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Pfadfinder des Quartiersmanagements

Eine Bilanz der Kölner KALKschmiede

Text: Holl, Christian, Stuttgart

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Foto: Christopher Clem Franken

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Pfadfinder des Quartiersmanagements

Eine Bilanz der Kölner KALKschmiede

Text: Holl, Christian, Stuttgart

Nach mehr als dreieinhalb Jahren endet in Köln das Projekt KALKschmiede. Das Ziel: ein Quartier zu unterstützen, dem bislang schwer zu helfen war.
Köln, Kalk Nord, 2009 | Die Wohnhäuser sind in beklagenswertem Zustand, die öffentlichen Räume verwahrlost, interkulturelle Spannungen bestimmen das Zusammenleben; die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss liegt um fast das 2,5-fache über dem Kölner Durchschnitt, die Arbeitslosenquote ist eine der höchsten in Köln. Knapp 14.000 Menschen leben in dem Quartier, das geprägt ist vom einfachen Wohnungsbau der Wiederaufbauzeit. Der Niedergang der rechtsrheinischen Großindustrie hat Kalk Nord hart getroffen. Zwar war es Teil eines „Soziale Stadt“-Programms, hat davon aber wenig profitiert. Auch andere Investitionen haben in benachbarten Quartieren, kaum jedoch in Kalk Nord Wirkung gezeigt.

Nun stehen keine außerordentlichen öffentlichen Mittel mehr zur Verfügung, aber das Quartier braucht weiterhin Unterstützung. In dieser Situation entscheiden die Bonner Montag Stiftung Urbane Räume und die Kölner GAG Immobilien AG, sich mit einem experimentellen Quartiersentwicklungsprojekt zu engagieren. Wege sollen gefunden werden, das Viertel unter dem Motto „einfach gut wohnen“ zu stabilisieren und die Chancen für die Menschen mit geringem Einkommen, die hier leben, zu verbessern. Eine Herausforderung für Susanne Stübben, Charlotte Selter und Enes Biyik, die hauptamtlichen Mitarbeiter der „KALKschmiede“, wie das Projekt genannt wird.

Köln, Kalk Nord, Frühjahr 2013 | Die Montag Stiftung Urbane Räume schließt, wie vorgesehen, ihr Engagement ab. Der Erfolg kann sich sehen lassen: Die Kölner Wohnungsgesellschaft GAG hat 143 Wohnungen in alten Häusern durch Neubau ersetzt; die Deutsche Annington hat sich im Stadtteil als Partner der Stadtentwicklung eingebracht und ebenfalls in ihren Wohnungsbestand investiert; weitere Partner aus der Wohnungswirtschaft sind für den Dialog über die Zukunft des Quartiers gewonnen worden; bisher unverbundene Institutionen (insbesondere soziale Träger und Jugendeinrichtungen) stimmen ihre Arbeit besser aufeinander ab; in gemeinsamen Aktionen haben die Bewohner die Qualität des öffentlichen Raums verbessert; ein „Veedelshausmeister“, der sich um das Viertel und die Belange der Bewohner kümmert, wurde engagiert, finanziert von der Wohnungswirtschaft. Vor allem aber ist es gelungen, eine breite Basis für die Entwicklung eines Leitfadens für die kommende Zeit zu gewinnen: das „Integrierte Handlungsprogramm Kalk Nord 2012+“; insgesamt 320 Menschen haben in zwei „Zukunftsschmieden“ daran mitgearbeitet.

Diese erfreuliche Bilanz ist dem Umstand zu verdanken, dass sich die Arbeit der KALKschmiede in wesentlichen Punkten von der üblichen Praxis des institutionellen Quartiersmanagements unterschied. Erstens: Aus der Not geboren, hat man perspektivischen Prozess und unmittelbares Agieren aufeinander bezogen. So fanden die ersten Aktionen im öffentlichen Raum schon statt, während die Bewohner noch zur Situation im Stadtteil und zu ihrem Bedarf befragt wurden; und während die Wohnungsunternehmen gemeinsam ihre strategischen Entwicklungs­perspektiven diskutierten, tätigten sie erste Investitionen in die vernachlässigten Freiräume und stellten den Veedelshausmeister ein.

Zweitens: Als zivilgesellschaftliche Initiative ohne kommunalen Auftrag setzte die KALKschmiede keine Fördermittel der öffentlichen Hand ein; so stand sie nicht unter einem entsprechenden Vergabe- und Legitimationszwang. Das gab ihr einerseits die Freiheit, alle denkbaren und wichtigen Kooperationspartner an einen Tisch zu holen, ohne Rücksicht auf Konkurrenzen und Vorabsprachen. Andererseits hatte sie keine institutionelle Autorität – sie musste durch Argumente überzeugen und auf Kooperation setzen. Als Moderator und zivilgesellschaftlicher Partner konnte die KALKschmiede private Mittel und privates Engagement unkompliziert und auf Vertrauensbasis bündeln; für die Wohnungsunternehmen stand als Gewinn immerhin die Stabilisierung ihres Portfolios in Aussicht. Und drittens: Die KALKschmiede hatte die Freiheit, zu Beginn formulierte Strategien, die sich als unbrauchbar erwiesen, wieder aufzugeben. So musste keine Energie in etwas fließen, das keinen Erfolg versprach.

Nun ist die Kommune als Verantwortungsträger wieder gefragt; sie muss vorhandene Ressourcen der Ressorts bündeln und die zusammengeführten Akteure beisammen halten. Die KALKschmiede hat Kalk Nord längst nicht so weit stabilisieren können, als dass eine positive Entwicklung wahrscheinlich ist, wenn die Stadt sich nicht engagiert. Aber das Projekt hat wertvolle Hinweise gegeben, welche Wege dort, aber auch in vergleichbaren anderen Vierteln zu einer solche Entwicklung führen können. Nicht die schlechteste Bilanz für Köln, Kalk Nord, im Frühjahr 2013.

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