Augenfällig akademisch relevant
Das zweite Jahrzehnt von Gigon und Guyer
Text: Drewes, Frank F., Herzebrock-Clarholz
Augenfällig akademisch relevant
Das zweite Jahrzehnt von Gigon und Guyer
Text: Drewes, Frank F., Herzebrock-Clarholz
Die zweite umfassende Monografie zum Werk von Annette Gigon und Mike Guyer beinhaltet die Jahre 2001 bis 2011 und bietet somit einen komplexen Überblick über die zweite Dekade dieses Züricher Büros, das sich 1992 mit der Fertigstellung des Kirchner Museums in Davos auf der Weltbühne der Architektur und als Spezialisten für Museumsbau etabliert hat. Die gleichermaßen der Seitenzahl wie der Schwere des Papiers geschuldete Dicke des Buches wird durch die kompakte Größe von 17/24,5/6 cm relativiert, lässt aber unweigerlich an Rem Koolhaas’ S, M, L, XL denken. Allerdings hört es bei dieser äußerlichen Parallele auch schon auf, denn zwischen den beiden Deckeln dieser Monografie tickt ein Schweizer Uhrwerk und nicht der Wahn trendigen Grafikdesigns.
In äußerst kultivierter und fesselnder Form nimmt einen dieses Buch mit auf die Reise durch die letzten zehn Jahre von Gigon/Guyer. Trotz der Fülle an Informationen entsteht nie der Eindruck, dass sich die Architekten eitel selbst darstellen bzw. durch Masse profilieren wollen. Das liegt zum einen an dem ausgewogenen und über alle Seiten spannungsreichen Layout, zum anderen an der Tiefe der Projekterläuterungen. Zu jedem Gebäude und Entwurf werden die genaue konzeptionelle Herleitung und die Planinformationen geboten, die notwendig sind, um das Spezifische zu verdeutlichen. Aufwendige Präsentationszeichnungen werden hier nicht abgearbeitet.
Darüber hinaus ist der dramaturgische Aufbau des Buches rundum gelungen, denn trotz der 608 Seiten entsteht weder Monotonie noch Vorhersehbarkeit. Die inhaltliche Struktur gliedert sich in die vier Themenbereiche Ausstellen, Arbeiten, Weiterbauen und Wohnen. Texte von Gerhard Mack, Philip Ursprung, Arthur Rüegg und ein Gespräch über Wohnungsbau (Martin Steinmann, Patrick Gmür, Annette Gigon und Mike Guyer) bilden den Auftakt zu diesen Sektoren, die durch die Zahl und die Vielschichtigkeit der Themen überraschen. Gigon/Guyer haben keinen eigenen „Stil“ zum Ziel.
Die augenfällige akademische Relevanz dieses Buches resultiert sicherlich zum großen Teil aus dem Umstand, dass es sich hierbei um die Begleitpublikation zur großen Gigon/Guyer-Werkausstellung in der ETH Zürich handelt. Und so bietet die Monografie tatsächlich neben der Vielzahl erstklassiger Fotos jede Menge detaillierte Information über den für das Büro typischen, expliziten Einsatz von Farbe, über die Kooperation mit Künstlern, baukonstruktive Belange, städtebauliche Rahmenbedingungen sowie typologische Abhandlungen von Wohnungsgrundrissen. Allein die unkommentierten fotografischen Interpretationen des ikonischen Prime Towers auf dem Züricher Maag-Areal von zehn verschiedenen Künstlern lohnen schon den Kauf dieses Kompendiums.
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