die Bereitschaft aller, auch privater Bauträger voraus, sich nicht voneinander abzugrenzen. Und das braucht wiederum Vertrauen in die soziale Gesellschaft. Hier besteht noch Aufklärungsbedarf.
Zumal Prognosen von einer wachsenden Heterogenität der Gesellschaft ausgehen. Ganz abgesehen von der demographischen Entwicklung ...
Diesen Tendenzen zu begegnen sehen wir als Kernaufgabe. Wir müssen Lebensraum für Familien in der Stadt, nicht im Umland, schaffen.
Wir müssen den Bedarf von altersgerechten Wohnungen decken und mit einem finanziell überlasteten System zurechtkommen. 40 Prozent unserer Mieter sind über 60. Um sie zu halten, haben wir einen 24-Stunden-Bereitschaftsdienst eingerichtet. Innerhalb von fünf Minuten ist jemand vor Ort. Anders als beim betreuten Wohnen wird nur berechnet, was der Mieter auch in Anspruch nimmt. Fünf Stützpunkte hierfür gibt es schon, bis 2022 sollen es 20 werden. Und dann sind da die Jugendlichen, die noch gar nicht im Fokus stehen, für die wir aber Angebote vorsehen müssen und wollen.
Was tun Sie konkret, um ein sozial verträgliches Miteinander zu gestalten?
Gute Erfahrungen haben wir mit Quartiersgängern gemacht, die für Ordnung sorgen und Ansprechpartner sind. Außerdem arbeiten wir nur noch mit Hausmeistern, die Residenzpflicht haben und von uns qualifiziert wurden. Ziel ist, zu agieren, bevor ein Problemviertel entsteht. Ist das Kind erst in den Brunnen gefallen, muss unverhältnismäßig viel investiert werden. Da ist zum Beispiel der Piusplatz in Ramersdorf: Wir haben in Lärmschutz investiert, einen Stützpunkt „Wohnen im Viertel“ geschaffen, einen Kindergarten gebaut. Vier Neubauten in Passivhausbauweise von Allmann Sattler Wappner haben neue Mieter, junge Familien, angesprochen, die für eine strukturelle Mischung sorgen. Hätten wir nichts getan, wäre das Viertel vermutlich abgerutscht.
Hilft das Positivbeispiel, auch private Bauträger von der Durchmischung zu überzeugen?
Das hoffen wir. Beim Projekt Gern 64 ist es uns gelungen. Knapp 200 Wohnungen sind hier entstanden, geförderte nach dem München-Modell, Single-Apartments und Penthousewohnungen, auch ein Stützpunkt „Wohnen im Viertel“, eine Krippe und ein Kinderhort. Alle haben gewarnt, dass keiner eine teure Wohnung kauft, wenn unten die Kinder kreischen. Doch es funktioniert, vom ersten Sommer an waren alle bei einem gemeinsamen Sommerfest dabei.
„Viele Produkte sind auf dem Wohnungsmarkt noch gar nicht vertreten“ Matthias Ottmann
Aus dem Büro von Matthias Ottmann in der dichten Maxvorstadt fällt der Blick auf einen Spielplatz. Den Raum bestimmt ein großer, roher Holztisch, an der Pinnwand hängen Handskizzen, Pläne, Renderings und ein Schuhkarton, in den ein Kind sein Traumzimmer gebastelt hat.
Als eines der ältesten Wohnungsbau- und Hausverwaltungsunternehmen in Bayern offerieren Sie momentan nur zwei Mietwohnungen in München. Und wer ein Grundstück sucht, sollte besser nach Eisenach ziehen. Ist Wohnungsbau in München Fluch oder Segen?
Man verkauft keine Grundstücke in München. Aber es entspricht auch der Philosophie unserer Firma: Neben der Bauträgertätigkeit schlägt mein Herz für den Bestand. Das war allerdings ein langer Weg – 75 Jahre gibt es die Südhausbau. Heute werden einfach keine große Siedlungen rund um München mehr gebaut, wie wir das früher getan haben. Momentan haben wir nur noch einen Schwerpunkt im Siedlungsbau: Die Gemeinde Poing. Dort sind wir Maßnahmeträger und koordinieren die Aktivitäten der anderen Bauträger. Wir haben selbst Passivreihenhäuser erstellt, die Anfangs eher auf zögerliche Akzeptanz stießen. Ihr schneller Abverkauf, seit das Gebäude im Rohbau zu erkennen war, hat uns selbst überrascht.
