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Lieber Libeskind

Bauwelt-Redakteur Sebastian Redecke hat einige Fragen an einen Weltstar und kritischen Beobachter der Architektur

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

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Lieber Libeskind

Bauwelt-Redakteur Sebastian Redecke hat einige Fragen an einen Weltstar und kritischen Beobachter der Architektur

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

Lieber Daniel Libeskind, Sie haben viele richtige Dinge zu Berlin gesagt. Dafür gebührt Ihnen Dank! Im „Tagesspiegel“ vom 24. Januar war zu lesen, dass Sie die Bebauung am Hauptbahnhof schrecklich finden. Durch „Ideenarmut und Konzeptlosigkeit“ sei der Potsdamer Platz, wie andere neue Quartiere auch, nicht lebendig, wirke steril. Sie bedauern, dass die Masterpläne von Technokraten und Bürokraten erstellt werden. Sie bedauern zu Recht, dass sich der allgemeine Diskurs vor allem um das Schloss dreht: „Wie enttäuschend für eine Gesellschaft, die Goethe, Schiller, von Humboldt und Scharoun hervorgebracht hat.“ Dann geraten Sie ins Schwärmen. „Großartige Städte haben in der Vergangenheit diese Vielfalt zugelassen, diesen Reichtum an Platz, diesen Charakter von vielfältigem Leben in schönen Straßen.“ Sie begeistern sich sogar für die Renaissance, in der „Künstler wie Michelangelo oder Raffael öffentliche Plätze gestaltet haben“. Nun ja.
Kritik an der Stadt ist berechtigt. Ihr Wort hat Gewicht. Doch kritisiert ein Architekt Architektur, lenkt das den Blick unweigerlich auch auf dessen eigenes Werk. Ich kann nicht umhin Sie zu fragen, was Ihre neuen „Tanzenden Türme“ in Mailand, ein abgeschirmter Komplex mit Luxuswohnungen für CityLife, der Stadt gegeben haben? Ich denke, leider nichts. Sie bleiben Fremdkörper und sehen ziemlich hässlich aus. Auch die Luxus-Dancing-Towers einer ganz anderen Dimension, die Sie sich für Seoul wünschen, sollen ohne jeden Bezug zur Stadt stehen. Ich frage mich auch, was Ihr krummer Złota-Turm mit dem Quartier drum herum Warschau geschenkt hat. Im Herzen der Stadt steht jetzt ein monströses Wohn-, Büro- und Kommerzquartier, das an Planungen der 70er Jahre erinnert. Und man kann sich natürlich auch fragen, ob Ihre Kö-Bogen Shopping- und Büroblöcke in Düsseldorf und, ganz aktuell, der geplante Luxus-Apartmentblock „Sapphire“ an der Berliner Chausseestraße, die Stadt bereichern.
Sie selbst arbeiten in Downtown Manhattan. Auch dort gibt es Plätze ohne Leben. Dort herrscht das Kapital. Ihre eigenen Bauten mögen die Signalwirkung haben, die Sie vermissen,
sie mögen mutig aus dem Üblichen ausbrechen und Dynamik suggerieren, aber für die Lebendigkeit einer schönen Stadt, die Sie andernorts vermissen, sind sie belanglos.

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