Denkmalpflege der Moderne
Konzepte für ein junges Architekturerbe
Text: Rumpf, Peter, Berlin
Denkmalpflege der Moderne
Konzepte für ein junges Architekturerbe
Text: Rumpf, Peter, Berlin
Äußerst schwierige Patienten: die Baudenkmale aus den 20er und 30er Jahren oder die der Nachkriegsmoderne. Konstruktionen und Materialien dienten häufig als Experimentierfelder, Nutzungen und Nutzer haben mehrmals gewechselt, und – was das Schwierigste ist – ihre Denkmalwürdigkeit, also die Notwendigkeit zur Erhaltung und Sanierung, findet beim Steuerzahler wenig Unterstützung, anders als Burgen oder Dorfkirchen.
Umso erfreulicher ist es, wenn sich die Wüstenrot Stiftung seit 15 Jahren um diese Patienten kümmert. So wurde sie auch Herausgeber die- ses in jedem Sinne umfangreichen Buches. Es stellt im Hauptteil 18 Bauten vor, ihre Geschichte und ihre sehr unterschiedlichen Sanierungsprobleme.
Bei den älteren Fällen kommt zu den Problemen im Umgang mit den Materialien oft das Fehlen verlässlicher Plan-Unterlagen hinzu – oder sie stimmen nicht mit der Ausführung überein. Auch mangelt es an aufschlussreichen historischen Fotos (schwarz-weiß!). Dann die Umbauten, Anbauten, Teilabrisse, falschen Sanierungsversuche oder die schon im Neubau mit „gebauten Bauschäden“. Eines dieser Beispiele ist Mendelsohns Einsteinturm auf dem Telegraphenberg in Potsdam: errichtet 1920–22, erste große Reparatur 1926–28, Kriegsschaden 1945, Instandsetzung 1950 und weiter 1958, ’74, ’84, die letzte 1997–99. Die Fotos der Schäden können mit Aufnahmen aus einem Dermatologen-Fachbuch mithalten. „Häufig wurde eine Technik angewendet, die noch lange nicht praxisreif war“, wie Norbert Huse in seinem einleitenden Beitrag feststellt. Er weist auch auf das Paradoxon hin, dass gerade von der „weißen Moderne“ erwartet wird, sie nach einer Sanierung „wie am ersten Tag“ erstrahlen zu sehen, ohne Nutzungsspuren oder verdiente Patina. Und wenn die Probanden dann „im alten Glanze“ wiederauferstanden sind, fordern sie viel Pflege und laufende Kontrolle, was oft vergessen wird.
Die unvermeidliche Aufzählung der Beispiele: Siedlung Schillerpark (Bruno Taut) und Siedlung Dessau-Törten (Gropius), beide 20er Jahre, erstere seit 2009 UNESCO-Welterbe; aus der gleichen Zeit die Meisterhäuser Muche/Schlemmer in Dessau (Gropius), seit 1996 Weltkulturerbe; Doppelhaus in der Stuttgarter Weissenhofsiedlung (Corbusier), heute Informationszentrum; Villa Reemtsma in Hamburg-Altona (Martin Elsaesser); Haus Lange und Haus Esters in Krefeld (Mies van der Rohe), samt Garten; Haus Schminke in Löbau (Scharoun) und Einsteins Holzhaus in Caputh (Konrad Wachsmann); von Gropius Bauhaus-Gebäude und Arbeitsamt in Dessau und die Faguswerke in Alfeld, jüngstes Mitglied im Weltkulturerbe-Club und bis heute Produktionsstätte für Schuhleisten; als letztes dieser Bauepoche die Bundesschule des AGDB von Hannes Meyer in Bernau. Hier die fünf Nachkriegsbeispiele, deren Probleme auf anderen, aber nicht weniger diffizilen Feldern zu lösen waren: Kongresshalle Berlin (Hugh Stubbins), eingestürzt 1980 und wiedererrichtet nicht nur wegen ihrer Ästhetik, sondern auch als Symbol der deutsch-amerikanischen Freundschaft; derselben Freundschaft verdankt auch das Studentendorf Berlin-Schlachtensee seine Existenz (Fehling/Gogel); ganz anders das Staatsratsgebäude (Roland Korn), seit 2006 Managementschule mit restauriertem Hammer-und-Sichel-Emblem über den Hörsaal-Bänken; und Ludwig Erhards Kanzlerbungalow in Bonn am Rhein (Sep Ruf) samt Kohls Speiseraum. Nicht unerwähnt bleiben sollen – stellvertretend für alle – die Architekten, die sich um die vorbildliche Sanierung gekümmert haben, wie Wilfried Brenne, Burkhardt + Schumacher, Pitz & Hoh.
