Wahlkampfinstrumente
Neue Moschee, islamisches Kulturzentrum und Museum der religiösen Harmonie in Tirana
Text: Meyer, Friederike, Berlin
Wahlkampfinstrumente
Neue Moschee, islamisches Kulturzentrum und Museum der religiösen Harmonie in Tirana
Text: Meyer, Friederike, Berlin
Mit einem internationalen Wettbewerb für den Bau einer Moschee und eines religiösen Zentrums will sich der Bürgermeister von Tirana seine vierte Amtsperiode sichern. Der Siegerentwurf hat die ungewisse Gesamtrealisierung einfach schon mal mit eingeplant.
Seit Jahren schmiedet man in Tirana große Baupläne für das Stadtzentrum. Und immer wieder werden dafür ausländische Architekten zu Wettbewerben eingeladen. Vor knapp zehn Jahren hatte das Pariser Architecture Studio die Konkurrenz für den Masterplan mit dem Vorschlag von zehn Hochhäusern am zentralen Scanderbeg-Platz gewonnen, MVRDV war 2008 beim geplanten Wohngebiet am Tirana See erfolgreich, weil sie dort ein paar Baublöcke abgeworfen hatten, das deutsche Netzwerk Cityförster gewann bei der Bebauung des ehemaligen Militärflughafens der Stadt (Bauwelt 31.08) und erst kürzlich, es ist Wahlkampfzeit, rollten die siegreichen Pläne von Coop Himmelb(l)au für ein neues Parlamentsgebäude durch die Presse.
Wettbewerbe, vor allem ihre teilweise größenwahnsinnigen Ergebnisse, bringen, ähnlich wie der öffentliche Auftritt von Prominenten, mediale Aufmerksamkeit. Die Vorstellung von schier Unerreichbarem zählt mehr als der fertige Bau. Keiner weiß das so gut wie Edi Rama. Seit elf Jahren ist er Bürgermeister von Tirana, mit dem Thema Stadtgestaltung hat er seine – auch internationale – Popularität aufgebaut. Selbst den Zeitpunkt der Entscheidung über das neueste Bauprojekt hat er strategisch gewählt, um seinen Sieg bei den Kommunalwahlen und damit seine vierte Amtszeit zu sichern: eine Moschee mit angegliedertem Museum der Religionen.
Das Programm des Komplexes ist ein Politikum in Albanien, das die von 1968–90 herrschenden Kommunisten zum atheistischen Land erklärt und jegliche Religionsausübung verboten hatten. Unlängst entstanden im Zentrum von Tirana eine neue katholische Kathedrale und eine orthodoxe Kirche. Eine neue Moschee im Zentrum der Hauptstadt würde ein Ungleichgewicht beseitigen. Denn Albanien ist von drei großen Religionen geprägt: der Norden des Landes ist katholisch, der Süden ist orthodox, Tirana ist vor allem eine muslimische Stadt. Damit das relativ friedliche Zusammenleben der Glaubensanhänger in Albanien auch einen baulichen Ausdruck findet, sind der Moschee ein islamisches Kulturzentrum und ein Museum für religiöse Harmonie angegliedert.
Mit ihrer bekannten Piktogrammgrafik, bei der rohe Blöcke durch Pfeile von allen Seiten in die vorgeschlagene Form gepresst werden, haben BIG den Grundriss des Platzes und die Aushöhlung der Bauten hergeleitet: Das Stadtraster von Tirana wird mit der Achse nach Mekka überlagert und ergibt so einen Ort, der irdisch und religiös zugleich konnotiert ist. Zusätzlich entstehen teilweise überdachte Plätze – die in der Auslobung geforderten Flächen für Versammlungen im Außenraum. Zum Komplex gehört auch ein Garten, in dem alle Pflanzen wachsen sollen, die im Koran Erwähnung finden. Die Jury lobte u.a., wie BIG von der Urbanität des großen Platzes in die Intimität der Moschee überleiten, auch wenn der Gebetsraum im Untergeschoss liegt.
Diese Überleitung von außen nach innen schien auch im Vorschlag von Zaha Hadid zu überzeugen, der Museum und Moschee als jeweils winkelförmige Gebäude ausbildet, getrennt durch einen öffentlichen Weg, der die intime Begegnung von Gläubigen und Neugierigen ermöglichen soll. Im Vorschlag von Andrés Perea Arquitectos und Nexo Arquitectura hingegen machte die Jury einen beliebigen Charakter aus – Flughafen, Mall oder Rathaus – und vermisste eine Aussage zum und die Erkennbarkeit des religiösen Inhalts. Die Spanier hatten das gesamte Raumprogramm in eine dreieckige, aus Stahlfachwerk konstruierte Großform gepackt.
