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Die Lösung zerschlagen

Text: Sonne, Wolfgang, Dortmund

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Die Lösung zerschlagen

Text: Sonne, Wolfgang, Dortmund

2010 beschloss der Dortmunder Stadtrat, das Ostwallmuseum zu verkaufen, um die Kosten des U-Turms wenigstens teilweise zu kompensieren (Bauwelt 45.2010). Die Idee, hier ein Baukunstarchiv zu etablieren, eröffnete 2011 eine neue Perspektive für das Gebäude. Nun sorgten die Kammerpräsidenten in Düsseldorf mit einem einzigen Brief dafür, dass dem geschichtlich bedeutsamen Haus der Abriss droht und das Projekt Baukunstarchiv gefährdet ist.
Wie soll man die traurige Geschichte vom Baukunstarchiv NRW erzählen? Soll man damit beginnen, dass im Mai 2013 alles geregelt war, dass sich alle Partner über alle wesentlichen Fragen zur Einrichtung dieses Archivs im ehemaligen Museum am Ostwall in Dortmund eigentlich geeinigt hatten? Dass damit ein Kulturbau, der ein Jahrhundert lang als Kunstmuseum das Aushängeschild der Stadt war und in dem die legendären Dortmunder Architekturtage von Josef Paul Kleihues stattgefunden hatten, zur Verfügung stand? Dass dann urplötzlich – die Stadt wollte den Bau bereitstellen, das Land NRW die Renovierungskosten tragen, die TU Dortmund den wissenschaftlichen Betrieb gewährleisten und die Sammlung beisteuern, der Förderverein und viele andere Institutionen wollten die Sache finanziell und organisatorisch unterstützen – dass eben dann die selbsternannten Träger des Projekts, die Architektenkammer und die Ingenieurkammer Bau NRW, mit einem kompromisslosen Brief ihrer Präsidenten an die Stadt in letzter Sekunde aus dem Projekt ausgestiegen sind und damit wissentlich einen anstehenden Ratsbeschluss zum Verkauf und Abriss des Hauses provoziert haben? Kein Baukunstarchiv in NRW, keine bedeutenden Nachlässe in NRW und ein historisches Haus weniger – es lebe die Baukultur!
Oder soll man anders anfangen und die lange Vorgeschichte mit ihren markanten Wendepunkten und irrationalen Geheimnissen ausbreiten? Dann würde man wohl damit beginnen müssen, dass bereits 1995 die Universität Dortmund das Archiv für Architektur und Ingenieurbaukunst NRW, kurz: A:AI, gründete und seither betreibt; dass seit 2007 die Kammern an einem Baukunstarchiv NRW arbeiteten, dass damals ein Bauminister das Versprechen gab, die Baukosten zu tragen, wenn andere den Betrieb übernehmen. Man würde wohl fortfahren, dass nach anfänglichen Überlegungen für einen Standort auf Zollverein in Essen sich 2011 das leergezogene Museum am Ostwall in Dortmund anbot, ein Standort, der nicht nur als in der Innenstadt gelegener Kulturbau, sondern auch aufgrund seiner Nähe zur wissenschaftlichen Betreuung durch die TU Dortmund ungeahnte Vorzüge bot. Man müsste wohl leider die einer rationalen Diskussionskultur unwürdigen Standeskämpfe zwischen Rheinland und Westfalen erwähnen und viel traurigen Positionsdünkel, der einer sachlich naheliegenden Lösung jeden erdenklichen Knüppel zwischen die Beine warf. Wie anders ist es zu erklären, dass die Präsidenten der Kammern nun plötzlich für den Standort Dortmund die Hürde eines jährlichen Luxusbudgets aufbauten, das doppelt so hoch wie das aller vergleichbaren Einrichtungen in Deutschland liegt? Wie ist es zu verstehen, dass die Kammern sich nun als alleinige Betreiber apostrophierten – und doch jeweils nur knapp 3 Prozent des jährlichen Budgets beisteuern wollten (je 12.500 von 425.000 Euro)? Wie soll man die Tatsache deuten, dass der Förderverein, die TU Dortmund und die Stadt Dortmund in den letzten zwei Jahren zusätzliche Zusagen über einen Wert von mehr als 2 Millionen Euro eingeworben haben – die Kammern aber nicht einen einzigen Cent? Ja, dass sie sogar das Angebot einer weiteren Million zur Finanzierung des Betriebs ignoriert und gemeinsam avisierte Gespräche bei potentiellen Unterstützern auf die lange Bank geschoben und torpediert haben? Was soll man davon halten, dass ein vorliegendes Gutachten der Stadt zur Höhe der Umbaukosten des Hauses von den Kammern angezweifelt und mit einem nicht offengelegten Gegengutachten die Kosten in die Höhe getrieben wurden – hauptsächlich mit höheren Honorarforderungen auf Kosten des Steuerzahlers? Warum nur haben die Kammern ihre vielfältigen Informationskanäle für dieses von ihnen angeblich verfochtene Projekt nicht ein Mal genutzt, um zusätzliche Unterstützung bei ihren Mitgliedern zu gewinnen? Man müsste diese Geschichte wohl damit enden, dass die Kammerpräsidenten in ihrem Absagebrief lediglich die Finanzierung angezweifelt haben, obwohl eine realistische Berechnung des Betriebs ohne Restrisiko auf amtlichem Papier vorlag – und dies gar von Seiten des „Vermieters“, der letztendlich alle künftigen Risiken zu tragen gehabt hätte.
Oder sollte man ganz anders vorgehen und die Vielzahl der Institutionen und Personen nennen, die das Baukunstarchiv NRW am Standort Ostwall in Dortmund unterstützt haben und die nun alle von den Kammerpräsidenten verprellt wurden? Neben dem Land und der Stadt, der TU Dortmund und dem Landschaftsverband, vielen Architekten und Ingenieurverbänden vom BDA bis zum Architekturforum Rheinland, der Föderation aller deutschen Architektursammlungen bis zur internationalen Vereinigung der Architekturmuseen, der Handwerkskammer und der Reinoldigilde, einem breiten Bürgerengagement von vielen Unternehmen bis zu Privatpersonen sind dies nicht zuletzt die – oft namhaften – Vor- und Nachlassgeber. Sie alle stehen nun durch den Kammerbrief vor einem Scherbenhaufen. Wer dies zu verantworten hat, kann nicht mehr glaubwürdig das Wort Baukultur im Munde führen.
Oder sollte man nur ganz kurz und knapp darauf hinweisen, dass bis auf die beiden Kammerpräsidenten alle anderen Partner das Baukunstarchiv NRW nach wie vor in Dortmund und am besten am Ostwall realisieren wollen? Dass alle gewonnenen Unterstützungszusagen noch bestehen? Dass es nur darauf ankommt, aus denen, die in den letzten Jahren wirklich Engagement und Verlässlichkeit bewiesen haben, eine starke Koalition für das Baukunstarchiv NRW zu schmieden – eine Koalition, bei der nicht der selbsternannte Fahrer ständig auf der Bremse steht? Vielleicht besteht, wenn man die Geschichte so schreiben würde, doch noch die Hoffnung, dass wichtige baukulturelle Dokumente des Landes nicht verloren gehen, sondern sich das Land – am besten mit den Kammern – seiner kulturbewahrenden Verantwortung stellt und ein starkes und weithin sichtbares Baukunstarchiv NRW mit vielen wunderbaren Ausstellungen auf den Weg bringt. Das Geld für einen Anfangsbetrieb ist da – und bei sehr vielen auch der Wille.

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