Große Köpfe
Sebastian Redecke erinnert sich an Good Bye, Lenin!. Jetzt wartet er auf ein neues Kapitel, denn große Köpfe kommen gerne wieder anderswo zum Vorschein
Text: Redecke, Sebastian, Berlin
Große Köpfe
Sebastian Redecke erinnert sich an Good Bye, Lenin!. Jetzt wartet er auf ein neues Kapitel, denn große Köpfe kommen gerne wieder anderswo zum Vorschein
Text: Redecke, Sebastian, Berlin
Große Köpfe stoßen immer Mal wieder auf Interesse, auch wenn sie aus ukrainischem, leicht rötlichem Kapustino-Granit gemeißelt sind. Der Kopf, von dem hier die Rede ist, entstand 1970, damals gab es noch die Sowjetrepublik der Ukraine. Er soll 3,5 Tonnen wiegen und sah eigentlich gar nicht so schlecht aus. In jedem Fall waren Lenins markante Gesichtszüge, mit dem Schnauzbart, vom Bildhauer Nikolai Tomski gut herausgearbeitet worden. Lenin stand in kompletter Statur, 19 Meter groß, das Gesamtgewicht kann man nur erahnen, auf einem hohen Sockel am Ostberliner Lenin-Platz, der heute Platz der Vereinten Nationen heißt. Die Statue ist verschwunden. Der Ort bekam 1994 einen Sprudelbrunnen als Ersatz, mit ebenfalls tonnenschweren Findlingen, entworfen vom Grünflächenamt.
Zu einer der vielen undurchsichtigen Berliner Geschichten der damaligen Zeit gehört, dass dieser Kopf mitsamt der übrigen rund 120 Steinbrocken des Lenindenkmals nach der Demontage 1991 in einem Waldstück in Müggelheim bei Köpenick verbracht wurde. Warum eigentlich dorthin? Warum Lenin, gefertigt vom damaligen Präsidenten der Akademie der Künste in Moskau, einfach so wegkippen? Man hätte ja auch ukrainisches Kapustino-Mehl draus machen und der Produktion von besonderem Beton beimengen können. Jetzt ist zu erfahren, dass niemand mehr weiß, wo genau die Brocken in dem Waldgebiet zu finden sind. Wie kann das sein? Es muss sich doch einer der Arbeiter, die auf Entscheid von irgendwem den Abbruch und den Transport vorgenommen haben, erinnern können. Wir berichteten in Bauwelt-Heft 8.1993 mit dem Thema „Überlebensgroß“ von dieser Statue. Damals hatten wir bedauert, dass für Lenin kein US-Millionär in Sicht war, um ihn zu verschiffen und in Milwaukee, Tuscon oder Reno wieder zusammen zu setzen.
Jetzt kam man auf die Idee, zumindest den Kopf für in der Dauerausstellung Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler in Berlin-Spandau ab Frühjahr nächsten Jahres zu zeigen. Gelder wurden freigegeben um die Suche nach dem Kopf aufzunehmen, ihn zu reinigen und zu transportieren. Geschichte hätte wieder einen Kopf mehr. Man muss nur noch im Sand von Müggelheim fündig werden.
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