Axel Bundsen
Um 1800. Dänisch-deutsche Architektur an der Epochenschwelle
Text: Mehlhorn, Dieter-J., Kiel
Axel Bundsen
Um 1800. Dänisch-deutsche Architektur an der Epochenschwelle
Text: Mehlhorn, Dieter-J., Kiel
In Zeiten, in denen über die vermeintlichen Folgen des Verlusts nationaler und regionaler Identität geklagt wird, ist es nützlich, sich zu vergegenwärtigen, dass der kulturelle Austausch über reale oder fiktive Grenzen hinweg stets den Nährboden für Neues und Eigenes bildete. Das wird besonders deutlich in Grenzregionen wie dem Elsass oder Südtirol. Auch in Schleswig-Holstein kreuzten sich immer die Einflusssphären verschiedener Kulturen: Mönche brachten aus Oberitalien die Backsteinbauweise, holländische Siedler den „typisch schleswig-holsteinischen“ Haubarg in den Norden. Dänemark spielte auf der kulturellen Landkarte Europas bis in die Neuzeit keine tragende Rolle. Das änderte sich jedoch im letzten Drittel des 18. Jahrhundert, als die beiden Herzogtümer in den Dänischen Gesamtstadt einbezogen wurden und hier das „Goldene Zeitalter“ als Epoche hoher kultureller Blüte begann. Noch später erlangte die Architektur Skandinaviens Vorbildfunktion für ganz Europa.
Der dänische Landbaumeister Christian Frederik Hansen, ein an der Kopenhagener Akademie geschulter Vertreter des nordischen Klassizismus, sollte die Architektur in den beiden Herzogtümern ab 1784 nachhaltig prägen. Nur wenig später, 1795, kam der ebenfalls in Kopenhagen bei Caspar Frederik Harsdorff und Peter Meyn ausgebildete Axel Bundsen nach Hamburg und entwickelte eine umfangreiche Tätigkeit sowohl in Hamburg als auch auf dem Lande für wohlhabende Gutsbesitzer, die auf ihren Gütern ein kultiviertes Leben in großer Naturnähe suchten. Die weniger auf äußere Repräsentation als auf funktionale Grundrissgestaltung ausgerichtete Architektur Bundsens entsprach vollkommen diesen Wünschen. Sein erstes Gutshaus – Gut Knoop in Altenholz (1792–96) – gehört noch heute zu den besten Werken der Zeit. Es folgte eine lange Reihe öffentlicher und privater Häuser sowie Sakralbauten zwischen Hamburg und Flensburg. Nicht wenige davon, wie die typologisch innovative Seebadeanstalt in Kiel, sind leider später zerstört worden.
In ihrer fulminanten Dissertation hat nun Alexandra Schwarzkopf das Werk von Bundsen erforscht und dokumentiert. Im ersten Teil stellt sie ausführlich die epochal bedeutende Wende Europas um 1800 in Richtung Moderne mit der Betonung funktionaler Aspekte dar. Ausführlich geht die Autorin im zweiten Teil auf die einzelnen Bauten und Baugeschichte ein. Besonders umfangreich ist der Entwurfsprozess für das Herrenhaus Knoop dokumentiert, der zeigt, wie sich die Vorstellungen von Architekt und Bauherr von einer spätbarocken Anlage zu dem heute bekannten Gebäude wandeln: „Rationalisierung statt Ornament“. Es zeigt sich aber auch, wie wenig Baukunst einem blitzartigem Einfall entspringt, sondern viel Arbeit erfordert, was Karl Valentin später sehr einprägsam auf den Punkt brachte: „Kunst ist schön, aber anstrengend“. Schwarzkopf geht minutiös der Geschichte der Bauherrschaften ebenso wie dem Werden der Projekte nach, soweit dieses dokumentarisch fassbar ist. Dadurch gelingt es ihr beispielsweise, das Dunkel um die Baugeschichte des Herrenhauses Salzau und die (Nicht-) Beteiligung Bundsens beim Umbau in den 1820er Jahren aufzuhellen. Als Bundsen 1832 starb, war die Architektur bereits wieder an eine neue Epochenschwelle in Richtung Industrialisierung und Historismus angelangt.
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