Paul Stohrer
Architekt in der Zeit des Wirtschaftswunders
Text: Lubitz, Jan, Stuttgart
Paul Stohrer
Architekt in der Zeit des Wirtschaftswunders
Text: Lubitz, Jan, Stuttgart
Im letzten Vierteljahrhundert wurde das Bauschaffen der Nachkriegszeit als architekturhistorisches Thema entdeckt. Dadurch rückte auch eine Generation von Planern in den Fokus des Interesses, die den Wiederaufbaujahren ihren architektonischen Stempel aufgedrückt haben.
In der schwäbischen Architekturmetropole Stuttgart, immerhin Sitz einer renommierten deutschen Architekturfakultät, blieb es jedoch auffallend still um dieses Thema. Lediglich das Werk von Rolf Gutbrod wurde 2010 anlässlich seines 100. Geburtstags wissenschaftlich behandelt. Mit dem Buch „Paul Stohrer. Architekt in der Zeit des Wirtschaftswunders“ hat Ursula Grammel nun eine Publikation vorgelegt, die sich mit einem der bedeutendsten Stuttgarter Architekten der Nachkriegszeit beschäftigt.
Der 1909 geborene Stohrer hat mit seinen Bauten wesentlich zum modernen Erscheinungsbild der Stadt beigetragen. In der zeitgenössischen Architekturlandschaft stellten seine plastisch strukturierten Fassaden und abstrakt komponierten Baukörper jedoch eine Ausnahmeerscheinung dar, genauso wie Stohrers extravaganter Lebensstil mit einem Hang zu feinen Stoffen und schnellen Autos. Dieser Nonkonformismus bildete dabei einen Kontrapunkt zur konservativen Strenge der „Stuttgarter Schule“, die auch nach 1945 noch zahlreiche Anhänger hatte. Stohrer bezog seine Vorbilder dagegen eher aus der italienischen Architektur: aber auch Ikonen des International Style von Architekten wie Le Corbusier oder Oscar Niemeyer fanden Niederschlag in seinem Schaffen.
Ursula Grammel, die selber noch bei Stohrer studiert und gearbeitet hat, streift mit ihrem Buch zahlreiche Facetten der Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Mindestens ebenso wichtig ist es ihr aber, die Persönlichkeit des Architekten nachzuzeichnen, die sich kongenial in seinem Werk ausgeprägt hat. Auszüge aus Stohrers Korrespondenz und Zitate ehemaliger Mitarbeiter und Kollegen, die weitgehend unkommentiert wiedergegeben werden, bieten interessante Einblicke in sein Architekturverständnis. Skizzenblätter, Modellbilder und Fotos von seiner Lehrtätigkeit vermitteln den spielerischen Charakter seiner Entwurfsansätze.
Dagegen belastet sich das Buch nur wenig damit, dem bereits gut aufgearbeiteten architekturhistorischen Kontext nachzugehen. Der individualisierende Fokus der Arbeit hat zur Folge, dass Paul Stohrer relativ isoliert betrachtet wird. Weder die Auseinandersetzungen um das Neue Bauen, die er
im Stuttgart der 20er Jahre im Zusammenhang mit der Weißenhof-Siedlung oder als Mitarbeiter im
Büro Gebhardt miterlebt hat, noch die Positionen der „Stuttgarter Schule“, deren Traditionalismus in seinen Studienjahren die lokale Architekturszene dominiert, werden umfassend reflektiert. Auch sein Schaffen der Nachkriegsjahre erfährt eine stark perso-
nalisierte Betrachtung, während generelle Entwick-
lungstendenzen sowie nationale oder internationale Vergleichsbauten nur stichpunktartig aufgenommen werden. Ganz außen vor bleibt sogar Stohrers Spätwerk mit Geschosswohnungsbauten der frühen 70er Jahre, die nach Einschätzung der Autorin die qualitätvolle Ausprägung früherer Entwürfe vermissen lassen.
