Bauwelt

Zwitterwesen an der Seine

113 Hektar Park in Carrières-sous-Poissy

Text: Meyer, Friederike, Berlin

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1. Preis (Infrastruktur): AWP agence de reconfiguration territoriale + HHF architekten

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1. Preis (Masterplan Parkgestaltung): AgenceTER

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1. Preis (Masterplan Parkgestaltung): AgenceTER


Zwitterwesen an der Seine

113 Hektar Park in Carrières-sous-Poissy

Text: Meyer, Friederike, Berlin

Im kleinen Ort Carrières-sous-Poissy soll direkt an der Seine ein Park entstehen. Einer der beiden Wettbewerbe suchte einen Masterplan, ein anderer Ideen für vier kleine Gebäude und einige Folies.
Die Stadt Poissy, 30 Kilometer westlich von Paris, ist unter Architekten wegen Le Corbusiers Villa Savoye bekannt. Hier endet die Linie A des Schnellzugsystems RER, und hier macht die Seine einen scharfen Bogen. Während Poissy auf der südlichen Flussseite von Villen dominiert wird, ist Carrières-sous-Poissy auf der nördlichen Seite ein von einem Automobilwerk geprägter 14.000 Einwohner-Ort. Unter dem Titel „2 Rives de Seine“ hat die Region Yvelines zusam­men mit der Gemeinde ein umfangreiches Entwicklungs- und Urbanisierungsprogramm aufgelegt, das für Carrières-sous-Poissy unter anderem Neubauten im Zentrum und ein Technologiezentrum vorsieht und die Ufer der Seine für Freizeit und Erholung nutzbar machen soll. Das größte Projekt ist der geplante „Parc paysage et récréatif des bords de Seine“ am Gleitufer des Flusses, an dem heute einige Hausboote und Fischerhütten liegen und zwei Überlaufbecken das Hochwasser regulieren. Mit 113 Hektar wird er einer der größten Parks im Großraum Paris sein.
Gleich zwei Wettbewerbe hatte die Gemeinde Carrières-sous-Poissy dafür ausgelobt, einen für den Masterplan und einen für die bauliche Infrastruktur. Das Nutzungsprogramm mit Besucherzentrum, Aussichtspunkt, Restaurant und Kiosk sowie einigen Folies für Informationen über die Natur entspricht dem eines Urban Park, der die Ansprüche der Gesellschaft nach Erholung, Unterhaltung und Bildung gleich­zeitig erfüllt und dessen Urtyp mit dem Parc de la Villette nach Plänen von Bernhard Tschumi im Jahr 1986 eröffnet wurde.
Auch die Vorschläge der jeweiligen Sieger erinnern, wie so viele andere Parkkonzepte, die heute das Label „Park des 21. Jahrhunderts“ für sich reklamieren, an das 75 Hektar große Vorbild im Pariser Norden. Nur tauchen in den Erläuterungstexten der Teilnehmer im typisch französischen Metaebene-Stil etwas häufiger die Begriffe „digital“, „ökologisch“ und „flexibel“ auf. So wollen AgenceTER (1. Preis Masterplan) unter dem Titel „Park 2.0“ mehrere Stationen anlegen, an denen Informationen zur Natur im Stil eines Lehrpfades auf dem Telefon empfangen werden können. Die Besucher sind eingeladen, selbst aktiv zu werden und Erlebtes über eine Webseite mit anderen zu teilen. Der Park, strukturiert durch mehrere Inseln mit unterschiedlicher Bepflanzung, soll sich dadurch immer weiter verändern.
Die Arbeitsgemeinschaft von AWF aus Paris und HHF aus Basel (1. Preis Infrastruktur) schlägt im Park verteilte Anlaufpunkte vor, deren Gestalt aus der Mischung von Lastkahn und Vorstadthaus abgeleitet ist. Die modulare Holzrahmenbauweise biete eine große Formenvielfalt bei vergleichsweise geringen Kosten, so die Argumentation der Architekten. Während das Rendering des Aussichtspunktes an ein kürzlich eröffnetes Möbelhaus von Herzog & de Meuron in Süddeutschland (Bauwelt 11.2010) erinnert, verweist die Modularität der Bauten ebenfalls auf La Villette, auf die roten Folies, die Tschumi aus einer Grundstruktur mit 10,80 Meter Kantenlänge dafür entwickelt hat.  
Fakten
Architekten AWP agence de reconfiguration territoriale + HHF architekten, Basel; AgenceTER, Paris
aus Bauwelt 38.2011
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