Was machen eigentlich Kollektive?
Nach dem Architekturstudium direkt ins Architekturbüro!? Nicht unbedingt. Zwei Kollektive erzählen über Arbeitsweisen, Herausforderungen und Herzblut
Text: Flagner, Beatrix, Berlin
Was machen eigentlich Kollektive?
Nach dem Architekturstudium direkt ins Architekturbüro!? Nicht unbedingt. Zwei Kollektive erzählen über Arbeitsweisen, Herausforderungen und Herzblut
Text: Flagner, Beatrix, Berlin
Wie würdet ihr ON/OFF und DIESE Studio in einem Wort beschreiben?
Dan Dorocic (ON/OFF) Wenn wir sagen, dass wir ein Kollektiv sind, wollen die meisten Leute wissen, ob wir eine Art Architektur- oder Kunstverein sind; wir definieren uns daher als eine Gruppe von Kreativen, die zusammenarbeiten.
Anika Neubauer (ON/OFF) Wir hatten ein Kirchenprojekt, da konnte sich die Gemeinde nichts darunter vorstellen. Deswegen waren wir da das “Architekturbüro ON/OFF”.
Jonas Huhn (DIESE Studio) Wir arbeiten sehr viel an kulturbezogenen Projekten im Rhein-Main-Gebiet, da ist „Kollektiv“ generell ein positiv geprägter Begriff. Bisher haben wir daher noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Bei kommerzielleren Projekten wirft unser Auftreten als Kollektiv manchmal noch Fragen auf.
Arne Schneider (DIESE Studio) Entstanden sind wir aus der gemeinsamen Arbeit im Kulturverein das blumen e.V., bei dem wir in der gleichen Konstellation ehrenamtlich dabei waren. Ich würde uns deswegen als ein kollektivbasiertes Studio bezeichnen.
Könnt ihr mit dem Klischee aufräumen, dass man in einem Kollektiv den ganzen Tag nur zusammensitzt, diskutiert, raucht und Kaffee oder Bier trinkt?
Arne Nein, wir kochen auch gern (lacht).
Anika Ich versuch es mal: Wir würden fast sagen, dass unser Workload viel größer ist, als im klassischen Büro. Mit viel Disziplin erforschen wir alternative Methoden der Zusammenarbeit, um auf den wirtschaftlichen, sozialen und demographischen Wandel zu reagieren. Wieso? In unserer von der Babyboomergeneration dominierten deutschen Arbeitswelt ist es für Leute in unserem Alter schwierig überhaupt einen sicheren Arbeitsplatz zu bekommen, wenn man nach zwei, vier oder sogar sieben Jahren aus einem Büro entlassen wird, nur um mit günstigeren Arbeitskräften ersetzt zu werden. Diejenigen, die eigene Büros gründen, werden nach kurzer Zeit im Wettbewerbsmühlwerk zerrieben.
Arne Nein, wir kochen auch gern (lacht).
Anika Ich versuch es mal: Wir würden fast sagen, dass unser Workload viel größer ist, als im klassischen Büro. Mit viel Disziplin erforschen wir alternative Methoden der Zusammenarbeit, um auf den wirtschaftlichen, sozialen und demographischen Wandel zu reagieren. Wieso? In unserer von der Babyboomergeneration dominierten deutschen Arbeitswelt ist es für Leute in unserem Alter schwierig überhaupt einen sicheren Arbeitsplatz zu bekommen, wenn man nach zwei, vier oder sogar sieben Jahren aus einem Büro entlassen wird, nur um mit günstigeren Arbeitskräften ersetzt zu werden. Diejenigen, die eigene Büros gründen, werden nach kurzer Zeit im Wettbewerbsmühlwerk zerrieben.
Wie ist eure Arbeitsweise?
Jonas Wir arbeiten noch viel analog: skizzieren, Modell bauen, ausprobieren. Es gibt zu Beginn selten eine klare Aufgabenverteilung sondern jeder fängt mit dem Bereich an, der ihn am meisten interessiert. Da kann es auch schon mal sein, dass einer stundenlang den Baumarkt nach passenden Materialien durchsucht.
