Peter Zumthor 1985–2013
Bauten und Projekte
Text: Graff, Uta, Berlin
Peter Zumthor 1985–2013
Bauten und Projekte
Text: Graff, Uta, Berlin
Spannung und Gelöstheit sind gleichermaßen den Werken Peter Zumthors wie seiner lange erwarteten Monografie eigen, die sechzehn Jahre nach Erscheinen der ersten großen Werkveröffentlichung „Peter Zumthor Häuser 1979–1997“ nun in fünf Bänden vorliegt. Neugierde und Erwartungen an die von Thomas Durisch herausgegebene und bei Schneidegger & Spiess erschienene Publikation sind dem entsprechend hoch.
Man wird nicht enttäuscht: Inhaltlich wie in ihrer äußeren Erscheinung, sorgfältig und qualitativ hochwertig, spiegeln die Bücher das darin vorgestellte Œuvre.
Zumthor beginnt die Monografie an dem Punkt, an dem er den „ideologischen Ballast“ der Achtundsechziger und der siebziger Jahre hinter sich lassen konnte und seinen „eigenen Vorstellungen wieder zu vertrauen“ begann. Es ist der Anfang einer kontinuierlichen und kompromisslosen Suche nach der adäquaten architektonischen Antwort auf einen Ort, dem stimmigen räumlichen und atmosphärischen Ausdruck für eine bestimmte Nutzung, nach einer „schönen und selbstverständlichen Übereinstimmung von Form und Inhalt“, die bis heute fortdauert. Aus ihr erwächst die spezifische Qualität seiner Bauten, deren breites Spektrum erstaunt. In ihrer äußeren Erscheinung unterscheiden sie sich stark voneinander; in Haltung und Herangehensweise, im Zusammenwirken von Ort und Gebrauch, als den wesentlichen Faktoren für das Finden der richtigen Form, entspringen sie demselben Geist.
Auf mehr als 800 Seiten werden mit Fotografien und Modellen, Skizzen und Zeichnungen die bekannten Werke der frühen Jahre und neuere, bisher noch nicht veröffentlichte Arbeiten aus jüngerer Zeit chronologisch dokumentiert. Jede Arbeit begleitet ein Text Zumthors aus heutiger Sicht, in dem er den Wünschen und dem Wollen während der Arbeit am jeweiligen Projekt nachspürt. Darin kommen eine berührend selbstkritische Sicht auf die Umstände des Entstehens und Nichtentstehens von Gedachtem, ein nachdenklich gelassenes Durchleben des Gewesenen, ein Nachempfinden der Freuden und Enttäuschungen, der Bitterkeit und des Glücks zum Ausdruck.
Bedenkt man die große Anzahl an Skizzen Zumthors, an Modellen in unterschiedlichen Materialien und Maßstäben, an räumlichen und atmosphärischen Studien, die den Entstehungsprozess jedes Projektes begleiten, wird die Sorgfalt der Auswahl für diese Publikation deutlich. Das Arbeitsmaterial zu jedem einzelnen Vorhaben könnte leicht ein eigenes Buch füllen ohne inhaltlich redundant zu sein.
Vom Format und Gewicht sind es angenehm handhabbare Bücher in einem wunderschönen grau melierten Leineneinband. Wenn auch gestalterisch nicht so konsistent wie das 1998 bei Lars Müller erschienene Buch „Häuser“, ist dieses reichhaltige und dichte Gesamtwerk ein besonnener, persönlicher Rückblick Zumthors auf das eigene Schaffen und erlaubt einen wertvollen und anregenden Einblick in seine präzise und grundlegende architektonische Arbeit und den Prozess der Genese seiner Werke.
In ihrer unprätentiösen Selbstverständlichkeit sind diese Bücher Ausdruck einer über drei Jahrzehnte verfeinerten Haltung, die die Entschleunigung kultiviert und einen sinnlichen und in sich ruhenden Ausgleich zur Geschwindigkeit unserer Zeit schafft.
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