Bauwelt

Jean Krämer – Architekt

Das Buch würdigt die weitgehend vergessene Arbeit eines wichtigen deutschen Architekten, und es erklärt einen wesentlichen Teil der Berliner Stadtbaugeschichte.

Text: Bartels, Olaf, Hamburg

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Jean Krämer – Architekt

Das Buch würdigt die weitgehend vergessene Arbeit eines wichtigen deutschen Architekten, und es erklärt einen wesentlichen Teil der Berliner Stadtbaugeschichte.

Text: Bartels, Olaf, Hamburg

Die Kriege und politischen Konflikte in Deutschland und die damit verbundenen Fluchtbewegungen haben auch in der Architekturgeschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts Lücken hinterlassen, die zum Teil erst jetzt wieder geschlossen werden können. Der Architekt Jean Krämer hat in Berlin mit seinen Straßenbahndepots und den Wohnbauten für die Mitarbeiter der Straßenbahnbetriebe in den zwanziger und dreißiger Jahren markante, heute noch sichtbare Spuren im Stadtbild hinterlassen. Zuvor war er zehn Jahre, von 1908 bis 1918, Büroleiter bei Peter Behrens gewesen, der wohl wichtigsten Kaderschmiede der Moderne in Deutschland, wenn nicht in Europa. Schließlich zählten Walter Gropius, Adolf Meyer, Mies van der Rohe, Le Corbusier und einige andere ihrer Protagonisten in dieser Zeit zu seinen Mitarbeitern.
Dennoch ist Jean Kraemer in den vergangenen Jahrzehnten in Vergessenheit geraten. Erst der mehr oder weniger zufällige Fund entscheidender Dokumente durch seine Tochter Inge Fernando im fernen Australien versetzte die Wissenschaftler Stanford Anderson, der im Januar verstarb, Karen Grunow und Carsten Krohn in die Lage, wichtige Korrekturen in der deutschen Architekturgeschichte vorzunehmen. Sie belegen nicht nur das bisher Bekannte, sondern auch Krämers direkte Leitung unter anderem der Planungen zur Kaiserlich Deutschen Botschaft in St. Petersburg, an der bislang Mies van der Rohe ein wesentlicher Anteil zugeschrieben worden war. Auch an anderen Behrens-Bauten hatte Krämer einen wichtigen Anteil. Er führte viele Projekte wie die AEG-Werksiedlung in Hennigsdorf sowie die Erweiterung dieses Werkes nach seinem Ausscheiden aus dem Büro Behrens weiter fort. Die Dokumente und Fotos, die seine Toch-ter wiederentdeckt hat, werfen auch neue Schlaglichter auf dessen Mitarbeiter, deren Arbeitsweise und Umgangsformen. Und sie ermöglichten eine nahezu vollständige Werkliste, die Karen Grunow mit erläuternden Texten versah. Sie verweist außerdem in einem Essay auf die Besonderheit von Krämers Gesamtwerk. Grunow konnte zudem eine umfassende Sammlung historischer Fotos der Krämer-Bauten erschließen. Carsten Krohn hat sämtliche Bauten noch einmal fotografiert, ohne allerdings einen einzigen Hinweis auf den Aufnahmezeitpunkt zu hinterlassen. In einem eigenen Essay unterstreicht Krohn die stadträumliche Bedeutung der jeweils als komplexe Einheiten – sozusagen als Stadt in der Stadt – entstandenen Komplexe aus Straßenbahndepots und Mitarbeiterwohnungen. Sie sind noch heute über ganz Berlin verteilt. Nicht zuletzt ordnet Stanford Anderson in seinem wohl letzten Essay die Arbeit Jean Krämers in den deutschen und in den internationalen Kontext der Architekturgeschichte ein.
Das Buch würdigt die weitgehend vergessene Arbeit eines wichtigen deutschen Architekten, und es erklärt einen wesentlichen Teil der Berliner Stadtbaugeschichte.
Fakten
Autor / Herausgeber Stanford Anderson, Karen Grunow und Carsten Krohn
Verlag Weimarer Verlagsgesellschaft, Wiesbaden 2015
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aus Bauwelt 15.2016
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