Jürgen Sawade 1937–2015
Text: Rumpf, Peter, Berlin
Jürgen Sawade 1937–2015
Text: Rumpf, Peter, Berlin
1957, Interbau in Berlin. Le Corbusier war eingeladen, aber seine „Unité“ passte wegen ihrer Ausmaße nicht ins Hansaviertel. Sie wurde ans Olympiastadion ausgelagert. Ein junger Mann, der als Praktikant dort am Bau erste Berufserfahrungen sammelte, war Jürgen Sawade, als einer von 200 Arbeitern. Höhepunkt der 18 Monate war der Besuch von LC – schwarze Kleidung, schwarzer Hut, schwarze, runde Brille. Es blieb der einzige des Meisters. Sawade hingegen blieb dem Corbusier-Haus treu, bezog später eine kleine Einheit, mietfrei gegen Führungen durchs Objekt: Sepp Ruf, Julius Posener, Egon Eiermann und viele Kollegen und Interessierte.
Wer Jürgen Sawade kannte, also nahezu alle Berliner Architekten, wird sich an den hoch gewachsenen, ja barocken Mann erinnern, an die wohltönende Stimme und sein gewinnendes Wesen. Und er wird sein Werk kennen, das wie kaum ein anderes der 70er bis 90er Jahre an seinen jeweiligen Standorten die Umgebung prägt. Eine Großstadtarchitektur im besten Sinne, wie sie kaum einer seiner Kollegen gewagt hat – außer vielleicht Sawades Lehrer, Oswald Mathias Ungers. Es werden die Jahre 1966–69 gewesen sein, als Ungers’ Assistent an der TU Berlin, die ihn gelehrt haben, eine Bauaufgabe bis auf ihren rationalen Kern hin zu analysieren, alles Beiwerk wegzulassen und die Klarheit der Form und des Materials in Wirkung zu setzen.
Als Beispiele seien aufgeführt: die schräg angeschnittenen, vollflächig mit Wintergärten geglätteten Wohnhäuser an der Lewishamstraße, womit der Nachkriegsdurchbruch wieder neu gefasst wird; das verspiegelte Wohnhaus am Kaiserdamm hoch über der S- und Autobahnschlucht; die zehn-geschossige Bastion am Karlsbad, Ecke Potsdamer Straße mit ihren über 100 gleichen Fenstertüren; die mächtige Überbauung der Pallasstraße in Schöneberg – für die Sawade unverdient viel Prügel einstecken musste; das elegante Hotel „Esplanade“ am Landwehrkanal. Als Sonder- und ausgesprochener Glücksfall darf die von ihm initiierte Revitalisierung des Universum-Komplexes für die „Schaubühne“ nicht vergessen werden.
2003 gab Jürgen Sawade sein über 30 Jahre geführtes Büro auf. Und es wurde still um ihn. Am 21. Januar ist er in Berlin gestorben.
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