Die Stadt als Ressource
Es ist ein Fachbuch und dabei ebenso ein Lehrbuch für Studierende wie ein Lesebuch für Städtebauinteressierte.
Text: Winterhager, Uta, Bonn
Die Stadt als Ressource
Es ist ein Fachbuch und dabei ebenso ein Lehrbuch für Studierende wie ein Lesebuch für Städtebauinteressierte.
Text: Winterhager, Uta, Bonn
Häufiger tauchten in den letzten Monaten die Begriffe „Stadt“ und „Ressource“ im Kontext der Nachhaltigkeitsdebatte auf. Und zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass dieses flächenfressende und energieraubende Phänomen
Stadt kaum anders in den Griff zu bekommen sei als mit der Umkehrung des Kontexts: Die Stadt soll nicht mehr länger die sich stetig verknappenden Ressourcen räubern, sondern selbst als Ressource dienen. Die Professur Kees Christiaanse der ETH Zürich hat nun das Buch „Die Stadt als Ressource Texte und Projekte 2005–2014“ veröffentlicht, das sich auf 240 Seiten mit ebendieser Haltung auseinandersetzt.
Es ist ein Fachbuch und dabei ebenso ein Lehrbuch für Studierende wie ein Lesebuch für Städtebauinteressierte. Obschon Kees Christiaanse hier Inspirationen aus seiner Zeit an der TU Berlin sowie in seinem Rotterdamer Büro erprobte Methoden einbringen konnte, ist es kein Christiaanse-Buch, sondern eine Sammlung von Schlüsseltexten seiner Lehrstuhlmitarbeiter und Materialien mehrerer Entwurfsstudios.
Dabei geht es um ganz Grundsätzliches, um Städtebau-Basiswissen sozusagen. So wird die Stadt (was nicht neu ist) als Raum kollektiver Kreativität, Maschine oder Möglichkeitsraum betrachtet und doch gelingt es den Autoren, mit sehr unterschiedlichen Materialen ein stabiles Fundament für die Etablierung der„Stadt als Ressource“ zu errichten. Benedikt Boucsein beschreibt in seinem Text „Situationen“ das „Sehen, Erleben und Verändern städtischer Räume“, Tim Rieniets untersucht im Beitrag „Kartieren“ die „Defizite und Potenziale der kartografischen Darstellung städtischer Räume“. Strolling und Mapping, das machen Studenten gerne, nur muss das Ganze ein Ziel haben, Betrachtung und Aufnahme alleine genügen nicht. Doch das Buch bietet im Folgenden in Texten und beispielhaften Arbeiten der Entwurfsstudios auch Werkzeug und Anleitung zur (Um-)Nutzung der Ressource Stadt. „Alternative urbane Praktiken“, „Inwertsetzen“, „Resilienz entwerfen“, „Reorganisieren“, „Parzellierung und Transformation“, „Widerstände schaffen“ sind die Titel der Beiträge, die durchaus dazu aufrufen, die aktuellen Urbanisierungsprozesse kritisch zu betrachten und der Stadt neue Aufgaben zuzutrauen. So sehen die Autoren die Aufgabe zukünftiger Planer darin, die Stadt als einen Ort zu entwerfen, an dem möglichst viele Begegnungen stattfinden, der möglichst viele Beziehungen entstehen lässt, und als ein Ort, der nicht nur von Experten und Investoren geplant wird, sondern auch die zukünftigen Nutzer daran beteiligt.
Jede Generation von Architektur- und Städtebaustudenten hat ihre Bibel gehabt (so mussten wir in den späten Neunzigern viel investieren, wollten wir Koolhaas’ „SMLXL“ auch besitzen). Und auch hier finden Studenten (und nicht nur die) inspirierende Bilder, neue Vokabeln und ungewohnte Ansätze aber auch Texte, die kritischem Hinterfragen standhalten.
Bemerkenswert an diesem Buch ist, dass es Theorie und entwerferische Praxis gleichwertig nebeneinander stellt. Als künstlerischen Mehrwert gibt es dazu noch die wunderbaren Zeichnungen von Birgit auf der Lauer und Caspar Pauli, analoge Alltags-Panoramen, die von ungewöhnlichen Standpunkten gezeichnet, irritierende Perspektiven bieten.
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