Bauwelt

Architektur - eine weibliche Profession

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

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Architektur - eine weibliche Profession

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

Die „Gender“-Problematik der Architekturbranche ist äußerst vielschichtig und bis hin zum Klischee des omnipotenten, heldenhaften Architekten auch stark emotional aufgeladen.
Die Zahlen sind bekannt: Jeder zweite Architekturstudent ist heute weiblich, aber nur wenige Frauen bleiben dauerhaft in der Branche.
Tanja Kullack versucht durch Interviews mit 18 „Leading Ladies“ die aktuelle Situation zu ergründen und gleichzeitig den Schlüssel zum beruflichen Erfolg zu finden. Viele Gesprächsteilnehmerinnen stammen aus dem hochrangigen US-amerikanischen Universitätsbereich. Einige renommierte, praktizierende Architektinnen wie Caroline Bos (Amsterdam), Fuensanta Nieto (Madrid), Alison Brooks (London) und Elke Delugan-Meissl (Wien) werfen „Schlaglichter“ auf die Situation in Europa.
Leider fehlt die nötige Tiefenschärfe, um die wirklich interessanten Themen anzugehen. Die zu einzelnen Statements reduzierten Gespräche erwecken eher den Eindruck eines gemeinsamen „Kaffeeklatsch“, bei dem über vorherrschende Denk- und Arbeitsstrukturen oder auch die „Silberrücken der Architektur“ diskutiert wird. Das im Titel anklingende „weibliche Design“ oder gar ein Faible für die Innenarchitektur lässt sich nicht feststellen. Die ausgewählten Architektinnen bauen vom Wolkenkratzer bis zum Mercedes- oder Porsche-Museum fast alles, aber keine explizit weichen „kurvigen“ Formen. Auch eine speziell „weibliche Arbeitsweise“ lässt sich nur schemenhaft erkennen. Alle schätzen die (oft inter­disziplinäre) Arbeit im Team. Leidenschaft, Durchsetzungsvermögen und vor allem aber viel „harte Arbeit“ pflastere ihren Weg.
Zu den wenigen, die Klartext reden, gehört Denise Scott Brown. Denn „Gender-Issues“ waren in den Sechzigern, als sie sich beruflich etablierte, durchaus „en vogue“. Sie ist heute (mit 80 Jahren) als weitestgehend unbezahlte Gastdozentin und Buchautorin gefragt, eine Rolle, die sie für sich als „angemessen“ empfindet, nicht aber für die jungen Frauen, mit denen sie im Universitätsbereich zusammenarbeitet. Sie beschreibt zahlreiche Stolpersteine ihrer Laufbahn und ihr schlechtes Gewissen darüber, dass ihr Sohn im Büro aufgewachsen ist. Als Robert Venturi 1991 den Pritzker-Preis bekam, zeigte er sein Unverständnis darüber, warum nicht auch Scott Brown geehrt würde, denn sie wären nicht nur als Individuen, sondern auch als Entwerfer und Architekten miteinander verheiratet.
Diese bis heute in Architekturgeschichtsschreibung und Medien gängige Fokussierung auf einen männlichen Entwerfer wirft lange Schatten. Nur zwischen den Zeilen kann man lesen, dass einige der anderen Damen ebenfalls das Modell der gleichberechtigten „Arbeitsbeziehung“ leben. Karriere- und Familienplanung wird jedoch nicht diskutiert. Hier verschenkt Kullack das Potential des Themas. Denn jede Architekturstudentin wird wissen, dass man auch als Frau in die Riege der „Stararchitekten“ aufsteigen kann. Doch leider harmoniert das „Karrieremodell a lá Hadid“ – sich jahrelang mit Wettbewerben durchschlagen, um mit 43 dann baulich durchzustarten – nicht mit der Familienplanung vieler Frauen. Die meisten steigen bereits spätestens mit Mitte 30 aus dem Beruf aus.
Gerade die vorgestellten Architektinnen der Generation 40 plus, die es wie Yui Tezuka (Tokio), Barbara Bestor (Los Angeles), Barbara Holzer (Zürich) und Regine Leibinger (Berlin) geschafft haben, Kin­-der und Beruf zu vereinen, wären wichtige alternative Vorbilder für die nachfolgende Generation. Sie alle gehören (völlig unabhängig vom Geschlecht) zu den spannendsten und profiliertesten Vertretern der Architekturszene ihres Landes. Attraktiv in Szene gesetzt werden sie jedoch nicht. Weitestgehend unkommentierte „Bildstrecken“ vermitteln lediglich Bruchstücke ihres Œuvres, biografische Daten (oder gar die zahlreichen Auszeichnungen) werden nicht mal im Anhang erwähnt. Wer mehr wissen will, der sollte sich lieber in anderen Medien informieren und vielleicht auch einmal „Starke Frauen in der Architektur“ bei YouTube eingeben.
Fakten
Autor / Herausgeber Tanja Kullack (Hrsg.)
Verlag Jovis Verlag, 2011
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aus Bauwelt 21.2012
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