Der Gipfel des Berges funkelt ...
... doch sein Versprechen kann er nicht halten. Der Wettbewerb zur Neugestaltung des Loreley-Plateaus suchte nach einer zeitgemäßen Inszenierung für Landschaft, Kultur und Mythos des UNESCO-Weltkulturerbes
Text: Winterhager, Uta, Bonn
Der Gipfel des Berges funkelt ...
... doch sein Versprechen kann er nicht halten. Der Wettbewerb zur Neugestaltung des Loreley-Plateaus suchte nach einer zeitgemäßen Inszenierung für Landschaft, Kultur und Mythos des UNESCO-Weltkulturerbes
Text: Winterhager, Uta, Bonn
Wer die Loreley sucht, wird einen Felsen finden, der bei Rheinkilometer 555 rund 130 Meter steil aufragt. Der Fluss an seinem Fuß windet sich, wird schmal und tief, denn es hat ihn Kraft und Umwege gekostet, seinen Weg durch das Massiv des Rheinischen Schiefergebirges zu finden. Gefährliche Strömungen und verborgene Riffe brachten hier so viele Boote zum Kentern, dass die Legende eine Nixe dafür verantwortlich machte, die oben auf dem Felsen sitzend ihre langen goldenen Haare kämme und den Schiffern mit ihrem Gesang den Kopf verdrehe. Und es waren wohl auch diese großen Gefühle, die die Landschaft um den Loreleyfelsen schon früh zu einem jener deutschen Sehnsuchtsorte machten, die bis heute Besucher aus der ganzen Welt anziehen.
Auf dem Plateau aber ist von dem, was Brentano oder Heine einst so ergreifend in Worte gefasst haben, nur wenig zu spüren. Das Berghotel, das Turner- und Jugendheim, die Freilichtbühne, ein Campingplatz, ein Besucherzentrum und zuletzt eine Sommerrodelbahn sind seit den 1920er Jahren dort gebaut worden. Allerdings lassen nicht nur die einzelnen Bauten, sondern auch der Gesamteindruck des Plateaus eine Reaktion auf die mythischen, landschaftlichen oder kulturellen Qualitäten des Ortes vermissen. Das Obere Mittelrheintal, dessen „Markenzeichen“ die Loreley ist, wurde 2002 in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen. Und nicht erst seit dem Streit um die Dresdner Waldschlösschenbrücke ist bekannt, dass dieser Status sehr wohl auch wieder entzogen werden kann.
Der Planungsverband „Loreley“ der Verbandsgemeinde Loreley lobte deshalb im vergangenen Jahr einen Wettbewerb zur Neugestaltung des Loreley-Plateaus aus, an dem sich außer sieben gesetzten weitere 18 Teams, jeweils unter Federführung eines Landschaftsarchitekten, beteiligten. Ihre Aufgabe war es, ein räumliches und gestalterisches Gesamtkonzept für das rund 52 Hektar große Gebiet zu entwickeln, das sowohl der wirtschaftlichen und touristischen Bedeutung als auch der Wahrnehmung des Ortes als Naturdenkmal Rechnung trägt. Für den im Ideenteil auszuweisenden, etwa drei Hektar großen „zentralen Erlebnisraum“ des Plateaus sollte im Realisierungsteil des Verfahrens ein detailliertes Freiflächenkonzept ausgearbeitet werden.
Unter Vorsitz von Markus Neppl (Köln) vergab die Jury Mitte Dezember vier Preise und eine Anerkennung. Den 1. Preis erhielt die Erfurter Arbeitsgemeinschaft um baukonsult-knabe und plandrei Landschaftsarchitektur für den mutigsten der Entwürfe, der, so die Erwartung des Preisgerichts, „hohe mediale Aufmerksamkeit und Besucherimpulse auslösen wird“. Steile, baumbestandene Hänge sowie der als Weinberg getarnte Hotelneubau begrenzen das Plateau an seinen Längsseiten und bestimmen allein den Loreleyfels zum Ziel. Auf dem Weg dorthin liegt der Landschaftspark, in dem die Besucher nicht nur Ruhe, sondern auch Mythos und Drama der Romantik erfahren sollen. Auf zwei sehr unterschiedlich inszenierten Wegen können sie sich der Felsspitze nähern. Hinter dem ehemaligen Turnerheim, das in diesem Konzept als Kulturzentrum mit Café genutzt wird, beginnt ein mäandrierender Wiesenweg, der fünf kleine, verstreut in der Landschaft liegende, medial bespielte und kristallin geformte Baukörper verbindet, um schließlich dort, wo der größte von ihnen steht, auf den zweiten, den direkten Weg zu stoßen. Dieser ist zwar kürzer, aber als Spalte im Fels mit deutlich mehr Drama angelegt. Denn erst nach dem Durchschreiten dieser Klamm gelangen die Besucher zu der mit leisen Tönen romantischer Musik unterlegten Felslandschaft der Aussichtsterrasse. Überzeugt hat dieser Entwurf dadurch, dass er so unmittelbar auf die Landschaft reagiert und mit ihr arbeitet – die wohldosierte Portion Kitsch sorgt hier für die Nachhaltigkeit des Loreley-Erlebnisses.