Ob das Museum jemals gebaut wird, daran zweifeln viele in Tirana. Denn während das Auswärtige Amt der Türkei und das türkische Bildungsministerium den Bau der Moschee finanzieren, müsste die Stadt für das Museum aufkommen. Die Tatsache, das es in Albanien für derartige Projekte aber so gut wie kein öffentliches Geld gibt, hat die Jury bei ihrer Entscheidung wohl nicht unwesentlich beeinflusst. BIG haben keine Großform, sondern einen aus Stadtblöcken zusammengesetzten Komplex vorgeschlagen, der in Schritten gebaut werden kann und dessen Nutzung notfalls auch ausgetauscht werden könnte.
Edi Rama hat die Bürgermeisterwahl gewonnen. Zum Redaktionsschluss war das äußerst knappe Ergebnis jedoch gerade durch die Partei des Gegenkandidaten angefochten worden.
Wettbewerbe, vor allem ihre teilweise größenwahnsinnigen Ergebnisse, bringen, ähnlich wie der öffentliche Auftritt von Prominenten, mediale Aufmerksamkeit. Die Vorstellung von schier Unerreichbarem zählt mehr als der fertige Bau. Keiner weiß das so gut wie Edi Rama. Seit elf Jahren ist er Bürgermeister von Tirana, mit dem Thema Stadtgestaltung hat er seine – auch internationale – Popularität aufgebaut. Selbst den Zeitpunkt der Entscheidung über das neueste Bauprojekt hat er strategisch gewählt, um seinen Sieg bei den Kommunalwahlen und damit seine vierte Amtszeit zu sichern: eine Moschee mit angegliedertem Museum der Religionen.
Das Programm des Komplexes ist ein Politikum in Albanien, das die von 1968–90 herrschenden Kommunisten zum atheistischen Land erklärt und jegliche Religionsausübung verboten hatten. Unlängst entstanden im Zentrum von Tirana eine neue katholische Kathedrale und eine orthodoxe Kirche. Eine neue Moschee im Zentrum der Hauptstadt würde ein Ungleichgewicht beseitigen. Denn Albanien ist von drei großen Religionen geprägt: der Norden des Landes ist katholisch, der Süden ist orthodox, Tirana ist vor allem eine muslimische Stadt. Damit das relativ friedliche Zusammenleben der Glaubensanhänger in Albanien auch einen baulichen Ausdruck findet, sind der Moschee ein islamisches Kulturzentrum und ein Museum für religiöse Harmonie angegliedert.
Mit ihrer bekannten Piktogrammgrafik, bei der rohe Blöcke durch Pfeile von allen Seiten in die vorgeschlagene Form gepresst werden, haben BIG den Grundriss des Platzes und die Aushöhlung der Bauten hergeleitet: Das Stadtraster von Tirana wird mit der Achse nach Mekka überlagert und ergibt so einen Ort, der irdisch und religiös zugleich konnotiert ist. Zusätzlich entstehen teilweise überdachte Plätze – die in der Auslobung geforderten Flächen für Versammlungen im Außenraum. Zum Komplex gehört auch ein Garten, in dem alle Pflanzen wachsen sollen, die im Koran Erwähnung finden. Die Jury lobte u.a., wie BIG von der Urbanität des großen Platzes in die Intimität der Moschee überleiten, auch wenn der Gebetsraum im Untergeschoss liegt.
Diese Überleitung von außen nach innen schien auch im Vorschlag von Zaha Hadid zu überzeugen, der Museum und Moschee als jeweils winkelförmige Gebäude ausbildet, getrennt durch einen öffentlichen Weg, der die intime Begegnung von Gläubigen und Neugierigen ermöglichen soll. Im Vorschlag von Andrés Perea Arquitectos und Nexo Arquitectura hingegen machte die Jury einen beliebigen Charakter aus – Flughafen, Mall oder Rathaus – und vermisste eine Aussage zum und die Erkennbarkeit des religiösen Inhalts. Die Spanier hatten das gesamte Raumprogramm in eine dreieckige, aus Stahlfachwerk konstruierte Großform gepackt.
Ob das Museum jemals gebaut wird, daran zweifeln viele in Tirana. Denn während das Auswärtige Amt der Türkei und das türkische Bildungsministerium den Bau der Moschee finanzieren, müsste die Stadt für das Museum aufkommen. Die Tatsache, das es in Albanien für derartige Projekte aber so gut wie kein öffentliches Geld gibt, hat die Jury bei ihrer Entscheidung wohl nicht unwesentlich beeinflusst. BIG haben keine Großform, sondern einen aus Stadtblöcken zusammengesetzten Komplex vorgeschlagen, der in Schritten gebaut werden kann und dessen Nutzung notfalls auch ausgetauscht werden könnte.
Edi Rama hat die Bürgermeisterwahl gewonnen. Zum Redaktionsschluss war das äußerst knappe Ergebnis jedoch gerade durch die Partei des Gegenkandidaten angefochten worden.
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