Bauwelt

Verbrechen im Ornament

Political Patterns in der ifa-Galerie Berlin

Text: Kil, Wolfgang, Berlin

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    "Men at Work" (Ausschnitt). Der saudi-arabische Künstler Abdulnasser Gharem setzt das Ornament mit extremen Motiven wie Soldaten in Kontrast.
    Abdulnasser Gharem, aus der Serie “Restored Behavior”, 2010, Industrielack auf Gummistempel auf indonesischem 9mm-Sperrholz, 85 x 120 cm Leihgabe: Barjeel Art Foundation, Maraya Art Centre, Sheikh Sultan Sooud Al-Qassemias

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    "Men at Work" (Ausschnitt). Der saudi-arabische Künstler Abdulnasser Gharem setzt das Ornament mit extremen Motiven wie Soldaten in Kontrast.

    Abdulnasser Gharem, aus der Serie “Restored Behavior”, 2010, Industrielack auf Gummistempel auf indonesischem 9mm-Sperrholz, 85 x 120 cm Leihgabe: Barjeel Art Foundation, Maraya Art Centre, Sheikh Sultan Sooud Al-Qassemias

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    "Pattern to Follow" (Ausschnitt). Die pakistanische Künstlerin Aisha Khalid, in der Miniaturmalerei ausgebildet, verwendet die Farbe Grün als Sinnbild des Islams.
    Aisha Khalid, 2010

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    "Pattern to Follow" (Ausschnitt). Die pakistanische Künstlerin Aisha Khalid, in der Miniaturmalerei ausgebildet, verwendet die Farbe Grün als Sinnbild des Islams.

    Aisha Khalid, 2010

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    "Camo Flagg 2" (Ausschnitt). Die Arbeiten der libanesischen Künstlerin Doris Bittar thematisieren die Beziehungen zwischen "Osten" und "Westen".
    Doris Bittar, 2011, Öl/lw., 101x202 cm

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    "Camo Flagg 2" (Ausschnitt). Die Arbeiten der libanesischen Künstlerin Doris Bittar thematisieren die Beziehungen zwischen "Osten" und "Westen".

    Doris Bittar, 2011, Öl/lw., 101x202 cm

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    Für Doris Bittar bilden Muster und Dekoration die "DNA einer Kultur".
    Doris Bittar vor ihrem Bild, 2011

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    Für Doris Bittar bilden Muster und Dekoration die "DNA einer Kultur".

    Doris Bittar vor ihrem Bild, 2011

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    "Zeit der Schmetterlinge" heißt eine Ornament-Serie von Parastou Forouhar. Mit "80Ericezeit" thematisiert er die Angststarre im Iran seiner Jugendzeit.
    Parastou Forouhar, aus der Serie Zeit der Schmetterlinge, 2011

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    "Zeit der Schmetterlinge" heißt eine Ornament-Serie von Parastou Forouhar. Mit "80Ericezeit" thematisiert er die Angststarre im Iran seiner Jugendzeit.

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    "Khavaran" bezieht sich auf ein Massengrab im Süden Teherans, in dem Hinrichtungsopfer begraben wurden.
    Parastou Forouhar, aus der Serie Zeit der Schmetterlinge, 2011

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    "Khavaran" bezieht sich auf ein Massengrab im Süden Teherans, in dem Hinrichtungsopfer begraben wurden.

    Parastou Forouhar, aus der Serie Zeit der Schmetterlinge, 2011

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    "Kahrizak" bezeichnet ein Gefängnis in Teheran, in dem Aufständische festgehalten und zu Tode gefoltert wurden.
    Parastou Forouhar, aus der Serie Zeit der Schmetterlinge, 2011

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    "Kahrizak" bezeichnet ein Gefängnis in Teheran, in dem Aufständische festgehalten und zu Tode gefoltert wurden.