Anika Was uns von klassischen Büros unterscheidet ist wohl, dass wir all das, was wir entwerfen, am Ende auch selbst bauen und Aktionen durchführen. Beim „Great Escape“, der sich mit der Flüchtlingsdebatte in Europa auseinandersetzt, mussten wir eine Struktur entwickeln, die kompakt transportiert werden und sich gleichzeitig großzügig entfalten kann. Was am deutlichsten in Erinnerung bleibt, sind die Tage zwischen den Aktionen. Für eine Nacht wurden wir von einer syrischen Flüchtlingsfamilie aufgenommen. An einem anderen Tag hat uns ein Landwirt, seinen Generator geschenkt, da unserer kaputt gegangen ist. Genau diese Erfahrungen treiben uns an.
Eure Arbeiten sind etwas zwischen Architektur, Objekt, Design, Szenografie, Installation. Gibt es einen gemeinsamen Nenner?
Jonas Der gemeinsame Nenner all unserer Projekte ist, dass wir Leute an einem Ort zusammenbringen. Wir machen keinen Stuhl, der nur ein Designobjekt ist…
Arne …sondern der Stuhl soll so schnell wie möglich benutzt werden.
Anika Um das Bild aufzugreifen: Wir bauen Stühle gemeinsam mit Leuten. Wir grenzen nicht aus, sondern arbeiten gegen Schubladendenken.
Dan Unsere Projekte sind deshalb immer auch politisch und loten Nutzungsrechte im gemeinschaftlichen Raum aus. Wir erproben so neue Methoden, was unsere Projekte und uns miteinander verbindet.
Beinahe alle Projekte sind temporär. Gibt es die Sehnsucht nach dem Dauerhaftem?
Dan Wir haben im Januar das Buch „Co-Machines – The Mobile Disruptive Architecture Handbook“ publiziert, das ist dauerhaft, darin konnten wir unsere Ideen festhalten. Etwas dauerhaft Gebautes schließen wir nicht aus.
Jonas Was ist dauerhaft? Die Chance bei unseren temporären Projekten besteht darin, einen längerfristigen Prozess loszutreten, der über die eigentliche Dauer der Intervention bestand hat. Seitdem es den Kulturverein das blumen e.V. in Darmstadt gibt, sind mehrere kulturelle Initiativen aufgeploppt. Ich denke, das ist das, was wir längerfristig wollen. Keine dauerhafte Architektur in dem Sinne, sondern eine Einstellung zu gewissen Dingen die man mitgeformt hat.
Pavillons, Veranstaltungen, Festivals: Das meiste findet vornehmlich im Sommer statt. Ist dann merklich Hochsaison?
Dan Ja, da wir hauptsächlich auf öffentlichen Plätzen agieren, spielt das Wetter eine große Rolle. Den Winter nutzen wir zur Recherche oder Dokumentation. Letztes Jahr haben wir außerdem das Buch erarbeitet.
Anika Wir arbeiten auch noch in anderen Feldern – Büros, Galerien, an Universitäten – ON/OFF ist nicht für alle der Hauptjob.
Arne Eigentlich ist der Winter dazu da, um das Chaos vom Sommer aufzuräumen. Jedoch machen wir auch Ausstellungsgestaltungen, so haben wir auch im Winter zu tun.
Glaubt ihr, dass in temporären Projekten immer mehr Experiment, Spontanität und Improvisation steckt, als in permanenten?
Anika Auf jeden Fall. Gerade heutzutage brauchen wir temporäre Strukturen, die auf den Moment reagieren, von den Akteuren der Stadt erobert und adaptiert werden und dadurch immer wieder neue Potenziale aufzeigen. Das Temporäre schließt das Permanente ja nicht aus, sondern kann auch die Grundlage für Experimente oder Ergänzungen sein.
Arne Definitiv. Wir konnten oft experimentieren und mussten auch mal improvisieren. Budgetknappheit und Zeitdruck produzieren außerdem eine besondere Kreativität. Über einige „Rough Productions“ mussten wir schon herzlich lachen.
Ihr seid ein Konglomerat aus verschiedenen Professionen. Bleibt jeder in seinem Metier?
Arne Manchmal ist es genau das Gegenteil: der Architekt zeichnet nicht nur die Pläne, sondern packt auch handwerklich mit an. Alle bei DIESE Studio kommen aus unterschiedlichen Disziplinen und haben verschiedene Ausbildungshintergründe. Jeder von uns hat zwar seine Expertise, aber wenn es um die Realisierung eines Projektes geht, erweitern sich die Grenzen der Professionen. Wir sind wissbegierig, da ist es auch nicht schlimm, wenn man etwas Bestimmtes nicht kann. Selbst wenn vieles erklärt werden muss und es dadurch ein bisschen langsamer geht, wie wenn man eine Firma beauftragt. Das ist schon ein besonderes Zusammenarbeiten.
