Was das Heute prägt
Luftbilder von Hamburg zwischen 1954–1969
Text: Höhns, Ulrich, Oldenbüttel
Was das Heute prägt
Luftbilder von Hamburg zwischen 1954–1969
Text: Höhns, Ulrich, Oldenbüttel
Als Google Earth noch kein Satellitenauge auf die Welt geworfen hatte und Dronen für den kleineren Maßstab beim Blick von oben nach unten auch noch nicht in Sicht waren, da gab es Luftbilder. In Hamburg ist ein Schatz dieses in Vergessenheit geratenden Genres aus den 1950er und 60er Jahren gehoben worden. Die Aufnahmen stammen von Günther Krüger, der sie aus einem kleinen Flugzeug heraus in geringer Höhe von „seiner“ Stadt gefertigt hat. Es ist ein subjektiver, stets komponierter, kontrastreicher Schwarz-Weiß-Blick auf die norddeutsche Metropole während ihres rasanten Neuaufbaus nach den enormen Zerstörungen des Krieges. Weil Krüger aus einer Schrägperspektive in die Stadträume hinein fotografierte, sind die Aufnahmen plastisch und nuanciert. Ihr Nostalgiepotenzial ist hoch, denn sie fixieren neben allem Fortschritt auch, was war und im nächsten Augenblick nicht mehr ist. Der intakte „Dovenhof“ etwa, das erste moderne Kontorhaus, das dem „Spiegel“-Hochhaus weicht, das nun auch nicht mehr gebraucht gerade zum Start-up-Campus wird. Nebenan drängen sich noch armselige Altstadtreste, bereits im Zangengriff der neuen Ost-West-Straße, die sie dann restlos tilgt. Den Elbstrand vor Blankenese mit Sonnenschirmen, Sandburgen und kleinem Hotel am großen Fluss gibt es zum Glück noch.
Das schön gemachte Buch unternimmt aber keine sentimentale Reise in eine verlorene Vergangenheit. Was hier zu sehen ist, prägt das Heute. Gert Kähler analysiert die Motive aus der Sicht des über das Sachthema hinaus genau informierten Architekturhistorikers, anschaulich, faktenreich und in den aktuellen Zusammenhang gestellt, manchmal lakonisch, nie belehrend. In den Fotos wie in den Texten lässt sich spazieren gehen und dabei viel über die Stadt erfahren, wie sie wurde, was sie ist. Es scheint sogar durch, was kommen wird nach HafenCity, Sprung über die Elbe und massiver Verdichtung in den boomenden Stadtteilen, was auf diesen Fotos ja alles noch Zukunft ist. Wächst Hamburg weiter wie bisher, dann in die unscharfen Cityränder hinein, vor allem nach Osten und Süden und auch dort bis an den Strom. Die geeigneten Gegenden sind auf den historischen Fotos gut auszumachen.
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