Karl Scheffler. Essays | Gedanken über das Zweckfreie
Text: Froschauer, Eva Maria, Berlin
Karl Scheffler. Essays | Gedanken über das Zweckfreie
Text: Froschauer, Eva Maria, Berlin
Der Erfolg des Hörbuchs scheint zunächst für die schöne Kunst- und Architekturliteratur aus der Natur der Sache heraus nicht wirksam zu werden, schließlich – man will etwas sehen. Eine angenehm unspektakuläre Doppel-CD kann allerdings den Gegenbeweis
antreten. Dieses Hörbuch ist mit fünfzehn Essaytexten Karl Schefflers besprochen, die allesamt aus der produktivsten Zeit des Kunstschriftstellers und Kritikers zwischen 1909 und 1933 stammen. Die Stimme Wolf Eubas, eines stilsicheren Klassikers unter den Rezitatoren, lässt einen Karl Scheffler erwachen, dessen mitunter winkeligen Gedankengängen man gerne folgt.
antreten. Dieses Hörbuch ist mit fünfzehn Essaytexten Karl Schefflers besprochen, die allesamt aus der produktivsten Zeit des Kunstschriftstellers und Kritikers zwischen 1909 und 1933 stammen. Die Stimme Wolf Eubas, eines stilsicheren Klassikers unter den Rezitatoren, lässt einen Karl Scheffler erwachen, dessen mitunter winkeligen Gedankengängen man gerne folgt.
Wer sich mit dem Hören noch nicht ganz sicher ist, beginnt am besten mit dem Text „Vom Zuhören“ (1926) und wird erinnert, dass viel Produktivität und viele Antworten in dieser Fähigkeit lägen, die Scheffler als selbstverständliche und aus den Grundlagen einer guten Erziehung herrührende Kulturtechnik begriffen hatte. Zuhören verbiete das Reden nicht, auch nicht das Plaudern, wenn es gut gemacht sei. Genau zwischen jenem eloquenten Unterhalten und dem ernsthaften Fortbilden balancierte Schefflers Textarbeit. So ans Hören gewöhnt, kann man zum Beispiel Schefflers „Erlebnisse des Sehens“ (1926) nachvollziehen. Der Schriftsteller fährt Straßenbahn und folgt, nach Christian Morgensterns Versen, dem hübschen Spiel, sich in den Mitfahrern gemäß ihrer anatomischen Eigenheiten ein heiteres Tierreich vorzustellen: zum Beispiel die Frau, die wie ein Kaninchen aussieht; oder weiter, auf die Kunst bezogen, ist für Scheffler in jedem noch so grimmigen Mitfahrer ein Bild verborgen, der Wagen sitzt in der Illusion plötzlich voller Motive von Liebermann, Dürer und Renoir. Eine schöne und zweckfreie Übung, die den Hörer verstehen lässt, wie sehr der Kunstkritiker vom Kunstsehen durchdrungen war.
Die Auswahl der Texte, die die Verlegerin nach freien Vorlieben traf, zeigt Seiten des Kritikers, die sich in Idealismus, Menschenliebe und Konzilianz äußerten. Scheffler glaubte die „kulturbildenden“ gesellschaftswirksamen Kräfte über den Ersten Weltkrieg hinweg und in Vorahnung eines weiteren nicht verloren. Entgegen den Nützlichkeitsbestrebungen in der Kunst seiner Zeit erlaubte er sich Zweckfreiheit, und entgegen dem Kalkül unserer Zeit erlaubt sich das Hörbuch Muße. Man kann Texte, wie Schefflers wiederkehrende Selbstbefragungen „Aus der Werkstatt des Schriftstellers“ (1933), durchaus gespickt mit milieubedingten Eitelkeiten verstehen, doch ist auch das andauernde Suchen in seiner Tätigkeit bekannt und neutralisiert so manche Koketterie. Überdies, wenn Selbstkritik darauf hinauslief, dass der Anspruch des Schreibers in der täglich neu zu überwindenden Unsicherheit lag und er Kraft in einer bestimmten Grundhaltung, nämlich dem „Bewegtsein“ fand. Letztlich akzeptierte er bei sich und anderen nur eine richtende Instanz: die Begabung.
Scheffler ist heute immer noch schwer zu fassen, warum, wird in kurzen Texten wie in „Religion des Sozialismus“ (1918) deutlich. Er verkannte nicht und akzeptierte die neuen gesellschaftlichen Kräfte, doch blieb er gewissen alten Hegemonien verbunden. Irgendwo zwischen Proletariat und Bürgertum sah er Räume, wo sich politisch indifferente Menschen dem Gegenstand ihrer Arbeit wie einer Religion hingeben konnten. In jedem Fall ist es eine gute Übung, Scheffler nicht abgelenkt durch eine ganze Kunstwelt, so wie sie ihn in seiner Zeitschrift „Kunst und Künstler“ umgab, zuzuhören. Man wünscht ihm Nachfahren, die, wie er es von seinen Enkeln forderte, das Wundern nicht verlernen.
Die Auswahl der Texte, die die Verlegerin nach freien Vorlieben traf, zeigt Seiten des Kritikers, die sich in Idealismus, Menschenliebe und Konzilianz äußerten. Scheffler glaubte die „kulturbildenden“ gesellschaftswirksamen Kräfte über den Ersten Weltkrieg hinweg und in Vorahnung eines weiteren nicht verloren. Entgegen den Nützlichkeitsbestrebungen in der Kunst seiner Zeit erlaubte er sich Zweckfreiheit, und entgegen dem Kalkül unserer Zeit erlaubt sich das Hörbuch Muße. Man kann Texte, wie Schefflers wiederkehrende Selbstbefragungen „Aus der Werkstatt des Schriftstellers“ (1933), durchaus gespickt mit milieubedingten Eitelkeiten verstehen, doch ist auch das andauernde Suchen in seiner Tätigkeit bekannt und neutralisiert so manche Koketterie. Überdies, wenn Selbstkritik darauf hinauslief, dass der Anspruch des Schreibers in der täglich neu zu überwindenden Unsicherheit lag und er Kraft in einer bestimmten Grundhaltung, nämlich dem „Bewegtsein“ fand. Letztlich akzeptierte er bei sich und anderen nur eine richtende Instanz: die Begabung.
Scheffler ist heute immer noch schwer zu fassen, warum, wird in kurzen Texten wie in „Religion des Sozialismus“ (1918) deutlich. Er verkannte nicht und akzeptierte die neuen gesellschaftlichen Kräfte, doch blieb er gewissen alten Hegemonien verbunden. Irgendwo zwischen Proletariat und Bürgertum sah er Räume, wo sich politisch indifferente Menschen dem Gegenstand ihrer Arbeit wie einer Religion hingeben konnten. In jedem Fall ist es eine gute Übung, Scheffler nicht abgelenkt durch eine ganze Kunstwelt, so wie sie ihn in seiner Zeitschrift „Kunst und Künstler“ umgab, zuzuhören. Man wünscht ihm Nachfahren, die, wie er es von seinen Enkeln forderte, das Wundern nicht verlernen.
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