So wird in dem Buch vor allem Paul Stohrers Persönlichkeit gewürdigt und seine Ausnahmestellung in der zeitgenössischen Architekturlandschaft herausgestellt. Der Blickwinkel der Untersuchungen bleibt konsequent auf Stuttgart fixiert. Parallele Entwicklungen außerhalb der Stadtgrenzen oder
gar das Werk weiterer Architekten seiner Generation, die mit vergleichbaren Entwurfshaltungen als Referenz hätten dienen können, werden nur peripher behandelt. Mit der umfangreichen Darstellung sei-nes architektonischen Schaffens bildet das Buch aber – auch über das Stuttgarter Umfeld hinaus – eine gute Grundlage für weitergehende wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit Paul Stohrer und seiner Zeit.
Der 1909 geborene Stohrer hat mit seinen Bauten wesentlich zum modernen Erscheinungsbild der Stadt beigetragen. In der zeitgenössischen Architekturlandschaft stellten seine plastisch strukturierten Fassaden und abstrakt komponierten Baukörper jedoch eine Ausnahmeerscheinung dar, genauso wie Stohrers extravaganter Lebensstil mit einem Hang zu feinen Stoffen und schnellen Autos. Dieser Nonkonformismus bildete dabei einen Kontrapunkt zur konservativen Strenge der „Stuttgarter Schule“, die auch nach 1945 noch zahlreiche Anhänger hatte. Stohrer bezog seine Vorbilder dagegen eher aus der italienischen Architektur: aber auch Ikonen des International Style von Architekten wie Le Corbusier oder Oscar Niemeyer fanden Niederschlag in seinem Schaffen.
Ursula Grammel, die selber noch bei Stohrer studiert und gearbeitet hat, streift mit ihrem Buch zahlreiche Facetten der Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Mindestens ebenso wichtig ist es ihr aber, die Persönlichkeit des Architekten nachzuzeichnen, die sich kongenial in seinem Werk ausgeprägt hat. Auszüge aus Stohrers Korrespondenz und Zitate ehemaliger Mitarbeiter und Kollegen, die weitgehend unkommentiert wiedergegeben werden, bieten interessante Einblicke in sein Architekturverständnis. Skizzenblätter, Modellbilder und Fotos von seiner Lehrtätigkeit vermitteln den spielerischen Charakter seiner Entwurfsansätze.
Dagegen belastet sich das Buch nur wenig damit, dem bereits gut aufgearbeiteten architekturhistorischen Kontext nachzugehen. Der individualisierende Fokus der Arbeit hat zur Folge, dass Paul Stohrer relativ isoliert betrachtet wird. Weder die Auseinandersetzungen um das Neue Bauen, die er
im Stuttgart der 20er Jahre im Zusammenhang mit der Weißenhof-Siedlung oder als Mitarbeiter im
Büro Gebhardt miterlebt hat, noch die Positionen der „Stuttgarter Schule“, deren Traditionalismus in seinen Studienjahren die lokale Architekturszene dominiert, werden umfassend reflektiert. Auch sein Schaffen der Nachkriegsjahre erfährt eine stark perso-
nalisierte Betrachtung, während generelle Entwick-
lungstendenzen sowie nationale oder internationale Vergleichsbauten nur stichpunktartig aufgenommen werden. Ganz außen vor bleibt sogar Stohrers Spätwerk mit Geschosswohnungsbauten der frühen 70er Jahre, die nach Einschätzung der Autorin die qualitätvolle Ausprägung früherer Entwürfe vermissen lassen.
So wird in dem Buch vor allem Paul Stohrers Persönlichkeit gewürdigt und seine Ausnahmestellung in der zeitgenössischen Architekturlandschaft herausgestellt. Der Blickwinkel der Untersuchungen bleibt konsequent auf Stuttgart fixiert. Parallele Entwicklungen außerhalb der Stadtgrenzen oder
gar das Werk weiterer Architekten seiner Generation, die mit vergleichbaren Entwurfshaltungen als Referenz hätten dienen können, werden nur peripher behandelt. Mit der umfangreichen Darstellung sei-nes architektonischen Schaffens bildet das Buch aber – auch über das Stuttgarter Umfeld hinaus – eine gute Grundlage für weitergehende wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit Paul Stohrer und seiner Zeit.
0 Kommentare