Bauwelt

Soziale Bauwirtschaft

Ludwig-Erhard-Haus in Fürth

Text: Crone, Benedikt, Berlin

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1.Preis: Reinhard Bauer Architekten

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1.Preis: Reinhard Bauer Architekten


Soziale Bauwirtschaft

Ludwig-Erhard-Haus in Fürth

Text: Crone, Benedikt, Berlin

Ein Museum über das Leben Ludwig Erhards soll vom Glück der Sozialen Marktwirtschaft berichten. Hinter dem Projekt steckt eine private Initiative, die für die Umsetzung auf öffentliche Gelder angewiesen ist.
Mit der Großen Koalition hätte er heute sicherlich genauso seine Schwierigkeiten gehabt, wie mit dem Rauchverbot in Restaurants und Kneipen. Ludwig Erhard (1897–1977), der 15 Zigarren am Tag qualmende Ordoliberale, hielt Sozialdemokraten für wirtschaftspolitisch unfähig, eine zu starke Intervention des Staates gar für gefährlich. Die Politik sollte den freien Wettbewerb im Zaum halten wo nötig. Mehr nicht. „Ich meine, dass der Markt an sich sozial ist, nicht, daß er sozial gemacht werden muß“, lautete Erhards heute gern anders gedeutetes Verständnis der Sozialen Marktwirtschaft. In seiner Heimatstadt Fürth soll dem ehemaligen Wirtschaftsminister (1949–1963) und in der Folge wenig ruhmreichen Bundeskanzler nun ein Museum mit Ausstellungs- und Forschungsräumen errichtet werden. Passend zum Freund der gesunden Konkurrenz wurde für den Neubau ein Realisierungswettbewerb durchgeführt, allerdings als ein nichtoffenes Verfahren. Sechs Architekturbüros hatte der Auslober vorab auf seine Liste gesetzt, darunter Staab Architekten und Wandel Hoefer Lorch, die allesamt leer ausgingen. Die Gewinner – Reinhard Bauer Architekten aus München – mussten wie die übrigen 18 Teilnehmer durch ein nicht gerade „ordoliberales“ Los- und Auswahlverfahren. Dass diese Selektion junge und kleine Büros benachteilige, ist eine weit verbreitete Kritik, die auch Architekt Reinhard Bauer stützt. Sein eher kleines Büro akquiriert Aufträge ausschließlich über Wettbewerbe, kann in Bewerbungsverfahren aber immerhin mit zwanzig Jahren Wettbewerbserfahung aufwarten.
Auch weiß Reinhard Bauer die Vorzüge des Wett­bewerbswesens durchaus zu schätzen: „So haben wir gegenüber dem Bauherrn später etwas in der Hand: das Urteil einer Fachjury zu unserem Entwurf.“ Aufmerksamkeit erhielt das Münchener Büro zuletzt durch den 3. Preis beim offenen Wettbewerb für das Museum der Bayerischen Geschichte (Bauwelt 21.2013) und den 1. Preis für den Neubau des Finanzamts in Garmisch-Partenkirchen, dessen Realisierung mit dem Holzbaupreis ausgezeichnet wurde (Bauwelt 22.2013).
Für das Ludwig-Erhard-Haus in Fürth schlägt Bauer vor, vier Kuben über drei Geschosse leicht versetzt aufeinander zu stapeln. Im Süden würde der Baukörper ans Rathaus grenzen, aber weiter einen Durchgang zum Hof und zur Anlieferung lassen. Die einzelnen Quader sollen die Parzellen der vier Gebäude nachzeichnen, die hier einst standen. Dabei umlagern sie ein geschosshohes Fenster in der Mitte der Eingangsseite, das den Blick auf das gegenüber liegende Geburtshaus von Ludwig Erhard richtet. Dem Sichtbeton soll Sandstein beigemischt werden, wie er auch in den Nachbarbauten zu finden ist – was zur „ruhigen Fassade“ beitrage, so die Preisrichter.
Auch lobte die Jury unter Vorsitz von Benedikt Schulz aus Leipzig die klare Innenorganisation: Am Ende des Foyers gelangt der Besucher zur Dauerausstellung im ersten Obergeschoss und über die süd­liche Treppe direkt zur Sonderausstellung in der Ebene darüber. Im Dachgeschoss befindet sich neben dem „Begegnungszentrum“ eine Terrasse mit Blick auf den Fürther Obstmarkt im Norden.
Die anderen Wettbewerbsteilnehmer setzten ebenfalls auf einfache, kantige Formen – „spielten Lego“, wie der Leser einer Online-Zeitung die Ergebnisse hämisch kommentierte; von Dachschrägen oder Rundungen ließ man lieber die Finger. Nur Staab Architekten schoben meterhohe Pultdächer ineinander, und Schultes Frank Architekten hängten ihrem Haus eine gebogene, gebäudehohe Glasfassade vor, die eher an Shopping denken lässt. Unter den prämierten Arbeiten satteln zwar Rustler Schmid Architekten (3. Preis) dem Neubau eine differenzierte Dachlandschaft auf, die aber, wie die Jury zu Recht bemängelt, von der Straße aus kaum zu erkennen ist. Am Ende fiel die Wahl auf Bauers Würfelhaus, das sich ins Stadtzentrum füge, indem es sich an Traufhöhe und Fensterbändern der Nachbargebäude ausrichte.
„Soziale Marktwirtschaft sieht anders aus“
Einen Neubau ins Fürther Altstadtidyll zu setzen, neben das um 1850 errichtete Rathaus mit Türmchen – der Palazzo Vecchio Frankens – ist freilich keine leichte Übung. Noch schwerer scheint es, die Entwürfe nun den Bewohnern schmackhaft zu machen, die in der Innenstadt eher den Anblick vormodern-heimeliger Baukunst gewohnt sind. „Das wird in Fürth zu Diskussionen führen“, schwante es Baureferent Joachim Krauße bereits nach dem Juryentscheid. Neben der Architektur richtet sich die Empörung mancher Bewohner jetzt aber gegen die Museumsfinanzierung: Der Bau und der laufende Betrieb sollen durch die Stadt, vor allem aber durch Städtebauförderungen von Land und Bund getragen werden. Die Projektleitung hingegen übernimmt der private Ludwig-Erhard-Initiativkreis, der sich für sein Vorhaben der Unterstützung des Fürther Oberbürgermeisters Jung (SPD), des bayerischen Innenministers Herrmann und des Ex-Ministerpräsidentens Beckstein (beide CSU) versicherte. Der Verein erhält als Organisation aber auch Spenden lokaler Wirtschaftsgrößen. Was würde Ludwig Erhard von diesen Verstrickungen halten?
Nicht viel, mutmaßen die Fürther Grünen: „Die Wirtschaft initiiert, der Steuerzahler finanziert – Soziale Marktwirtschaft sieht anders aus.“ An einem Haus für den „Vater der Sozialen Marktwirtschaft“ ist die Partei aber auch gar nicht interessiert. Ihr Gegenvorschlag: auf dem Parkplatz das Rathaus für städtische Dienststellen erweitern und so die öffentliche Verwaltung wieder ins Zentrum rücken. 
Nichtoffener Realisierungswettbewerb mit Bewerbungsverfahren
1. Preis Reinhard Bauer Architekten, München
2. Preis pussert kosch architekten, Dresden
3. Preis Rustler Schmid Architekten, Augsburg
Anerkennung Karl + Probst, München
Fakten
Architekten Reinhard Bauer Architekten, München; pussert kosch architekten, Dresden; rustler Schmid Architekten, Augsburg; Karl + Probst, München
aus Bauwelt 43.2013

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