Bauwelt Preis 2009
Text: Zwoch, Felix, Berlin
Bauwelt Preis 2009
Text: Zwoch, Felix, Berlin
„Das erste Haus“ zum sechsten Mal. Von Second Nature bis Prototypen. Der Bauwelt Preis ist zu einer europäischen Institution geworden. Wir gratulieren Preisträgern aus Madrid, Zürich, Barcelona, Tokio, Münster und Darmstadt und danken Teilnehmern aus aller Herren Länder.
Wenn man so will, sind es zwei Preisgerichte in Berlin Mitte, die wir der ungeteilten Aufmerksamkeit des Fachpublikums ans Herz legen. Beide fanden in diesem November statt, an Orten, die nur zweihundert Meter voneinander entfernt liegen. Die Jury für das Stadtschloss tagte im 1969 rekonstruierten, gut geheizten Kronprinzenpalais Unter den Linden; die Jury für den Bauwelt Preis fand sich, drei Wochen früher, in der eher kühlen Attrappe der Bauakademie zusammen. An einem Ort, der von Rekonstruktionsabsichten umzingelt ist,wurde über den kleinen, feinen, reellen Bauwelt Preis entschieden, der dem ersten, wirklich gebauten Haus gilt und bereits zum sechsten Mal vergeben wurde.
„Der junge Schriftsteller, der Debütant, möchte nur eines, gedruckt werden. Mit dem gedruckten Buch wird er erst Schriftsteller, das genügt vorerst, er ist beim ersten Buch der einzige Schriftsteller auf der Welt, alles liegt offen vor ihm“, sagt Paul Nizon. Bei Büchern kann man sich streiten, welches wirklich das erste Werk war, das erste geschriebene, das erste gedruckte, das erste erfolgreiche. Bei Architekten gibt es da keinen Zweifel: Das Werk muss gebaut sein. Auch wenn es in manchen Fällen später wieder verschwindet. Was also verstehen wir heute unter Werk? Die klassische funktionale Einteilung nach Neufert gilt nicht mehr. Der Bauwelt Preis hat lange daran festgehalten, erst mit der letztjährigen Ausschreibung wurde nach zehn Jahren aus „Park und Garten“ die Kategorie „Second Nature“, aus „Konstruktionssystemen“ wurden „Prototypen“, neu hinzugekommen sind die Mischkategorien „Unter 100 Quadratmeter“ und „Event Spaces“. Die Teilnehmer fühlten sich ermutigt, auch konzeptionelle, temporäre oder technologisch innovative Fingerübungen einzureichen, in denen, anders als in den sechziger Jahren, der Anspruch „Bauen als sozialer Prozess“ und „Architektur als politisches Medium“ nicht mehr dogmatisch verstanden wird, sondern eher ganz pragmatisch dem Füllen des Portfolios dient. In der klassischen Kategorie
„Öffentliche Bauten“, die wir beibehalten haben, sind auch diesmal wieder die meisten architektonisch überzeugenden Arbeiten eingegangen. Zum ersten Mal ging ein erster Preis nach Asien, an Junya Ishigami in Tokio, für ein Lehrgebäude auf dem Campus der Universität von Atsuki, dessen Leichtigkeit in beinahe skripturalen Plänen festgeschrieben, als Bauidee konsequent verfolgt und dann erst durch hoch komplizierte Computerberechnungen in ein baubares Planwerk übersetzt wurde. Zum ersten Mal wurde ein Bauwerk in Lateinamerika prämiert, das TDA-Haus „irgendwo hinter Acapulco“, gebaut von den Architekten Eduardo Cadaval und Clara Solà-Morales aus Barcelona. Die Jury, immer wieder neu zusammengesetzt, bestand aus drei Vertretern der Berliner Szene, wobei Petra Kahlfeldt auch Mitglied der Schlossjury um die Ecke war. Die auswärtigen Juroren, diesmal aus Genf, Zagreb und Beijing, sind unserer Einladung ohne zu zögern gefolgt. Die Entscheidungen wurden, auch das fast eine Tradition, einstimmig getroffen.
Mein Dank gilt der Jury, mein Dank gilt allen Teilnehmern, und mein Dank gilt der BAU, die seit über einem Jahrzehnt Mitauslober ist. Wie in jedem Jahr wird die Ausstellung zum Bauwelt Preis 2009 auf der BAU in München am zweiten Messetag, dem 13. Januar, um 12 Uhr mittags in der Halle B, direkt am Eingang West, eröffnet. Die Laudatio hält Christoph Sattler, der sein erstes Haus 1972 gemeinsam mit Heinz Hilmer für Jürgen Habermas gebaut hat. Die Villa in Starnberg galt lange als Referenz für die Wiedergeburt der Architektur der Klassischen Moderne in Deutschland. Die Preisträger werden zum Festakt anwesend sein, und alle Freunde der Bauwelt und der Architektur sind herzlich eingeladen.
Wir zeigen in diesem Heft, das auch als Katalog für die anschließende Wanderausstellung gemeint ist, die im kommenden Jahr in zwölf deutschen Architekturhochschulen zu sehen sein wird, die sechs ersten Preise und zwanzig weitere Arbeiten. Diesmal haben wir die Preisträger gefragt: Wie war das eigentlich in den ersten 24 Stunden danach, haben Sie gefeiert, haben Sie den Bauherrn angerufen oder die Eltern, haben Sie das Kind im Kindergarten vergessen oder weitergemacht wie immer, ist Ihnen alles wieder eingefallen, was auf der Baustelle schiefging, oder werden Fehler durch einen Preis geadelt? Obwohl wir in diesem Jahr weniger Einsendungen erhielten als in den vergangenen fünf Runden, ist die reine Datenmenge, die zu bewältigen war, erneut bedrohlich angewachsen. Waren es 2005 noch geradezu lächerliche 8 Milliarden Bytes und 2007 schon beachtliche 21 Milliarden, mussten wir dieses Jahr 167 Milliarden Bytes in 1576 Dateien konzentriert kleinarbeiten.
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