Jonas So hat jeder die Gelegenheit am Projekt mitzuwirken. Wir sind sieben: Architekten, Industrie- und Kommunikationsdesigner, Zimmermann, Schreiner und Fotograf. Ein Projekt aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten – das ist unsere Arbeitsweise.
Wie einigt ihr euch, welche Projekte ihr macht, und welche nicht?
Jonas Wir haben uns bewusst zusammengesetzt und versucht, unser Profil zu schärfen. Tatsächlich haben unsere Vorstellungen, von dem was wir machen wollen, übereingestimmt. Das gab uns zusätzlich Motivation: Wir wollen das wirklich zusammen machen. Prinzipiell wären unsere Wunschprojekte ähnlich wie der Auftrag für die Hessischen Theatertage 2017. Im Zuge dessen konnten wir das Potential unserer Interdisziplinarität zur Gänze nutzen: Wir haben die komplette grafische Gestaltung für das Festival gemacht, die Architektur dazu konzipiert und gebaut sowie die programmatische Bespielung übernommen. Das war ein Traumprojekt, da wir die Möglichkeit hatten das Konzept aus allen Arbeitsbereichen heraus zu entwickeln.
Dan Wir schließen nie Projekte von Vorneherein aus, gerade, weil bei uns immer verschiedene Leute dazu kommen, mit neuen und unterschiedlichen Ideen. Das ist ein großes Thema in unserem Kollektiv.
Im Stadtraum arbeiten birgt verschiedene Herausforderungen: die erste ist die Genehmigung durch das Ordnungsamt oder Bauamt.
Jonas Ja, aber da wir aus einem Kulturverein heraus entstanden sind und schon diverse Projekte gemacht haben, konnten wir uns ein gewisses Standing in der Stadt erarbeiten. Das ist gut für unsere jetzigen Projekte, weil wir einen Ansprechpartner haben und es einfacher ist, ans Ordnungs- oder Bauamt heranzutreten. Momentan ist der Fokus noch in Darmstadt, aber das weitet sich gerade aus, dann werden wir davon vermutlich nicht mehr zehren können.
Dan Wir haben solche Verknüpfungen bisher leider nicht. Letzten Sommer hatten wir ein Projekt in Köln am Ebertplatz, beim City–Leaks–Festival, wo wir temporäre Tribünen aus Holz entworfen und gebaut haben. Wir hatten im Vorhinein mit dem Veranstalter festgelegt, dass diese Tribünen Kunstobjekte sind. Da das Festival von der Stadt Köln gefördert wurde, musste aber dann alles durch das Ordnungs- und Bauamt genehmigt werden. Da dachten wir uns, „jetzt gibt es Ärger”, wir hatten bei der Planung keine lokalen Regeln und Normen verfolgt. In der halben Bauzeit mussten wir alle Pläne spontan an die bürokratischen Umstände anpassen. Letztendlich hat alles funktioniert und die Tribünen wurden von den Anwohnern, Besuchern und den Behörden sehr positiv aufgenommen.
Jonas Da fällt mir noch eine Geschichte ein: Der Pavillon für die Hessischen Theatertage war ursprünglich nur für 14 Tage konzipiert. Nach einem feuchtfröhlichen Treffen mit den Entscheidungsträgern ermöglichte der Kulturreferent sehr spontan die Weiternutzung für 100 Tage. Manchmal muss man nur die richtigen Mittel finden um das zu erreichen, was man möchte.
Die zweite Herausforderung ist die Akzeptanz durch Fußgänger, Besucher, Teilnehmer. Seid ihr schon einmal auf Kritik gestoßen?
Arne Die meisten Passanten reagieren mit Neugier oder Freude vor allem während der Bauzeit. Manche Anwohner teilen diese Begeisterung leider nicht. Eine ältere Dame beispielsweise hat es in einem unbeobachteten Moment geschafft auf die Bühne des Pavillons zu marschieren und uns wild gestikulierend mit „G20-Krawallmachern“ zu vergleichen. Andere haben über Facebook gedroht mit Schweineblut gefüllten Ballons und Baseballschlägern bestückt den Platz aufzuräumen. Jeder definiert das Zusammenleben im Stadtraum halt etwas anders.
