Giedion und die Fotografie
Die Disziplinierung der Moderne
Text: Froschauer, Eva Maria, Berlin
Giedion und die Fotografie
Die Disziplinierung der Moderne
Text: Froschauer, Eva Maria, Berlin
Sigfried Giedion (1888–1968) war ein Zaubermeister der Moderne. Sein Nachlass wird in Zürich, einer seiner Lebensstationen, im Archiv des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) der ETH gehütet.
Der Zusammenhang Giedion und Fotografie ist dabei nur ein Aspekt unter vielen, der hier Aufmerksamkeit erfährt, konnte aber zu einem eigenen und langjährigen Forschungsprojekt ausgebaut werden.
Sigfried Giedion hat als lehrender und forschender Historiker, als Publizist, als Theoretiker und Propagandist sowie als CIAM-Sekretär den Nutzen der Fotografie verstanden. In dem vorliegenden Buch geht es allerdings nicht darum, Giedion neben vielen anderen Talenten jetzt auch noch jenes eines programmatischen Fotografen der Moderne zuzuschreiben, sondern dessen Umgang mit dem Medium Fotografie zu ergründen.
Der schöne und bildreiche Band tut dies zunächst mit einer Reihe von Aufsätzen, so etwa von Werner Oechslin zum Geschichts- und Bildverständnis Giedions, von Daniel Weiss zu den CIAM-Beilagen der Bauwelt – über die sich die Bewegung damals große Publizität erwartete –, oder von Reto Geiser zur „Bildarbeit“ Giedions auch in Amerika. Dem folgen über 40 Fallstudien, die Giedions Umgang mit der Fotografie zeigen und die Überlegungen zu Bild und dessen Verwendung in seinem Werk illustrieren. Jeder dieser Fälle wird auf zwei bis vier Seiten gezeigt; je ein bestimmter Bildkomplex wird erörtert, gewichtet, bewertet und eingeordnet. So werden Bilder vom Skilaufen interpretiert, die Giedion und seine Frau Carola Giedion-Welcker aufnahmen und in denen es um die Darstellung des Menschen in der Natur ging; aber auch die berühmten Eiffelturm-Bilder der Freunde Moholy-Nagy und Giedion, welche die Darstellung von „Konstruktion“ zum Emblem der Moderne machten; oder die Layout-Entwürfe Giedions für sein Buch „Bauen in Frankreich“ (1928), die zeigen, wie er die Argumentation via Bild geschickt steuerte.
Allein die erhaltene Diasammlung Giedions, die er für seine Vorlesungen benutzte, umfasst rund 2300 Glasdiapositive; Gregor Harbusch verweist darauf, dass sich erstaunlich wenig „Regieanweisungen“ über deren Einsatz bei Vorlesungen und Vorträgen finden. Trotzdem sei Giedion der stetig wachsende Bildkorpus ein intuitives und auch sicheres Arbeitsinstrument gewesen, schnell und flexibel im Gebrauch, wie Harbusch schreibt, ein „kondensiertes visuelles Archiv“. In diesem Sinn ist dieses Giedion-Buch auch zu begreifen. Eine Studie, schöpfend aus einer Fülle von hervorragend abgebildetem Grundlagenmaterial, die die Strategien und Instrumente des Zaubermeisters besser verstehen lässt.
Giedion fotografierte seit etwa 1925 systematisch auch selbst. Seine stilistischen Mittel waren dem Repertoire der Zeit entnommen: Schrägansichten, Ausschnitte, Dynamisierungen. Eigene und fremde Aufnahmen benötigte er wesentlich auch für den didaktischen Kniff des „vergleichenden Sehens“. Sein bekanntes und berühmtes Wort vom „eiligen Leser“, den es zu überzeugen gälte (wenn nicht mit dem Bild, wie denn sonst?), belegt seine Wertschätzung allem Bildmedialen gegenüber.
Wie viel Kontrolle Giedion über das publizierte Bild in seinen eigenen Büchern hatte, auch das wird gezeigt: auswählen, ausschneiden, retuschieren und komponieren, der bekannte „bildnerische“ Werkzeugkasten der Moderne im Zusammenhang mit der Fotografie ist ein weiteres Mal dokumentiert.
