Bauwelt

Von Wissensspeicher bis Flirtort

Alles zu Bibliotheken in München

Text: Paul, Jochen, München

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Biblioteca Pública in ­Mexiko-Stadt von Taller de Arquitectura X/­Alberto Kalach, 2005–2007
Foto: Yoshihiro Koitani

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Biblioteca Pública in ­Mexiko-Stadt von Taller de Arquitectura X/­Alberto Kalach, 2005–2007

Foto: Yoshihiro Koitani


Von Wissensspeicher bis Flirtort

Alles zu Bibliotheken in München

Text: Paul, Jochen, München

Im Zeitalter von cloud computing, eBook-Readern, Online-Datenbanken und Tablet PCs – welche Rolle spielen Bibliotheken da noch als Bauaufgabe?
Diese Frage nahmen sich Winfried Nerdinger und sein Team vom Architekturmuseum der TU München zum Ausgangspunkt der Ausstellung, die unter dem alttestamentarischen Titel „Die Weisheit baut sich ein Haus“ die Geschichte von Bibliotheken seit der Antike untersucht.
Nachweisen lässt sich der Bautypus schon im alten Ägypten und in Mesopotamien; in den meist nur wenige Quadratmeter großen Räumen in Tempel- oder Palastanlagen lagerten Tontafeln und Schriftrollen aus Papyrus. Ähnliche Bauten kannten auch die Hochkulturen in China, Griechenland und Rom, doch ihr Bestand war – mit Ausnahme der legendären Bibliotheken von Alexandria mit 700.000 Schriftrollen und Pergamon mit 200.000 Rollen – nach heutigen Maßstäben eher klein. Daran änderte sich auch in den mittelalterlichen Kirchen- und Klosterbibliotheken nichts grundlegend; erst mit der Erfindung der beweglichen Lettern und der Möglichkeit, identische Bücher in größeren Auflagen zu drucken, wurde die Bibliothek zur eigenständigen Bauaufgabe.
An die Beantwortung ihrer Eingangsfrage macht sich die Ausstellung erst im dritten von insgesamt vier Ausstellungsräumen; zunächst geht es um Themen wie Ordnung und Systematisierung, um die unrealisiert gebliebene Vision einer Universalbibliothek, die das gesamte Wissen der Menschheit vereinen sollte, und, illustriert anhand zahlreicher Bibliotheksbauten des 19. und 20. Jahrhunderts, um die Entwicklung einer Typologie: Saal-, Zentral- und Turmbauten sowie schließlich freie Formen.
Allen Phänomenen der Digitalisierung zum Trotz sind in den vergangenen zehn Jahren mehr Bibliotheken gebaut worden als je zuvor. Und die Liste ihrer Architekten liest sich wie ein Who’s who der Branche: Jo Coenen, Frank Gehry, Max Dudler, Norman Foster, Herzog & de Meuron, Rem Koolhaas, Dominique Perrault, Alvaro Siza, Delugan Meissl, Bjarke Ingels etc. Das hat schon seit der Renaissance Tradition: Die beiden ersten neuzeitlichen Bibliotheken stammen mit Michelozzo di Bartholomeo (Bibliothek des Dominikanerkonvents San Marco in Florenz 1438–43) und Michelangelo Buonarrotti (Bibliotheca Laurenziana in Florenz 1523–71) von zwei der bedeutendsten Architekten ihrer Zeit.
Am kurzweiligsten ist die Ausstellung dort, wo sie sich Exkurse zu den Themen Bibliotheken und Bibliothekarinnen im Film gestattet: Eine fast 20-minütige Endlosschleife zeigt Szenen aus Filmen wie American Psycho, Cabaret, Fahrenheit 451, Frühstück bei Tiffany, Der Himmel über Berlin, Der Name der Rose und Die Reifeprüfung – und sogar Sex and the City ist vertreten.

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