Die Häuser liegen preislich über dem Durchschnitt ...
Stimmt. Doch im Endeffekt geht es allen Käufern um den Werterhalt und den Wiederverkaufswert einer Immobilie. Ein höheres Preissegment behält auch einen höheren Wert. Und natürlich muss auch das Umfeld stimmen.
Ist denn Nachbarschaft überhaupt planbar? Und inwieweit versuchen Sie als Entwicklungsträger, das Umfeld mitzubestimmen?
„Bestimmen“ ist nicht ganz das richtige Wort. Wege und Freiflächen als Voraussetzung für ein gutes Zusammenleben sind natürlich planbar. Doch das reine Produkt – die Architektur, der Außenbereich – ist nicht allein ausschlaggebend. Die Betreuung der Hausgemeinschaft ist auch sehr wichtig. Hier sehe ich die Verantwortung unserer Firma. Wenn wir in einer Wohnanlage ein Problem erkennen, möchten wir uns früh genug engagieren. Unsere Hausmeister haben ständig Kontakt mit den Mietern. Konflikte zwischen Nachbarn werden angesprochen, wenn es nötig ist, holen wir externe Hilfe dazu.
Gibt es für Sie noch Spielräume beim Bauen?
München ist längst nicht so fest gefügt, wie behauptet wird. Es lohnt sich immer, die üblichen Pfade zu verlassen, mit offenen Augen durch die Viertel zu gehen und aktiv zu werden. Mit Architektur. Mit Stadtreparatur – was übrigens kein Schimpfwort ist für mich.
Sie reden von Verdichtung?
Ja, aber es gibt auch noch städtebaulich sensible Brachflächen. Gerade da kann man die Stadt qualitätvoll weiterentwickeln.
Finden Sie dafür Unterstützer?
Tatsächlich finde ich die Stadt aufgeschlossen und willens, gute Gedanken mitzutragen. Der allgemeinen Schelte kann ich mich nicht anschließen. Davon abgesehen haben wir als Unternehmen in Familienbesitz auch eine hohe Selbstbestimmtheit. Gegenwärtig geben wir unsere beiden Standorte in Schwabing und in der Maxvorstadt auf und ziehen nach Thalkirchen. Ich möchte den Dialog über Architektur, Nachhaltigkeit und Stadtreparatur und unsere Bautätigkeit unter einem Dach vereinen.
Sie sprechen von Ihrem WohnForum, wo Sie Vorträge und Ausstellungen organisieren. Außerdem bauen Sie mit Architekten wie dem japanischen Atelier Bow-Wow und loben Stipendien aus. Das muss man sich leisten können. Und leisten wollen. Wir haben ein eigenes Atelier gebaut, in dem Künstler jeweils ein halbes Jahr arbeiten können und unterstützen den Stipendiaten bei seinem ersten Katalog. Das hat die Familie vor langer Zeit entschieden.
Sie unterrichten an der TU als Professor „Immobilienwirtschaft und Stadtentwicklung“ ...
... was ein Segen ist. Der Austausch mit den Kollegen der TU München hilft, neue Konzepte zu entwickeln und Grundlagen zu ermitteln. Meinen Beitrag sehe ich darin, den Dialog zwischen der Wirtschaft und der Architektur zu fördern.
München wird weiter wachsen. Was bedeutet das für Ihr Unternehmen?
Wir arbeiten im Bestand, verdichten, erschließen neue Ressourcen. Der Wohnungsmarkt wird sich weiter differenzieren – wie sich auch unsere Gesellschaft verändert. Viele mögliche und nötige Produkte sind bisher nicht oder nur gering auf dem Markt vertreten: z.B. behindertengerechte Familienwohnungen, oder Reihen- und Stadthäuser zur Miete.
Was also ist Planen und Bauen in München – Fluch oder Segen?
Ach, so extrem ist die Lage doch gar nicht. Mit Paris oder London kann München nicht mithalten. Aber ich würde mir eine Stadtplanungspolitik wünschen, die den Mut aufbringt, die vorhandenen Erkenntnisse auch umzusetzen. Das Forschungsprojekt „Langfristige Siedlungsentwicklung“ der Stadtplanung München war in dieser Hinsicht ein guter Anfang.
Die Interviews führte Katharina Matzig
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