Jedes der Beispiele umfasst zehn bis zwölf Seiten, beginnend mit einem „Einweihungsfoto“ sowie der Chronik, gefolgt von Vorher-Nachher-Bildern und einem ausführlichen Text zur Geschichte, den Besonderheiten der Schäden und der Sanierung. Das großzügige Layout entschädigt für fehlende Maßstabsangaben bei den Grundrissen, die Vor-, Geleit- und Grußworte sowie die der Kürzung bedürftigen acht Einleitungstexte zu Material, Konstruktion, Farbe, Pflege usw. Deshalb ein Lob zum Abschluss: Jeder der Bauten war es wert, gerettet, so sorgfältig publiziert und in den meisten Fällen der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu werden.
Bei den älteren Fällen kommt zu den Problemen im Umgang mit den Materialien oft das Fehlen verlässlicher Plan-Unterlagen hinzu – oder sie stimmen nicht mit der Ausführung überein. Auch mangelt es an aufschlussreichen historischen Fotos (schwarz-weiß!). Dann die Umbauten, Anbauten, Teilabrisse, falschen Sanierungsversuche oder die schon im Neubau mit „gebauten Bauschäden“. Eines dieser Beispiele ist Mendelsohns Einsteinturm auf dem Telegraphenberg in Potsdam: errichtet 1920–22, erste große Reparatur 1926–28, Kriegsschaden 1945, Instandsetzung 1950 und weiter 1958, ’74, ’84, die letzte 1997–99. Die Fotos der Schäden können mit Aufnahmen aus einem Dermatologen-Fachbuch mithalten. „Häufig wurde eine Technik angewendet, die noch lange nicht praxisreif war“, wie Norbert Huse in seinem einleitenden Beitrag feststellt. Er weist auch auf das Paradoxon hin, dass gerade von der „weißen Moderne“ erwartet wird, sie nach einer Sanierung „wie am ersten Tag“ erstrahlen zu sehen, ohne Nutzungsspuren oder verdiente Patina. Und wenn die Probanden dann „im alten Glanze“ wiederauferstanden sind, fordern sie viel Pflege und laufende Kontrolle, was oft vergessen wird.
Die unvermeidliche Aufzählung der Beispiele: Siedlung Schillerpark (Bruno Taut) und Siedlung Dessau-Törten (Gropius), beide 20er Jahre, erstere seit 2009 UNESCO-Welterbe; aus der gleichen Zeit die Meisterhäuser Muche/Schlemmer in Dessau (Gropius), seit 1996 Weltkulturerbe; Doppelhaus in der Stuttgarter Weissenhofsiedlung (Corbusier), heute Informationszentrum; Villa Reemtsma in Hamburg-Altona (Martin Elsaesser); Haus Lange und Haus Esters in Krefeld (Mies van der Rohe), samt Garten; Haus Schminke in Löbau (Scharoun) und Einsteins Holzhaus in Caputh (Konrad Wachsmann); von Gropius Bauhaus-Gebäude und Arbeitsamt in Dessau und die Faguswerke in Alfeld, jüngstes Mitglied im Weltkulturerbe-Club und bis heute Produktionsstätte für Schuhleisten; als letztes dieser Bauepoche die Bundesschule des AGDB von Hannes Meyer in Bernau. Hier die fünf Nachkriegsbeispiele, deren Probleme auf anderen, aber nicht weniger diffizilen Feldern zu lösen waren: Kongresshalle Berlin (Hugh Stubbins), eingestürzt 1980 und wiedererrichtet nicht nur wegen ihrer Ästhetik, sondern auch als Symbol der deutsch-amerikanischen Freundschaft; derselben Freundschaft verdankt auch das Studentendorf Berlin-Schlachtensee seine Existenz (Fehling/Gogel); ganz anders das Staatsratsgebäude (Roland Korn), seit 2006 Managementschule mit restauriertem Hammer-und-Sichel-Emblem über den Hörsaal-Bänken; und Ludwig Erhards Kanzlerbungalow in Bonn am Rhein (Sep Ruf) samt Kohls Speiseraum. Nicht unerwähnt bleiben sollen – stellvertretend für alle – die Architekten, die sich um die vorbildliche Sanierung gekümmert haben, wie Wilfried Brenne, Burkhardt + Schumacher, Pitz & Hoh.
Jedes der Beispiele umfasst zehn bis zwölf Seiten, beginnend mit einem „Einweihungsfoto“ sowie der Chronik, gefolgt von Vorher-Nachher-Bildern und einem ausführlichen Text zur Geschichte, den Besonderheiten der Schäden und der Sanierung. Das großzügige Layout entschädigt für fehlende Maßstabsangaben bei den Grundrissen, die Vor-, Geleit- und Grußworte sowie die der Kürzung bedürftigen acht Einleitungstexte zu Material, Konstruktion, Farbe, Pflege usw. Deshalb ein Lob zum Abschluss: Jeder der Bauten war es wert, gerettet, so sorgfältig publiziert und in den meisten Fällen der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu werden.
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