Das Buch berührt somit viele Themen: das der (Architektur-) Geschichtsschreibung im Sinne der Selbstkonstitution dieser Disziplin, jenes der Repräsentation und das des noch nicht zu Ende erforschten Zusammenhangs von Architekturmoderne und Fotografie, das der Formierung von Wissensbeständen, hier anhand einer Bildersammlung.
Sigfried Giedion hat als lehrender und forschender Historiker, als Publizist, als Theoretiker und Propagandist sowie als CIAM-Sekretär den Nutzen der Fotografie verstanden. In dem vorliegenden Buch geht es allerdings nicht darum, Giedion neben vielen anderen Talenten jetzt auch noch jenes eines programmatischen Fotografen der Moderne zuzuschreiben, sondern dessen Umgang mit dem Medium Fotografie zu ergründen.
Der schöne und bildreiche Band tut dies zunächst mit einer Reihe von Aufsätzen, so etwa von Werner Oechslin zum Geschichts- und Bildverständnis Giedions, von Daniel Weiss zu den CIAM-Beilagen der Bauwelt – über die sich die Bewegung damals große Publizität erwartete –, oder von Reto Geiser zur „Bildarbeit“ Giedions auch in Amerika. Dem folgen über 40 Fallstudien, die Giedions Umgang mit der Fotografie zeigen und die Überlegungen zu Bild und dessen Verwendung in seinem Werk illustrieren. Jeder dieser Fälle wird auf zwei bis vier Seiten gezeigt; je ein bestimmter Bildkomplex wird erörtert, gewichtet, bewertet und eingeordnet. So werden Bilder vom Skilaufen interpretiert, die Giedion und seine Frau Carola Giedion-Welcker aufnahmen und in denen es um die Darstellung des Menschen in der Natur ging; aber auch die berühmten Eiffelturm-Bilder der Freunde Moholy-Nagy und Giedion, welche die Darstellung von „Konstruktion“ zum Emblem der Moderne machten; oder die Layout-Entwürfe Giedions für sein Buch „Bauen in Frankreich“ (1928), die zeigen, wie er die Argumentation via Bild geschickt steuerte.
Allein die erhaltene Diasammlung Giedions, die er für seine Vorlesungen benutzte, umfasst rund 2300 Glasdiapositive; Gregor Harbusch verweist darauf, dass sich erstaunlich wenig „Regieanweisungen“ über deren Einsatz bei Vorlesungen und Vorträgen finden. Trotzdem sei Giedion der stetig wachsende Bildkorpus ein intuitives und auch sicheres Arbeitsinstrument gewesen, schnell und flexibel im Gebrauch, wie Harbusch schreibt, ein „kondensiertes visuelles Archiv“. In diesem Sinn ist dieses Giedion-Buch auch zu begreifen. Eine Studie, schöpfend aus einer Fülle von hervorragend abgebildetem Grundlagenmaterial, die die Strategien und Instrumente des Zaubermeisters besser verstehen lässt.
Giedion fotografierte seit etwa 1925 systematisch auch selbst. Seine stilistischen Mittel waren dem Repertoire der Zeit entnommen: Schrägansichten, Ausschnitte, Dynamisierungen. Eigene und fremde Aufnahmen benötigte er wesentlich auch für den didaktischen Kniff des „vergleichenden Sehens“. Sein bekanntes und berühmtes Wort vom „eiligen Leser“, den es zu überzeugen gälte (wenn nicht mit dem Bild, wie denn sonst?), belegt seine Wertschätzung allem Bildmedialen gegenüber.
Wie viel Kontrolle Giedion über das publizierte Bild in seinen eigenen Büchern hatte, auch das wird gezeigt: auswählen, ausschneiden, retuschieren und komponieren, der bekannte „bildnerische“ Werkzeugkasten der Moderne im Zusammenhang mit der Fotografie ist ein weiteres Mal dokumentiert.
Das Buch berührt somit viele Themen: das der (Architektur-) Geschichtsschreibung im Sinne der Selbstkonstitution dieser Disziplin, jenes der Repräsentation und das des noch nicht zu Ende erforschten Zusammenhangs von Architekturmoderne und Fotografie, das der Formierung von Wissensbeständen, hier anhand einer Bildersammlung.
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