Bauwelt

Wohnen und Arbeiten im Havelland


Die Baugruppe zieht aufs Land. Mit lokalen Handwerkern haben bromsky Architekten eine Ziegelscheune in Päwesin zum Refugium für Architekten und Künstler umgebaut.


Text: Kleilein, Doris, Berlin


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    DIe Außentreppe liegt auf einem neuen Betonträger auf, der von der Scheune zum Stall spannt
    Foto: Werner Huthmacher

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    DIe Außentreppe liegt auf einem neuen Betonträger auf, der von der Scheune zum Stall spannt

    Foto: Werner Huthmacher

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    Fassade zum Hof: Alle Bestandsöffnungen wurden erhalten, neue Fenster sitzen bündig im Mauerwerk
    Foto: Werner Huthmacher

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    Fassade zum Hof: Alle Bestandsöffnungen wurden erhalten, neue Fenster sitzen bündig im Mauerwerk

    Foto: Werner Huthmacher

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    Die ehemalige Tordurchfahrt als Gemeinschaftsraum – die angrenzenden Innenräume liegen 1,50 Meter unter dem Hofniveau
    Foto: Werner Huthmacher

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    Die ehemalige Tordurchfahrt als Gemeinschaftsraum – die angrenzenden Innenräume liegen 1,50 Meter unter dem Hofniveau

    Foto: Werner Huthmacher

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    Gartenansicht: Das Blechdach als moderne Variante der Schieferdeckung.
    Foto: Werner Huthmacher

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    Gartenansicht: Das Blechdach als moderne Variante der Schieferdeckung.

    Foto: Werner Huthmacher

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    Wohnung und Architekturbüro nutzen das 5,50 Meter hohe Volumen.
    Foto: Werner Huthmacher

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    Wohnung und Architekturbüro nutzen das 5,50 Meter hohe Volumen.

    Foto: Werner Huthmacher

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    Wohnatelier unter vorgefertigten Dachbindern, ...
    Foto: Werner Huthmacher

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    Wohnatelier unter vorgefertigten Dachbindern, ...

    Foto: Werner Huthmacher

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    ... Maleratelier. Die dunkelgrün gestrichene Decke liegt auf der alten Holzkonstruktion auf
    Foto: Werner Huthmacher

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    ... Maleratelier. Die dunkelgrün gestrichene Decke liegt auf der alten Holzkonstruktion auf