Anika Wenn Hochbauarchitektur Kino ist, dann ist unsere Arbeit wohl Theater, da wir direkt den Reaktionen des Publikums ausgesetzt sind. Man muss auf die Leute zugehen und kann nicht die Attitüde haben „ich bin der Künstler mit der genialen Idee und kenne euer Quartier besser als ihr.“ Den mobilen Spielplatz „Boulevard“ haben wir in einem öffentlichen Hof zusammengebaut. Täglich kamen Leute und fragten, was das sei und wann es denn endlich fertig ist. Als wir die Boule mit den Kids auf die Straßen gebracht haben, waren wie zu erwarten die Autofahrer genervt, da wir die Straße blockierten, aber gleichzeitig waren sie auch begeistert vom ganzen Szenario. Überraschenderweise haben dann viele geholfen die Boule über die Straße zu schubsen –ob es daran lag, dass sie schnell weiterfahren oder mitspielen wollten, wissen wir allerdings nicht.
Wie geht ihr jeweils mit Haftungsfragen um?
Jonas Bei unseren ersten Projekten war die Haftungsituation ziemlich grenzwertig, da haben wir öfters die Luft angehalten und einmal einen betrunkenen Besucher um 10 Uhr morgens vom Dach aufgefangen.
Was habt ihr für eine Gesellschaftsform?
Dan Wir bilden projektbezogene Arbeitsgemeinschaften aus freiberuflich Tätigen. Je nach Auftraggeber und Gruppenkonstellation wird deshalb auch die Haftungsfrage neu verhandelt. Gerade denken wir über die Gründung eines Vereins oder einer Gesellschaftsform nach.
Arne Bei uns ist diese Frage nach der Gesellschaftsform auch noch ein großes Thema. Unsere Recherche geht unter anderem in die Richtung Genossenschaft, welche im Prinzip die Weiterentwicklung eines Vereins ist, der jedoch wirtschaftlich tätig sein kann. Im Vordergrund steht der Fördergedanke des Mitglieds, in unserem Falle wäre es eine Produktivgenossenschaft, bei der der Arbeitsplatz Fördergedanke ist. Man schreibt eine Satzung, es gibt einen Vorstand der gewählt wird, aber im Prinzip sind alle Mitglieder gleichberechtigt. Wir liebäugeln damit. Vielleicht ist das auch etwas für euch?
Wie bewerkstelligt ihr die Finanzierung eurer Projekte?
Arne Es gibt zwei Formen von Projekten: Zum einen kommen Kulturinstitutionen auf uns zu und stellen uns ein Budget zur Verfügung, mit dem wir dann arbeiten. Bei eigeninitiierten Projekten, fragen wir Kulturfonds an oder schreiben Förderanträge. Manchmal muss allerdings die Bereitschaft da sein, wirtschaftliche Interessen nicht an die erste Stelle zu setzten.
Welche Rolle spielt Recycling?
Anika Man bekommt ein Budget, das sind dann vielleicht 5.000 Euro für das komplette Projekt, und dann muss man austarieren zwischen dem eigenen Gehalt und den Ausgaben für Materialien. Wenn man die Materialkosten relativ gering hält, wird man vielleicht irgendwann reich (lacht).
Jonas Ich komme nochmal mit dem Pavillon – ein Projekt aus dem wir extrem viel gelernt haben. Hier hatten wir ein Budget von 30.000 Euro und wussten im Vorfeld, dass die Installation entsorgt werden würde. Wir konnten aushandeln, dass das Material als Teil des Honorars in unseren Besitz übergehen wird, um es so für Folgeprojekte nutzen zu können. Derzeit haben wir eine Installation in einem anderen Teil von Darmstadt, wo wir komplett das Material des Pavillons verwendet haben – es aufbereitet, geschliffen und gesägt. Das wird nach dem Abbau wieder eingelagert und hoffentlich nochmal verwendet.
Jonas Ich komme nochmal mit dem Pavillon – ein Projekt aus dem wir extrem viel gelernt haben. Hier hatten wir ein Budget von 30.000 Euro und wussten im Vorfeld, dass die Installation entsorgt werden würde. Wir konnten aushandeln, dass das Material als Teil des Honorars in unseren Besitz übergehen wird, um es so für Folgeprojekte nutzen zu können. Derzeit haben wir eine Installation in einem anderen Teil von Darmstadt, wo wir komplett das Material des Pavillons verwendet haben – es aufbereitet, geschliffen und gesägt. Das wird nach dem Abbau wieder eingelagert und hoffentlich nochmal verwendet.
