Von der Flaschenboden-Idee zur quasichaotischen Punkteordnung
Der Geometrie-Ingenieur
Von der Flaschenboden-Idee zur quasichaotischen Punkteordnung
Der Geometrie-Ingenieur
Gegeben waren Manfred Alois Mayrs Konzept der „Blüten-Fassade“ aus Abgüssen von PET-Flaschenböden und die Fassadenpläne der Architekten mit bereits festgelegtem Schalungssystem (2m-Modul/Bundlöcher/Höhenkoten der Betonieretappen). Gefragt war, nach welcher Ordnung die Tausende von Punkten über die drei Fassaden verteilt werden sollen.
Soll es eine rein zufällige oder eine systematische Ordnung werden? Oder gäbe es ein Mittelding, eine Mischung aus Systematik und Zufall? Ich wurde in einer frühen Phase des Projekts als „Geometrie-Ingenieur“ zugezogen, um diese Frage zu beantworten.
Im ersten Arbeitsschritt habe ich eine Gesamtordnung für ein Schalungsmodul aus zwei Elementen (A und B) entwickelt. Mit geringfügigen Anpassungen von zwei Betonierkoten ging das System über alle drei Fassaden auf. Diese Gesamtordnung basierte auf einer Fibonacci-Teilung eines 1x1m Teilquadrats in zwei verschieden große Quadrate und zwei Rechtecke. Die Frage war nun, wie diese vier Elemente mit Punkten zu füllen wären, so dass möglichst interessante Figuren entstehen. Es schien mir wichtig, dass zusätzlich zum Maßstab der „Blüten“, die man nur aus der Nähe wahrnehmen würde, Figuren in einem viel größeren Maßstab zum Einsatz kämen. Ich stellte mir selbst die Aufgabe, eine einerseits regelmäßige Anordnung zu entwickeln (mit einer konstanten Anzahl „Blüten“ pro Quadratmeter), anderseits überraschende Figuren und großmaßstäbliche Bezüge einzubauen.
Im zweiten Arbeitsschritt habe ich fünf verschiedene Ordnungssysteme zur Diskussion gestellt, teils auf aperiodischen Systemen basierend, teils auf quasichaotischen Ansätzen. Das System „Domino 13“ wurde ausgewählt. Es basiert auf drei Bausteinen: kleines Quadrat mit zwei Punkten, Rechteck mit drei Punkten, großes Quadrat mit fünf Punkten. Die beiden Quadrate und zwei Rechtecke bilden zusammen einen Quadratmeter Fassadenfläche mit 13 Punkten. Die Bausteine werden wie Spielkarten ausgespielt. Aus der raffinierten Kombination der Bausteine entstehen die Figuren und lange kollineare Punktereihen.
Im Laufe des Projekts musste aus Kostengründen der Ansatz vereinfacht werden. Statt unzählige verschiedene Positive zu bauen, von denen Schalungsmatrizen abzugießen wären, wurde beschlossen, dass sämtliche Matrizen als Überlagerungen auf einem einzigen großen Positiv entwickelt werden sollen. Die Schwierigkeit bestand nun darin, dass die Änderung eines einzigen Punkts eine Änderung auf sämtlichen betroffenen Matrizen zur Folge hatte. Das erschwerte die Entwicklung matrizenübergreifender Figuren enorm. Gleichzeitig musste beachtet werden, dass kein Punkt mit dem Ort eines Bundlochs kollidiert. Nach dem System Domino 13 wurden insgesamt 16.656 Blüten über die drei Fassaden verteilt. Aus der Distanz gesehen, dominiert der einheitliche Eindruck der gleichmäßigen Punktedichte, ohne dass irgendeine Systematik erkennbar wäre. Die auffälligste Figur ist ein elliptisches 10-Eck mit Mittelpunkt. Es tritt auf der Hauptfassade gegen den Kornmarkt mehr als 200 Mal in Erscheinung, einmal rechts- dann wieder linkshändig
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