Päpste leben gefährlich
Sebastian Redecke erinnert sich an die hohen Mauern des Vatikans und sieht ein mögliches Bauprojekt
Text: Redecke, Sebastian, Berlin
Päpste leben gefährlich
Sebastian Redecke erinnert sich an die hohen Mauern des Vatikans und sieht ein mögliches Bauprojekt
Text: Redecke, Sebastian, Berlin
Vor über dreißig Jahren hatte ich das Glück, einen Teil meines Architekturstudiums in der Ewigen Stadt zu absolvieren. Es blieb natürlich nicht aus, auch den Heiligen Stuhl näher kennenzulernen. Ich begeisterte mich weniger für das merkwürdig proportionierte, reich vergoldete Langhaus von St.Peter als für die Vatikanischen Museen und besonders für die Kolonnaden des Querovals von Bernini. Auf dem Territorium des Vatikans herumzugehen blieb mir allerdings verwehrt. Damals war viel von der Vatikanbank die Rede. Man hörte von dubiosen Geldgeschäften in aller Welt. Korruption und Geldwäsche hinter den Mauern des Vatikans! Die Vatikanbank brauchte größere und modernere Räume. Ich erinnere mich, dass ein römischer Architekt diesen lukrativen Auftrag erhielt. Über die Planungen selbst gelangte nichts an die Öffentlichkeit. Die Kirchenfürsten versorgten einen immer gleichen, privilegierten Kreis aus Rom mit Aufträgen – dazu gehörte auch dieser unscheinbare Architekt aus einem der alten Palazzi der Stadt, den niemand richtig kannte. Er wurde argwöhnisch beäugt, aber auch extrem beneidet. Allzu gern hätte ich mehr über das Projekt des Architekten gewusst. Aussichtslos. Die Porta Sant’Anna des Vatikans blieb verschlossen.
Nun, gut dreißig Jahre später, traue ich meinen Augen nicht. Den abgeschotteten, undurchschaubaren Kreis „gläubiger Bankiers“ gibt es nicht mehr. Der freundliche Papst Franziskus hat hart durchgegriffen und sie alle weggeschickt. Dafür hat er Kardinal George Pell aus Sidney als Chef eines neuen „Finanzministeriums“ eingesetzt. Es soll etwas anderes aus dem Bankhaus der Kirche entstehen. Sicher, der Vatikan ist ein Staat und braucht Geld, aber seine alten Strukturen, die mit den blendend von ihnen profitierenden Strukturen außerhalb der Mauern verbandelt waren, sind wohl zerschlagen. Franziskus setzte Ende Dezember noch einen drauf. Auf der letzten Sitzung der Kurie ging er mit den Anwesenden hart ins Gericht. Er sprach von „mentaler Erstarrung“ und „spirituellem Alzheimer“ beim Heiligen Stuhl. Diese Radikalität ist die einzige Chance der Katholischen Kirche, heute in Rom glaubwürdig und ehrlich zu wirken. Und für die Umbauten zum Finanzministerium erwarten wir einen offenen Wettbewerb.
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