Arne Eigentlich ist der Pavillon ja so konzipiert, dass man ihn als eine Halle wiederaufbauen kann. Das war immer unsere Utopie: eine eigene Lagerhalle, mit Werkstatt und Studio. Wir bräuchten nur noch einen Bauplatz und circa 150.000 Euro zur Ertüchtigung (lacht).
Anika Die extremste Recyclingidee hatten wir 2015 beim Rhombi House für die Kammerspiele München. Die Idee war, alte Getränkekartons als Schindeln für das Haus zu benutzen. Also haben wir bei Eisläden und im Freundeskreis Milchkartons angefragt und gesammelt, aus Mülleimern Verpackungen herausgefischt und ausgewaschen. Das war die ekelhafteste Recyclingaktion bis jetzt. Insgesamt hätten wir 100.000 Getränkekartons benötigt. Doch glücklicherweise hat SIG combibloc das Verpackungsmaterial auf Rollen zur Verfügung gestellt. Ansonsten recyclen wir aber auch eigene Projekte, Materialien und vor allem unsere Ideen. Man muss eine gewisse Eitelkeit ablegen können und nicht denken: Das war die geniale Idee für diesen Ort. Bevor etwas zerstört wird, soll es woanders weiterleben.
Dan Wenn man klein ist und mit kleinen Budgets arbeitet, muss man sehr überlegt Geld investieren – in zukünftige Projekte oder in die Infrastruktur des Kollektivs. Die Tribüne vom Ebertplatz in Köln, haben wir später in Erfurt am Kulturbahnhof „Zughafen” wieder aufgebaut. Sie haben uns dort eingeladen, die Tribünen weiter zu entwickeln und auf den neuen Ort anzupassen. Es ist super, wenn Leute deine Projekte und deren Potenzial sehen und an einem anderen Ort weiter nutzen wollen.
Wann habt ihr beschlossen nicht die konventionelle Laufbahn einzuschlagen und in einem Architekturbüro oder bei einer Agentur anzufangen?
Arne Die Lust darauf gab es schon länger. Bei der Arbeit im Kulturverein, dachte man, dass das etwas ist, was man nur während des Studiums machen kann. Irgendwann hat es jedoch überhandgenommen: Die Projekte wurden größer, sodass uns langsam klar wurde, dass solch ein Ausmaß im Ehrenamt nicht mehr möglich ist. Zum Glück ist das bei uns allen gleichzeitig passiert. Da war der Schritt nicht mehr so groß.
Jonas Wir haben während des Studiums schon zusammengearbeitet, zum Teil dasselbe studiert. Daher war für uns diese Zeit nicht nur dazu da, um Semesterprojekte zu machen, sondern auch, um eine Gemeinschaft zu formen. Innerhalb derer konnte man ausprobieren, dabei auch mal auf die Schnauze fallen und daraus wiederum lernen. Das ist was uns antreibt. Deswegen haben wir direkt unser Studio gegründet.
Dan Ihr hattet wahnsinnig Glück. Ich glaube viele Kreative würden gern ein Kollektiv gründen, nur fehlt es ihnen an geeigneten Partnern, die zum einen den Wunsch nach Selbstständigkeit teilen und zum anderen keine Angst vor den Anstrengungen und Risiken haben, die die Arbeit im Kollektiv mit sich bringen können.
Anika Wir haben alle bei Raumlaborberlin gearbeitet und uns dort kennengelernt. Man lernt wie durch partizipative Praktiken öffentlicher Raum neu bespielt werden kann, was uns alle mehr interessiert, als die klassischen Planungsphasen in konventionellen Büros. Unsere Arbeit besteht nicht nur darin mit Kindern Europaletten zusammenschrauben, sondern, dass jeder die Chance hat, die Identität des Kollektivs zu formen, ob in Richtung Grafik, Szenographie oder Design. Genau das fasziniert mich an dieser Arbeitsweise. Deshalb habe ich mich für die Laufbahn entschieden.
Jonas Genau, dadurch, dass man eben nicht ein klassisches Architektur- oder Designbüro ist, gibt es ein riesiges Themenfeld, in dem man arbeiten kann. Wir entscheiden das von Projekt zu Projekt: Das eine mal ist eine Kunstinstallation die richtige Antwort, das andere mal ein Buch oder eine Werbekampagne. Manchmal reicht sogar die Europalette.
Wie bestreitet ihr mit der Arbeit im Kollektiv euren Lebensunterhalt?
Anika Gegenfrage: Kann man denn von Architekturjournalismus leben?
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