In der Schlossbäckerei
Humboldtforum
Text: Ballhausen, Nils, Berlin
In der Schlossbäckerei
Humboldtforum
Text: Ballhausen, Nils, Berlin
Pressefrühstück in der „Schlossbauhütte“, wo die Schmuckelemente für das Humboldtforum angefertigt werden. Was gibt es Neues von unserer Lieblingsbaustelle?
In Manfred Rettig hat die „Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum“, die als Bauherrin fungiert, den idealen Vorstandssprecher gefunden. Er wirkt über alle wesentlichen wie unwesentlichen Dinge informiert und kann unterhaltsam erzählen. Jetzt zum Beispiel hält er einen schwarzen Brocken in die Höhe, eines der zahlreichen Kohlestücke, auf die man bei den Erdarbeiten im Berliner Ursumpf stieß. Nun muss nachgebohrt werden, damit die unterste Betonsohle stabil eingespritzt werden kann. Die Kosten steigen deshalb um 450.000 Euro, bleiben aber im Rahmen. Solche Schnurren kann man sich inzwischen leisten, da das Gesamtbudget von 590 Mio. Euro beschlossene Sache ist. Rettig, der den Regierungsumzug von Bonn nach Berlin organisierte, ist der Gegenentwurf zu Wilhelm von Boddien, Geschäftsführer des „Fördervereins Berliner Schloss“. Dessen Auftritte gelten als unberechenbar, viele seiner ehrenamtliche Helfer wirken wie eine Mischung aus Messdiener und Türsteher.
Als Schlossbauhütte dient eine ehemalige Fahrzeughalle, weitab vom Schlossplatz in einem Spandauer Gewerbegebiet gelegen. Die Stiftung hat sie seit 2011 von der Bundesimmobilienanstalt gemietet, um dort alle Schmuckelemente des Humboldtforums zu konzentrieren. Neben den zahlreichen Replikaten, die der Förderverein in seiner Vorfreude bereits hatte anfertigen lassen, sind das auch jene Originalteile, die nach dem Abriss des Schlosses im Jahr 1950 in Museumsdepots eingelagert waren oder als Spolien durch die Stadt vagabundierten und zum Beispiel in öffentlichen Grünanlagen ihr vermeintliches Endlager gefunden hatten, etwa als Blumenkübel. Die meisten der alten Stücke sind heute zu wertvoll (oder zu wenig DIN-gerecht), um wieder eingebaut zu werden.
Für die 2000 neuen Zierstücke müssen etwa 300 unterschiedliche Modelle hergestellt werden: 8 Skulpturen, 13 Säulenkapitelle, 8 Widderköpfe, 32 Adler, 6 Bukranien, 71 Metopen, 6 Wappenschilde und 144 sonstige Teile wie Muscheln, Reliefs, Konsolen, Kartuschen usw. Knapp die Hälfte davon ist bereits fertig. Die Motive werden – meist anhand historischer Fotografien – aus Ton nachgebildet. Davon wird eine Silikonform abgenommen. In diese füllt man Gips ein. Das so entstandene Gipsmodell übertragen die Steinmetze mit Punktiergerät, Eisen und Hammer in Sandstein. Jeder Auftrag wird vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung ausgeschrieben und an Freischaffende vergeben. Das Material bringt jeder Bildhauer selbst mit, dadurch werde verhindert, heißt es, dass die Schmuckelemente „fabrikmäßig“ erscheinen. Um das Gipsmodell eines Adlers herzustellen, benötigen die Bildhauer ungefähr dreieinhalb Monate; vom Gips- zum Steinadler dauere es dann noch einmal so lange, erklärt uns Bertold Just, der Leiter der Schlossbauhütte.
Die Kosten für die Schmuckelemente werden noch immer mit 80 Mio. Euro beziffert und sollen ausschließlich durch Spenden gedeckt werden; 8,5 Mio. Euro sind momentan als Barmittel vorhanden. Kleinspender sollen künftig ausschließlich vom Förderverein angeworben werden, während die Stiftung sich um die Akquisition von Großspendern kümmern wird. Manfred Rettig steht derzeit in Gesprächen mit einem älteren Ehepaar („Nicht aus Berlin, mehr darf ich Ihnen nicht sagen!“), das erwägt, sich an den noch fehlenden 28,5 Mio. Euro für drei Innenportale und die Kuppel zu beteiligen.
Holzauktion
Wie man Schlossteile schneller zu Geld machen kann und dabei zeitgemäßen „Re-use“ betreibt, demonstriert die Firma RWG1 Baustoffrecycling GmbH, die im vergangenen Jahr als Subunternehmer rund 2000 Gründungspfähle des Originalschlossfundaments aus dem feuchten Erdreich gezogen hat und diese nächsten Monat in einer Sonderauktion versilbern wird. Laut Gutachten eignen sich die über 300 Jahre alten Hölzer – Kiefer und Eiche – nach fachgerechter Trocknung für den Möbelbau oder dekorative Zwecke. Auktionslimit je nach Güte und Länge: zwischen 298 und 714 Euro. Für gewerbliche Weiterverarbeiter wie Furnierhersteller werden größere Partien zusammengestellt. Der beauftragte Auktionator hält es angesichts der großen Nachfrage aus der gesamten Republik für möglich, dass sich das kumulierte Auktionslimit von einer Million Euro nach dem letzten Zuschlag auf einen Erlös von zwei Millionen verdoppelt haben wird. Die Schlossstiftung erhielt vorab zehn Pfähle für das „Archäologische Fenster“ im Humboldtforum. Warum kam dort eigentlich niemand auf die Idee mit der Holzauktion?
