Rote Stühle | Das Gelände am Bogensee
Text: Kasiske, Michael, Berlin
Rote Stühle | Das Gelände am Bogensee
Text: Kasiske, Michael, Berlin
Die Bauten scheinen dem Abriss entgegengestoßenzu werden. Das legen Bilder und Texte in „Rote Stühle. Das Gelände am Bogensee: Hochschule der FDJ und Goebbels Landsitz“ nahe. Die seit Jahren ungenutzten Gebäude stellt Jana Dimmey einzeln in ausgewählten Fotografien vor, die Journalistin Karin Matthes dokumentiert den Monolog des Hausmeisters, der dem Verfall nur wenig entgegensetzen kann.
Beide Autorinnen lassen die Geschichte beiseite. Die hat Stefan Berkholz bereits in seinem 2004 erschienenen Buch „Goebbels’ Waldhof am Bogensee. Vom Liebesnest zur DDR-Propagandastätte“ umfassend dargestellt, des Weiteren gibt ein Aufsatz der zuständigen Denkmalpflegerin Ilona Rohowski die Entstehung kursorisch wieder. Zwischen der Flucht von Joseph Goebbels 1945 nach Berlin und der Inbesitznahme durch die „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ) unter ihrem späteren Vorsitzenden Erich Honecker liegt nur ein gutes Jahr. Bis zum Bau der Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ 1952 wurden das Landhaus und das nach Vorlage von Fritz Breuhaus de Groot errichtete Blockhaus für Kaderschulungen genutzt.
Unerwähnt bleibt auch, dass Schul- und Wohngebäude im persönlichen Auftrag von Walter Ulbricht maßgeblich von Hermann Henselmann und Kurt Liebknecht im Stil der „nationalen Tradition“ gestaltet wurden. Wie sich das Jugendkollektiv unter Leitung des Architekten Gottfried Wagner verbiegen musste, fasste der für den Innenausbau zuständige Hans Bogatzky für sich so zusammen: „Waren während des Studiums das Bauhaus, Scharoun, Schneck und andere Moderne meine Vorbilder, so musste ich mich 1952 in Klassizismus üben, als ich in die Ostberliner Baupraxis eintrat.“
Dimmey und Matthes, 1977 und 1978 geboren, sind gerade alt genug, um mit FDJ mehr zu verbinden als blaue Hemden. Sie haben sich gegen eine systematische Dokumentation entschieden. Stattdessen wechseln axial aufgenommene Bilder der Häuser und Innenräume ab mit bemoosten Tischtennisplatten und zusammengebrochenem Gartengestühl. Herausgerissene Strippen einer Abhöranlage und die vor dem Verlassen gereinigte Küche erklären sich von selbst. Die fragmentarisch dargestellte Atmosphäre lässt freilich spüren, dass sich einst Machtmenschen an diesem Ort Geltung verschaffen wollten, der Propagandaminister wie der Parteifunktionär.
Die Gegenwart versucht sich durch Übergabe an den Verfall aus der Geschichte herauszuschleichen. Dass alles Dämonische durch eine öffentliche Nutzung verschwinden könnte, übersteigt das Gestaltenwollen des Berliner Senats, der als Eigentümer die Liegenschaft nicht verkauft bekommt. Die Autorinnen sehen es genau: Bogensee als ein zerbröselnder Satellit im Märkischen Wald.
Unerwähnt bleibt auch, dass Schul- und Wohngebäude im persönlichen Auftrag von Walter Ulbricht maßgeblich von Hermann Henselmann und Kurt Liebknecht im Stil der „nationalen Tradition“ gestaltet wurden. Wie sich das Jugendkollektiv unter Leitung des Architekten Gottfried Wagner verbiegen musste, fasste der für den Innenausbau zuständige Hans Bogatzky für sich so zusammen: „Waren während des Studiums das Bauhaus, Scharoun, Schneck und andere Moderne meine Vorbilder, so musste ich mich 1952 in Klassizismus üben, als ich in die Ostberliner Baupraxis eintrat.“
Dimmey und Matthes, 1977 und 1978 geboren, sind gerade alt genug, um mit FDJ mehr zu verbinden als blaue Hemden. Sie haben sich gegen eine systematische Dokumentation entschieden. Stattdessen wechseln axial aufgenommene Bilder der Häuser und Innenräume ab mit bemoosten Tischtennisplatten und zusammengebrochenem Gartengestühl. Herausgerissene Strippen einer Abhöranlage und die vor dem Verlassen gereinigte Küche erklären sich von selbst. Die fragmentarisch dargestellte Atmosphäre lässt freilich spüren, dass sich einst Machtmenschen an diesem Ort Geltung verschaffen wollten, der Propagandaminister wie der Parteifunktionär.
Die Gegenwart versucht sich durch Übergabe an den Verfall aus der Geschichte herauszuschleichen. Dass alles Dämonische durch eine öffentliche Nutzung verschwinden könnte, übersteigt das Gestaltenwollen des Berliner Senats, der als Eigentümer die Liegenschaft nicht verkauft bekommt. Die Autorinnen sehen es genau: Bogensee als ein zerbröselnder Satellit im Märkischen Wald.
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