Patrimonium
Denkmalpflege und Bauforschung in der Schweiz 1950–2000
Text: Tietz, Jürgen, Berlin
Patrimonium
Denkmalpflege und Bauforschung in der Schweiz 1950–2000
Text: Tietz, Jürgen, Berlin
Denkmalpflege besitzt ganz unterschiedliche Facetten. Je nachdem ob Denkmale auf dem Land stehen oder in der Stadt, ob es sich um Orgeln handelt oder Glocken, um Gärten oder Industriequartiere, um archäologische Fundstellen oder städtebauliche Denkmale bedürfen sie ebenso spezifischer wie angemessener Erhaltungsstrategien.
Immer wieder bedarf aber auch die Denkmalpflege selbst, die ja über die Geschichte an sich handelt, eines reflektierenden Rückblicks auf die eigene Geschichte des Fachs. Eine solche Selbstvergewisserung bietet das 800 Seiten starke Buch „Patrimonium“ für die Schweizer Denkmalpflege. Es bietet einen Rückblick auf 50 Jahre Denkmalpflege und archäologische Bauforschung in der Schweiz. Das Buch erweist sich zugleich als eine kluge Übersicht über die unterschiedlichen Aufgaben und Teilbereiche der Denkmalpflege, die dank der grundsätzlichen Annäherung an das Thema als eine Einführung in den Umgang mit Denkmalen in der Schweiz insgesamt gelesen werden kann – auch vor dem Hintergrund deutscher Denkmalgeschichte und -erfahrungen.
So liefert der zentrale Beitrag von André Meyer einen Überblick über die „Denkmalpflege in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts“. Er zeigt auf, dass Restaurieren und Konservieren nicht nur etwas über die Vergangenheit verrät, sondern stets auch Aussagen über die Gegenwart trifft. Meyer führt seine Leser bis zu den Anfängen der Schweizer Denkmalpflege im 19. Jahrhundert zurück und verdeutlicht die wechselnden Restaurierungspraktiken im Umgang mit dem gebauten Erbe im 20. Jahrhundert: Sie mäandern, wie in Deutschland auch, zwischen dem lautstark eingeforderten „Recht der Gegenwart“ und einer „streng antiquarisch-historischen“ Behandlung der Objekte. Anschaulich zeichnet Meyer diese Paradigmenwechsel nach, als sich etwa Linus Birch-ler, der zwischen 1942 und 1963 als Präsident die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege leitete, gegen das „Verrestaurieren von Kirchen“ früherer Denkmalpfleger wandte. Moderne Architektur etwa war Birchler nur dann willkommen, „wenn sie sich taktvoll“ aufführte. „Dass sich aber zeitgenössische Architektur fast nie taktvoll verhalte, wurde zum Credo der Denkmalpflege bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts“, konstatiert Meyer.
In den 70er Jahren verlor der kunsthistorisch-ästhetisch geprägte Denkmalbegriff in Europa an Einfluss, während die historische Bedeutung der Denkmale an Gewicht gewann. Zugleich wuchs die Achtsamkeit für die Bauten des 19. und 20. Jahrhunderts sowie für den wichtigen Ensemble- und Ortsbildschutz. Wie schmal der denkmalpflegerische Grat zwischen Erhalten und Verändern gleichwohl blieb, zeigen einige Beispiele der „restaurierenden (rekonstruierenden) Rückgewinnung“, die Meyer vorstellt. Am Ende mancher Sanierung erkennt man das alte Denkmal vor lauter neuer Historie kaum wieder. „Besäßen wir wirklich Geschichte, wir bräuchten keine Denkmalpflege“, beschreibt der Architekturhistoriker Werner Oechslin in seinen „afterthoughts“ denn auch polemisch zugespitzt die Rolle der Denkmalpflege – wir werden sie wohl noch lange benötigen.
So liefert der zentrale Beitrag von André Meyer einen Überblick über die „Denkmalpflege in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts“. Er zeigt auf, dass Restaurieren und Konservieren nicht nur etwas über die Vergangenheit verrät, sondern stets auch Aussagen über die Gegenwart trifft. Meyer führt seine Leser bis zu den Anfängen der Schweizer Denkmalpflege im 19. Jahrhundert zurück und verdeutlicht die wechselnden Restaurierungspraktiken im Umgang mit dem gebauten Erbe im 20. Jahrhundert: Sie mäandern, wie in Deutschland auch, zwischen dem lautstark eingeforderten „Recht der Gegenwart“ und einer „streng antiquarisch-historischen“ Behandlung der Objekte. Anschaulich zeichnet Meyer diese Paradigmenwechsel nach, als sich etwa Linus Birch-ler, der zwischen 1942 und 1963 als Präsident die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege leitete, gegen das „Verrestaurieren von Kirchen“ früherer Denkmalpfleger wandte. Moderne Architektur etwa war Birchler nur dann willkommen, „wenn sie sich taktvoll“ aufführte. „Dass sich aber zeitgenössische Architektur fast nie taktvoll verhalte, wurde zum Credo der Denkmalpflege bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts“, konstatiert Meyer.
In den 70er Jahren verlor der kunsthistorisch-ästhetisch geprägte Denkmalbegriff in Europa an Einfluss, während die historische Bedeutung der Denkmale an Gewicht gewann. Zugleich wuchs die Achtsamkeit für die Bauten des 19. und 20. Jahrhunderts sowie für den wichtigen Ensemble- und Ortsbildschutz. Wie schmal der denkmalpflegerische Grat zwischen Erhalten und Verändern gleichwohl blieb, zeigen einige Beispiele der „restaurierenden (rekonstruierenden) Rückgewinnung“, die Meyer vorstellt. Am Ende mancher Sanierung erkennt man das alte Denkmal vor lauter neuer Historie kaum wieder. „Besäßen wir wirklich Geschichte, wir bräuchten keine Denkmalpflege“, beschreibt der Architekturhistoriker Werner Oechslin in seinen „afterthoughts“ denn auch polemisch zugespitzt die Rolle der Denkmalpflege – wir werden sie wohl noch lange benötigen.
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