Die Stiftung muss sich solch eine kaufmännische Haltung offenbar erst noch zulegen. Warum denn eigentlich nur für den Eigenbedarf produzieren? Warum nicht Adler, Widder und Metopen in Großserie fertigen und an barock-affine Endverbraucher verkaufen? Das Fundraising könnte mit dem Motto „zwei bezahlen, eins zu Hause aufhängen“ ganz neuen Schwung gewinnen. Leider ist „Schlossplätzchen“ als Markenname schon vergeben.
Als Schlossbauhütte dient eine ehemalige Fahrzeughalle, weitab vom Schlossplatz in einem Spandauer Gewerbegebiet gelegen. Die Stiftung hat sie seit 2011 von der Bundesimmobilienanstalt gemietet, um dort alle Schmuckelemente des Humboldtforums zu konzentrieren. Neben den zahlreichen Replikaten, die der Förderverein in seiner Vorfreude bereits hatte anfertigen lassen, sind das auch jene Originalteile, die nach dem Abriss des Schlosses im Jahr 1950 in Museumsdepots eingelagert waren oder als Spolien durch die Stadt vagabundierten und zum Beispiel in öffentlichen Grünanlagen ihr vermeintliches Endlager gefunden hatten, etwa als Blumenkübel. Die meisten der alten Stücke sind heute zu wertvoll (oder zu wenig DIN-gerecht), um wieder eingebaut zu werden.
Für die 2000 neuen Zierstücke müssen etwa 300 unterschiedliche Modelle hergestellt werden: 8 Skulpturen, 13 Säulenkapitelle, 8 Widderköpfe, 32 Adler, 6 Bukranien, 71 Metopen, 6 Wappenschilde und 144 sonstige Teile wie Muscheln, Reliefs, Konsolen, Kartuschen usw. Knapp die Hälfte davon ist bereits fertig. Die Motive werden – meist anhand historischer Fotografien – aus Ton nachgebildet. Davon wird eine Silikonform abgenommen. In diese füllt man Gips ein. Das so entstandene Gipsmodell übertragen die Steinmetze mit Punktiergerät, Eisen und Hammer in Sandstein. Jeder Auftrag wird vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung ausgeschrieben und an Freischaffende vergeben. Das Material bringt jeder Bildhauer selbst mit, dadurch werde verhindert, heißt es, dass die Schmuckelemente „fabrikmäßig“ erscheinen. Um das Gipsmodell eines Adlers herzustellen, benötigen die Bildhauer ungefähr dreieinhalb Monate; vom Gips- zum Steinadler dauere es dann noch einmal so lange, erklärt uns Bertold Just, der Leiter der Schlossbauhütte.
Die Kosten für die Schmuckelemente werden noch immer mit 80 Mio. Euro beziffert und sollen ausschließlich durch Spenden gedeckt werden; 8,5 Mio. Euro sind momentan als Barmittel vorhanden. Kleinspender sollen künftig ausschließlich vom Förderverein angeworben werden, während die Stiftung sich um die Akquisition von Großspendern kümmern wird. Manfred Rettig steht derzeit in Gesprächen mit einem älteren Ehepaar („Nicht aus Berlin, mehr darf ich Ihnen nicht sagen!“), das erwägt, sich an den noch fehlenden 28,5 Mio. Euro für drei Innenportale und die Kuppel zu beteiligen.
Holzauktion
Wie man Schlossteile schneller zu Geld machen kann und dabei zeitgemäßen „Re-use“ betreibt, demonstriert die Firma RWG1 Baustoffrecycling GmbH, die im vergangenen Jahr als Subunternehmer rund 2000 Gründungspfähle des Originalschlossfundaments aus dem feuchten Erdreich gezogen hat und diese nächsten Monat in einer Sonderauktion versilbern wird. Laut Gutachten eignen sich die über 300 Jahre alten Hölzer – Kiefer und Eiche – nach fachgerechter Trocknung für den Möbelbau oder dekorative Zwecke. Auktionslimit je nach Güte und Länge: zwischen 298 und 714 Euro. Für gewerbliche Weiterverarbeiter wie Furnierhersteller werden größere Partien zusammengestellt. Der beauftragte Auktionator hält es angesichts der großen Nachfrage aus der gesamten Republik für möglich, dass sich das kumulierte Auktionslimit von einer Million Euro nach dem letzten Zuschlag auf einen Erlös von zwei Millionen verdoppelt haben wird. Die Schlossstiftung erhielt vorab zehn Pfähle für das „Archäologische Fenster“ im Humboldtforum. Warum kam dort eigentlich niemand auf die Idee mit der Holzauktion?
Die Stiftung muss sich solch eine kaufmännische Haltung offenbar erst noch zulegen. Warum denn eigentlich nur für den Eigenbedarf produzieren? Warum nicht Adler, Widder und Metopen in Großserie fertigen und an barock-affine Endverbraucher verkaufen? Das Fundraising könnte mit dem Motto „zwei bezahlen, eins zu Hause aufhängen“ ganz neuen Schwung gewinnen. Leider ist „Schlossplätzchen“ als Markenname schon vergeben.
0 Kommentare