    Foto: Werner Huthmacher

Eigentlich sollte es nur ein Rückzugsort sein, daraus wurde ein Lebensprojekt. Ein brandenburgischer Dreiseithof stand zu verkaufen. Die betagten Besitzer wollten aus gesundheitlichen Gründen in die nahegelegene Stadt ziehen. Die erste Besichtigung im Winter 2011: Eiseskälte, vorne an der Straße das älteste Haus des Dorfes, eine Fischerkate von 1840, linkerhand die Stallungen, hinten die Scheune mit einem weiten Blick auf Wasser, Weiden, Havelland.
Wer sich unter einer Scheune einen Holzstadl vorstellt, war noch nie in Brandenburg. Scheunen, das sind mächtige, Respekt einflößende Ziegelquader, mit Lüftungsrauten und -schlitzen, manche noch mit traditioneller Schieferdeckung. Dicht an dicht stehen sie in zweiter Reihe und überragen die stuckverzierten preußischen Bürgerhäuser. Päwesin ist ein Scheunendorf, eine halbe Stunde von der Berliner Stadtgrenze entfernt, und doch weit weg von den Windparks und Outletcentern des Speckgürtels. Im 19. Jahrhundert war das Havelland die Ziegelbrennerei Berlins, Über- und Ausschussware wurde vor Ort verbaut. Straßen und Höfe sind mit Backstein gepflastert, so auch unser Hof: gelb-roter Ziegelbrand soweit das Auge reicht. Und Bestand gibt es, sehr viel Bestand. Allein die Scheune bietet Raum genug für die Baugemeinschaft. Die leere Hülle (22x 10x10 m), ein dunkler Innenraum, dessen Lehmböden beiderseits der Durchfahrt 1,50 Meter unter dem Hofniveau liegen, erwies sich als ideal für den Neuanfang. Rasch war klar: Wir teilen das Volumen durch drei und treffen uns in der Mitte – rechts der Tordurchfahrt das Maleratelier, links Architekturbüro und Ferienwohnung, unter dem Dach das Wohnatelier. Die Tordurchfahrt wurde gänzlich neu gefasst durch die flankierenden Innenfassaden und die Decke zum Dachgeschoss: ein Gemeinschaftsraum für die Sommernutzung, die alte Holzkonstruktion mit diagonaler Lattung ausgefacht. Boden und Tore blieben, wie sie waren.
Mit dieser Haltung – bauliche Eigenheiten aufnehmen und verstärken, Spuren sichtbar lassen – haben bromsky Architekten sich durch die Scheune gearbeitet. Die Typologie bietet Freiheiten wie ein Industriebau – und verbietet die Verniedlichung, das Zurechtstutzen aufs Mehrfamilienhaus. Die erste Baumaßnahme war der Abriss eines Taubenschlags, um eine Hoffassade für das eigene Büro und eine Nische für die Außentreppe zu gewinnen. Die Treppe stützt sich auf den Bestand: Ein Betonbalken verbindet Scheune und Stall, darauf lasten drei Fertigteile aus Beton, die an den Wänden entlang nach unten führen.
Das Prinzip Verzahnung bestimmt die gesamte Konstruktion der Scheune: Das neue Dach lastet auf dem alten Mauerwerk, die Decke zum Dachgeschoss auf der aufgemauerten Innenschale aus Hochlochziegeln. Zusammen mit der Kerndämmung messen die Wände zum Teil 50 Zentimeter: Man darf der Scheune den Kraftakt ihrer Ertüchtigung zum Wohnen ruhig ansehen. Auch die Fassade verzahnt zwei Ebenen: Die unregelmäßig gesetzten Fensteröffnungen zum Hof blieben erhalten. Großflächige neue Öffnungen wurden mit der Steinsäge ins Mauerwerk geschnitten, ihre Anordnung folgt dem Konstruktionsraster, die Fenster sitzen außenbündig. Die Fensterrahmen sind aus moosgrau lackiertem Holz, die Öffnungsflügel braungrau: Farbtöne aus dem Farbspektrum der Havellandziegel.
Eine gute Entscheidung der Baugruppe war: Ist eine robuste Struktur gefunden, kann sich jeder darin austoben. So sind drei Innenräume mit eigenem Charakter entstanden: Das Maleratelier als ein großer Raum von 5,50 Metern Höhe mit viel geschlossener Wandfläche, nur eine Schlafebene mit Badhütte gliedert das Volumen. Wohnung und Architekturbüro gegenüber orientieren sich am Raumplan mit ineinander übergehenden Nutzungen: Auf sieben Ebenen sind Küche, Büro, Bad, Essen und Schlafen angeordnet, verbunden mit Treppen und Leitern. Ganz oben: eine offene Halle unter vier mächtigen, vorgefertigten Dachbindern, an den Giebelwänden Schlafräume, Küche und Bad. Die breite Gaube wird zum Baumhaus: Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf die Tanne, deren Äste vom Balkon aus zu greifen sind.
Bauen ist der beste Weg, um auf dem Dorf anzukommen: Handwerker aus der Region haben ihr Wissen um lokale Bautechniken und Materialien eingebracht. Inzwischen arbeiten sie im bewährten Team an einem Berliner Projekt mit. Und auch in Päwesin wird der Bestand weiter erforscht: 2015 wurde das Vorderhaus entkernt.



Fakten
Architekten bromsky, Berlin
Adresse Fischerstraße 5, Päwesin


aus Bauwelt 1-2.2016
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