Bauwelt

Nutzungswechsel am Rheinufer

Gustav-Heinemann-Quartier in Köln-Bayenthal

Text: Winterhager, Uta, Bonn

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1. Preis: ASTOC

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Nutzungswechsel am Rheinufer

Gustav-Heinemann-Quartier in Köln-Bayenthal

Text: Winterhager, Uta, Bonn

Wie andere deutsche Großstädte hat Köln einen enormen Bedarf an innerstädtischem Wohnraum. Dem gegenüber stehen viele leere Büros, auch im Stadtteil Bayenthal, wo jetzt umgeplant wird.
Bis in die 70er Jahre war das westliche Kölner Rhein­ufer – insbesondere das dem Stadtteil Bayenthal vorgelagerte Gustav-Heinemann-Ufer – eine gefragte Bürolage. Große Konzerne stellten hier repräsentative Bauten auf die begehrten Logenplätze. Doch seit Jahren schon zieht die Wirtschaft lieber in die Innenstadt. Die Vermarktung der 2010 fertiggestellten Cologne Oval Offices (COO), Kölns erste Green-Buildings, mit Sauerbruch-Hutton-Amöbenform und Signature-Fassade, läuft schleppend. Die elfstöckige Hochhausscheibe nebenan, das „Haus der Deutschen Industrie“ (Claus Winkler, München, 1971), gilt seit dem BDI-Umzug nach Berlin 1999 als schwer vermittelbar. Der Bau steht trotz einer Sanierung größtenteils leer.
Unbeeindruckt von diesem Makel kaufte die Münchner Tauton Beteiligungsgesellschaft Ende 2011 die Immobilie samt 24.500 m² Grund, um der Marktlage entsprechend ein Wohnquartier, das Gustav-Heinemann-Quartier, zu entwickeln. Es ist eine Chance für die Stadt, näher an den Rhein zu wach­sen und somit der Verinselung der Rheinuferbebauung entgegen zu wirken. Wenn das an dieser Stelle gelingt, könnte das Konzept Modellcharakter bekommen. Der Ende April entschiedene, auf sieben ein­geladene Teilnehmer begrenzte städtebauliche Wettbewerb setzt dafür eine gute Grundlage.
Die Aufgabe kommt einem Tanz auf dem Bierdeckel gleich, der noch dadurch erschwert wird, dass die Mitte der Tanzfläche schon besetzt ist. Ein gewerblich genutzter Gebäuderiegel soll rheinseitig an der Straße den Schallschutz für das Quartier leisten und ihm – da die Rheinseite auch die Schauseite ist – eine repräsentative Erscheinung verleihen. Auf der Westseite möchten die Auslober an die Struktur des Stadtteils Bayenthal anknüpfen. Dazwischen galt es, im Schatten des Hochhauses ansprechende private und halböffentliche Freiräume zu gestalten. Die damit schon fast erzwungene Grundstücksrandbebauung musste mit den Flächenvorgaben vereinbart werden: 14.500 m² BGF Eigentumswohnungen, 8200 m² BGF Mietwohnungen, 6000 m² BGF Büros oder Hotel und 469 Tiefgaragenstellplätze – das gesamte Quartier ist autofrei geplant. Das BDI-Hochhaus, das nach Plänen von JSWD, Köln, mit neuem Gesicht, einer Penthouse-Aufstockung und bis zu 130 Eigentumswohnungen wieder zur positiven Landmarke werden soll, war nicht Gegenstand des Wettbewerbs. Die Jury (Vorsitz: Johannes Kister) empfahl den Beitrag von ASTOC Architects and Planners zur weiteren Bearbeitung und vergab zwei 3. Preise an Renner Hainke Wirth Architekten und KSP Jürgen Engel Architekten.
Während KSP den Grundstücksgrenzen mit durchaus nachvollziehbaren geraden Riegeln folgen, schlagen RHW eine spannungsvolle Bebauung vor, die durch eine Höhenentwicklung der Gebäude jeweils Richtung Rhein und Bayenthal-Altstadt an Dynamik gewinnt. Den skulpturalen Charakter der Bauform übertragen sie auch auf die expressive Gestaltung der Fassaden, was der Jury aber offenbar zu weit ging.
ASTOC fassen das Planungsgebiet mit sechs geknickten, fünf- bis sechsgeschossigen Gebäuden ein. An den rheinseitigen Hotel- und Büroriegel schließen sie zwei Baukörper mit je 30 Wohnungen an, und bilden so nicht nur Schallschutzansprüche und Abstandsflächen ab, sondern schaffen im Inneren einen großen Freibereich. Westlich des Hochhauses spiegeln sie diese Formation durch drei Gebäuderiegel mit insgesamt etwa 100 Eigentumswohnungen. Die Jury lobte die durch das Hochhaus angeregte Thematisierung der bewegten Linie, reagierte jedoch irritiert auf die amorphe Formsprache des Freiraums.
Das ebenfalls eingeladene Büro von Sauerbruch Hutton versuchte der Randfassung mit sieben expressiven Stadtvillen und einer rheinseitig vorgestellten Oval Office-Fortführung zu entgehen, konnte die Jury jedoch nicht überzeugen.
vollständiges Ergebnis:
Einladungswettbewerb
1. Preis ASTOC, Köln | ein 3. Preis Renner Hainke Wirth Architekten, Hamburg | ein 3. Preis KSP Jürgen Engel Architekten, Köln
Fakten
Architekten ASTOC, Köln; Renner Hainke Wirth Architekten, Hamburg; KSP Jürgen Engel Architekten, Köln
aus Bauwelt 22.2012
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