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Wundersame Wende

im Wettbewerb für das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal

Text: Crone, Benedikt, Berlin

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    1. Preis: M+M Marc Weis Martin de Mattia, München; Annabau Architektur und Landschaft, Sofia Petersson Landschaftsarchitektin LAR/MSA, Moritz Schloten, Dipl.-Ing. Architekt, Berlin

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Ursprünglich 3., nun 1.Preis - Im Herbstgarten der Leipziger Künstlerinnen Dilengite, Bara und d’Urban fügen
sich Buchstabenskulpturen, von oben gesehen, zum Slogan „Keine Gewalt“

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Ursprünglich 3., nun 1.Preis - Im Herbstgarten der Leipziger Künstlerinnen Dilengite, Bara und d’Urban fügen
sich Buchstabenskulpturen, von oben gesehen, zum Slogan „Keine Gewalt“


Wundersame Wende

im Wettbewerb für das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal

Text: Crone, Benedikt, Berlin

Der Wettbewerb für das Einheitsdenkmal sorgt in Leipzig weiter für Zwietracht. Nach dem Juryentscheid im vergangenen Jahr (Heft 30.12) tagte im Juli ein neues Gremium – und stellte das damalige Ergebnis kurzerhand auf den Kopf. Warum der Sinneswandel?
Die Empörung war groß, als die Stadt Leipzig ihren Bürgern im Juli 2012 die prämierten Entwürfe für das Freiheits- und Einheitsdenkmal auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz zeigte. In einem von der Stadt eingerichteten Webforum hagelte es Kritik vor allem für den 1. Preis von den Münchner Künstlern M+M und den Berliner Landschaftsarchitekten ANNABAU (siehe „Stimmen aus dem Netz“). Ihre Idee: Eine fußballfeldgroße Fläche mit bunten Bodenplatten quer über den Platz ziehen, auf der 70.000 Podeste stehen, die, bis auf 1200 fest installierte, als Botschaft der Demokratie mitgenommen werden können. Der 2. Preis ging an die Berliner Architekten von reali­ties:united. Sie wollen ein Bodendiagramm anlegen, auf dessen farbigen Segmenten Slogans aktueller Demonstrationen stehen. Eine unabhängige Stiftung organisiert, dass verblasste Slogans regelmäßig von neuen überschrieben werden.
Die meiste Zustimmung von den Forennutzern bekam gerade noch der 3. Preis. Im „Herbstgarten“ der Leipziger Künstlerinnen Anna Dilengite, Tina Bara und Alba d’Urbano sollen Apfelbäume stehen, deren Früchte im Oktober, in Erinnerung an die Ereignisse im Herbst 1989, geerntet werden können. Die laute Kritik im Netz wollte die Stadt als Ausloberin nicht ungehört lassen. Sie forderte von den drei Preisträgern eine Überarbeitung ihrer Vorschläge im Sinne der Onlinekommentare. Ein neu zusammengesetztes Bewertungsgremium vergab Punkte für die Umsetzung der Änderungswünsche – mit dem Ergebnis, dass das rechteckige Farbfeld nun auf den dritten Platz verwiesen wurde und der Herbstgarten den ersten Preis erhielt. Die ursprünglich ersten Preisträger ANNABAU und M+M empörten sich daraufhin über mangelnde Transparenz des Bewertungsverfahrens. Tatsächlich steht im Protokoll zur Gremiumssitzung nicht, mit welchen Argumenten die neuen Punkte vergeben wurden. So bleibt unklar, wa­rum der Herbstgarten mit Punkten überschüttet, der ehemals 1. Preis aber plötzlich fast leer ausging.
Unklar ist auch, wie die Besetzung des Bewertungsgremiums zustande kam. Einige der ursprüng­lichen Jurymitglieder waren wieder mit dabei, andere, wie der 2012 vorsitzende Landschaftsarchitekt Henri Bava, fehlten. Stattdessen füllten nun Vertreter aus Stadt, Land und Bund die Reihen. Die Leipziger Internet Zeitung mutmaßte, es ginge diesem Gremium vor allem darum, ein Wettbewerbsdebakel zu verhindern und der Stadt die Gelder für eine Platzgestaltung in der Innenstadt zu sichern: Immerhin stellt der Bund 5 Millionen Euro und der Freistaat Sachsen 1,5 Millionen zur Verfügung. Der „Herbstgarten“ als neuer Sieger solle nun die Chancen steigern, dass die Stadtverwaltung vom Stadtrat grünes Licht bekommt, um Vertragsverhandlungen mit den drei Preisträgern zu führen.
Alles rechtens, verteidigte die Koordinatorin des Gremiums und Kulturamtsleiterin Susanne Kucharski-Huniat auf einer Pressekonferenz das Verfahren. Doch zur Frage, was in der Sitzung des Gremiums passierte, verwies sie auf die Schweigepflicht. Unter welchen dubiosen Umständen es zum neuen Ergebnis kam, schreibt Roland Quester in einem Kommentar auf Seite 11. Der Stadtrat saß sowohl in der Jury als auch im Gremium und distanzierte sich schließlich vom Verfahren, das sich, wenn nicht als Wettbewerbsdebakel, so doch bald als Skandal entpuppen kann.

Beschränkter Wettbewerb nach RPW 2008, Überarbeitung mit neuem „Bewertungsgremium“
1. Preis M+M Marc Weis + Martin De Mattia, München; ANNABAU Landschaftsarchitekten, Berlin; überarbeitet: 3. Preis
2. Preis realities:united, Berlin; überarbeitet: 2. Preis
3. Preis Anna Dilengite, Tina Bara, Alba d’Urbano, Leipzig; überarbeitet: 1. Preis
Fakten
Architekten M+M Marc Weis + Martin De Mattia, München; ANNABAU Landschaftsarchitekten, Berlin; realities:united, Berlin; Anna Dilengite, Tina Bara, Alba d’Urbano, Leipzig
aus Bauwelt 28.2013
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