Ein anderes Verfahren
Boris Schade-Bünsow hätte sich ein denkmalkonformes Verfahren für die Zukunft von TXL gewünscht
Text: Schade-Bünsow, Boris, Berlin
Ein anderes Verfahren
Boris Schade-Bünsow hätte sich ein denkmalkonformes Verfahren für die Zukunft von TXL gewünscht
Text: Schade-Bünsow, Boris, Berlin
TXL, der Flughafen Berlin-Tegel, ist seit 1974 im Betrieb, 2012 sollte er vom Netz gehen. Die Nachnutzung für den Fall, dass der Flugbetrieb doch einmal eingestellt wird, ist seit langem geplant und soll für die Hauptstadt wirtschaftlich extrem lukrativ sein. Durch den Aufbau des Forschungs- und Industrieparks Berlin TXL soll bis 2037 eine zusätzliche Wirtschaftsleistung bis zu 4,6 Mrd. Euro möglich sein. Die Beuth Hochschule möchte mit ihrem Campus Kern der entstehenden „Urban Tech Republic“ werden. Dafür muß das Hauptgebäude radikal umgebaut werden. Dieses wird von agn Niederberghaus & Partner geplant. Der Beauftragung ging ein dubioses Verfahren mit drei eingeladenen Büros voraus, darunter auch gmp, deren Erfolgsgeschichte mit dem Bauwerk begann. Einen Architekturwettbewerb für den 140 Mio. Euro teuren Umbau gab es nicht. Das architektonisch einmalige an dem sechseckigen, ringförmigen Hauptgebäude des Flughafens ist seine Vorfahrt. Sie erlaubt die Einfahrt in den Innenring. Direkt auf der gegenüberliegenden Seite des Flugplatzvorfeldes steigen die Passagiere aus, betreten den Flughafen, geben ihr Gepäck ab, verlassen das Gebäude auf der Flugfeldseite und betreten das Flugzeug. Ganze 22 Meter haben sie dabei im Idealfall zurückgelegt, kürzer geht es nimmer. Das gesamte Gebäude inklusive der Innenausstattung und der Möblierung ist von dieser grandiosen Idee geprägt. Der Flughafen ist aber nicht nur architektonisch bedeutend. Historisch war TXL in der Zeit der Teilung von Berlin ein Symbol für den Anschluß an Westdeutschland. Deswegen ist er im Standardwerk „Wegweiser zu den deutschen Kunstdenkmälern“ gelistet und der Berliner Landesdenkmalrat empfiehlt folgerichtig in seiner Sitzung am 27. April das Erstwerk von Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg in die Berliner Denkmalliste einzutragen. Das ist bisher nicht geschehen. Der Entwurf von agn sieht vor, die architektonisch prägende Vorfahrt abzureißen, um Tageslicht in die Untergeschosse zu leiten. Mit den Auflagen der Denkmalpflege ist dies nicht vereinbar. Deswegen macht es aus wirtschaftlicher Sicht für Berlin Sinn, dem Bauwerk seine Denkmalwertigkeit abzusprechen, um die Nachnutzung nicht zu gefährden. Aus baukultureller Sicht macht das aber gar keinen Sinn.
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