Das mit dem 2. Preis ausgezeichnete Team um Hahn Hertling von Hantelmann Landschaftsarchitekten fasst das Gelände mit drei in ihrer Nutzungsintensität gestaffelten Erschließungsringen. Der größte Ring dient der Verkehrsinfrastruktur und umschließt eine Wiese, die bei Großveranstaltungen als Parkplatz genutzt werden kann. Auf ein Besucherzentrum verzichtet dieser Entwurf und implementiert die didaktischen Inhalte in die Gestaltung der Landschaft. So bildet der „Infowalk“ den zweiten Ring, der die Besucher mit einem Parcours aus Info- und Spielelementen rund um eine Parkwiese unterhält. Nach dem Durchschreiten des Felsens – in diesem Fall ist es das Untergeschoss des ehemaligen Berghotels – macht der „Panoramawalk“ die Aussicht über das Rheintal zu einem medial unterfütterten Naturerlebnis. Die Jury lobte die klare Gliederung, durch die sich die Plateauspitze zum „dramaturgischen Höhepunkt ... des Erlebnisses ‚Loreley‘ entwickelt“.
Die mit dem 3. Preis ausgezeichnete Arbeit des Teams um Lex Kerfers Landschaftsarchitekten betrachtete die Jury, „obschon wenig spektakulär, im Erlebnis anhaltend“. Ihre Adaption des romantischen Landschaftsparks als Kulturpark verzichtet auf eine strenge Ordnung zur Führung der Besucher, lockt sie mit Blicken, lässt sie unter Bäumen lustwandeln und nach zahlreichen Folies schließlich die erwartete Aussicht ins Rheintal von einem über den Fels kragenden Betonplateau entdecken.
Die Arbeitsgemeinschaft um bbz landschaftsarchitekten (4. Preis) schließlich entschied sich gegen die inszenatorische Übertragung der Mythologie. So sind es nur Bäume und Gehölze, die als Staffagen immer wieder neue Räume und Perspektiven entstehen lassen. In den Rand des leicht geneigten Plateaus an der Felsspitze ist schließlich ein Messingband mit einer Gravur des Loreley-Liedes eingelassen. Trotz der „spannungsreichen Freilegung ... der heute vielfach verstellten Kulturlandschaft“ empfand die Jury die Gestaltung der Plateauspitze als „nicht aussagekräftig genug“, um die geweckten Erwartungen zu erfüllen.
Einstufiger, nicht offener Ideen- und Realisierungswettbewerb
1. Preis baukonsult-knabe mit plandrei Landschaftsarchitektur, Stadtplanungsbüro Wilke und Pohl Architekten; Erfurt
2.Preis Hahn Hertling von Hantelmann Landschaftsarchitekten mit kleyer.kolbitz.letzel.freivogel Gesellschaft von Architekten, Christian Barthelmes und Matthias Grobe; Berlin
3.Preis Lex Kerfers Landschaftsarchitekten, Bockhorn, mit Morpho-Logic Architektur + Stadtplanung, München
4.Preis bbz landschaftsarchitekten, Berlin, mit Böhm Architekten, Potsdam, und Büro UmbauStadt, Berlin
Anerkennung Franz Reschke Landschaftsarchitektur, Berlin, mit Gruppe Planwerk Stadtplaner Architekten Ingenieure, Berlin
2.Preis Hahn Hertling von Hantelmann Landschaftsarchitekten mit kleyer.kolbitz.letzel.freivogel Gesellschaft von Architekten, Christian Barthelmes und Matthias Grobe; Berlin
3.Preis Lex Kerfers Landschaftsarchitekten, Bockhorn, mit Morpho-Logic Architektur + Stadtplanung, München
4.Preis bbz landschaftsarchitekten, Berlin, mit Böhm Architekten, Potsdam, und Büro UmbauStadt, Berlin
Anerkennung Franz Reschke Landschaftsarchitektur, Berlin, mit Gruppe Planwerk Stadtplaner Architekten Ingenieure, Berlin
Jury
Markus Neppl (Vorsitz), Henri Bava, Norbert Kloeters,
Thomas Metz, Frank Schwaibold (Fachpreisrichter);
Werner Groß, Ulrich Kleemann, Heinz-Peter Mertens,
Gunther Zeidler (Sachpreisrichter)
Markus Neppl (Vorsitz), Henri Bava, Norbert Kloeters,
Thomas Metz, Frank Schwaibold (Fachpreisrichter);
Werner Groß, Ulrich Kleemann, Heinz-Peter Mertens,
Gunther Zeidler (Sachpreisrichter)
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