    Parastou Forouhar, aus der Serie Zeit der Schmetterlinge, 2011

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    "Ashura" ist der höchste Trauertag im Islam - und der Tag, an dem 2009 Demonstranten im Iran vom Militär niedergeschossen wurden.
    Parastou Forouhar, aus der Serie Zeit der Schmetterlinge, 2011

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    "Ashura" ist der höchste Trauertag im Islam - und der Tag, an dem 2009 Demonstranten im Iran vom Militär niedergeschossen wurden.

    Parastou Forouhar, aus der Serie Zeit der Schmetterlinge, 2011

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    Imran Qureshis Arbeiten muten aus der Ferne an wie ein blutbeflecktes Schlachtfeld.
    Imran Qureshi in seinem Atelier

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    Imran Qureshis Arbeiten muten aus der Ferne an wie ein blutbeflecktes Schlachtfeld.

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    Erst beim Blick aufs Detail offenbaren sich florale Muster. Ausschnitt aus: "Opening word of this new scripture"
    Imran Qureshi, 2010, Gouache/Wasli, 29,5 x 42 cm

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    Erst beim Blick aufs Detail offenbaren sich florale Muster. Ausschnitt aus: "Opening word of this new scripture"

    Imran Qureshi, 2010, Gouache/Wasli, 29,5 x 42 cm

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    "The Leprous Brightness" (Ausschnitt)
    Imran Qureshi, 2010, Gouache/Wasli, 33 x 25 cm

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    Imran Qureshi, 2010, Gouache/Wasli, 33 x 25 cm

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    Imran Qureshi, The Leprous Brightness, 2010, Gouache/Wasli, 33 x 25 cm

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    Imran Qureshi, The Leprous Brightness, 2010, Gouache/Wasli, 33 x 25 cm

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    "Andalusian Panel" (Ausschnitt). Für Philip Taaffe ist im Ornament "eine kulturelle Energie eingeschlossen, die den geografischen Ort und die historische Zeit, aus der es hervorgeht, verkörpert."
    Philip Taaffe, 2008, 87 X 82 cm

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    "Andalusian Panel" (Ausschnitt). Für Philip Taaffe ist im Ornament "eine kulturelle Energie eingeschlossen, die den geografischen Ort und die historische Zeit, aus der es hervorgeht, verkörpert."

    Philip Taaffe, 2008, 87 X 82 cm

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    "Stachel" (Ausschnitt) . Adriana Czernins Aquarell wirkt wie eine Dornenhecke und entpuppt sich auf den zweiten Blick als Stacheldrahtverhau.
    ifa-Galerie Berlin
    Adriana Czernin, Stachel (Investigation of the inside), 2010, Aquarell, Bleistift/Papier, 250x150 cm Leihgeber: Galerie Martin Janda, Wien

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    "Stachel" (Ausschnitt) . Adriana Czernins Aquarell wirkt wie eine Dornenhecke und entpuppt sich auf den zweiten Blick als Stacheldrahtverhau.
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    Adriana Czernin, Stachel (Investigation of the inside), 2010, Aquarell, Bleistift/Papier, 250x150 cm Leihgeber: Galerie Martin Janda, Wien

Verbrechen im Ornament

Political Patterns in der ifa-Galerie Berlin

Text: Kil, Wolfgang, Berlin

Eine Ausstellung in Berlin zeigt ornamentale Arbeiten arabischer Künstler. Hinter den vermeintlich selbstzweckhaften Formen stecken brisante Inhalte.
Noch in der allmählichen Wiederkehr des Ornaments in unsere neuere Architektur hallt das donnernde Verdammungsurteil nach. Die Adolf Loos’ Vorwurf des „Verbrechens“ nicht länger scheuen, schaffen kommentarlos Beispiele, welche den Verteidigern der reinen Lehre (sprich: der dekorfreien Moderne) aber offenbar zu peinlich sind, als dass sie dem Ganzen ernsthafte Auseinandersetzung gönnen. So lernen beide Seiten nichts. Doch ohne seriösen Diskurs wuchert die Praxis weit unter ihren Möglichkeiten, und selbst für gutgemeinte nötige Kritik – etwa an den superbanalen „Barockformen“ in der großen Halle von Peter Kulkas Dresdner Centrum-Galerie – fehlt es dann schlicht an Begriffen.
Deshalb sei Architekten, egal ob Befürworter oder Gegner baubezogener Dekoration, ein Besuch in der Berliner ifa-Galerie dringend empfohlen, wo noch bis Anfang Oktober die Ausstellung „Political Patterns – Ornament im Wandel“ läuft (danach wird sie in Stuttgart zu sehen sein). Im Rahmen eines sehr verdienstvollen Programms zum „Kulturtransfer“ zwischen verschiedenen Weltregionen werden diesmal Künstlerinnen und Künstler präsentiert, die sich vordergründig klassischer Ornamentstrukturen bedienen. Bis auf zwei Ausnahmen kommen sie aus dem arabischen Raum, wo wegen religiöser Bilderverbote das Ornament, die Jahrtausende alte „Kulturuniversale“, sich zu immer wieder eigener Blüte entfaltet und mit seinen überbordenden Geometrien sämtliche Lebenssphären durchdrungen hat.
Doch in dieser Ausstellung wird der hierzulande mit „Ornament“ verbundene Eindruck ästhetischer Harmlosigkeit unterlaufen. Schon beim zweiten, nur leicht schärfer gestellten Blick tauchen hinter den vermeintlich selbstzweckhaften Formspielen brisante Inhalte auf: Eine malerische Dornenhecke entpuppt sich als Stacheldrahtverhau. In den Flügeln zartfarbener Schmetterlinge bilden Umrisse nackter Menschen verschiedene Leidensstationen von Demons­tranten ab, bis zu Gefängnis, Folter und Exekution. Auf schwarz-weiß karierten Spielbrettern würfelt man um Leben und Tod. Rätselhafte Tableaus sind wie nach einem Massaker mit blutroter Farbe verschmiert, aus der bei ganz naher Betrachtung wundersam fließende Blütenteppiche sprießen. Oft steht schon die Nennung denkbarer Schauplätze – Beirut, Bagdad – in schmerzlichem Kontrast zu all den Arabesken und floralen Mustern. „Statt zu schmücken, erzählen sie von Konflikten, statt Harmonie zu erzeugen, betonen sie Bedrohung. Im Ornament spiegelt sich unsere angespannte Weltsituation wider“, so Kuratorin Sabine B. Vogel im Katalog.
Natürlich soll diese Ausstellung als Referenz an die Aufbruchsbewegungen der arabischen Welt gelesen werden. Sie führt die durch nichts zu ersetzende Rolle der Künste bei der Emanzipation traditionell geprägter Gesellschaften vor Augen. Sie zeigt auch Eigensinn gegenüber dem gern intervenierenden Westen. Überraschend jedoch der kulturrevolutionäre Ansatz: Künstler begreifen das in ihrer Kultur allbeherrschende Ornament als verordnete Bilder- und damit Sprachlosigkeit, weshalb sie es kapern, subversiv umdeuten und mit aktuellen Inhalten aufladen. So kommt den allein in Wiederholung und Gleichmaß sich verausgabenden Mustern die Unschuld abhanden.
Aus alldem können Architekten erst einmal nur indirekt Nutzen ziehen, zumal sich die vorgeführten Patterns in Zentraleuropa zur kreativen Nachnutzung kaum eignen. Aber die Ausstellung und vor allem der handliche Katalog mit seinen Interviews zeigen, wie anderswo mit zeitgenössischem Blick am Thema gearbeitet wird. Diese Künstler können sehr genau begründen, warum sie sich auf das scheinbar so zeit- und spannungslose Ornament einlassen. Argumen­tationen aus solcher, zumeist existenzieller Welterfahrung sollten zur Kenntnis genommen sein, bevor unter der billigen Devise „Los von Loos!“ uns womöglich Op-Art als nächste Retrowelle überrollt.

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