Projekt für den Umbau des städtischen Museums
Ein Rücken für das Lenbachhaus
Text: Paul, Jochen, München
Projekt für den Umbau des städtischen Museums
Ein Rücken für das Lenbachhaus
Text: Paul, Jochen, München
Wenn am 22. Februar die große Kandinsky-Retrospektive zu Ende geht, schließt auch die Städtische Galerie im Lenbachhaus ihre Tore: In den folgenden drei Jahren wird der von Gabriel von Seidl 1887–91 für Franz von Lenbach im Stil einer italienischen Renaissance-Villa errichtete Bau nach Plänen von Foster + Partners umgebaut, saniert und um einen Neubau erweitert.
Der, das hat nicht zuletzt der Erfolg der Kandinsky-Doppelschau – parallel zu „Das druckgrafische Werk“ im Haupthaus zeigt der Kunstbau „Absolut, Abstrakt“ – deutlich gemacht, ist notwendig. Seit der letzten Erweiterung anlässlich der XX. Olympischen Sommerspiele 1972 waren weder das Gebäude noch die Ausstattung an die Anforderungen eines modernen Museums angepasst worden. So entsprachen die Ausstellungsräume und Depots zuletzt weder im Hinblick auf die Beleuchtung noch in Bezug auf Temperatur oder Luftfeuchte den international geforderten Standards.
Hier kommt die komplexe Bau- und Nutzungsgeschichte des Lenbachhauses ins Spiel: Ursprünglich Privathaus mit Ateliertrakt des neben Franz von Stuck wichtigsten Münchner „Malerfürsten“ und erst 1911–12, nach Lenbachs Tod 1904, unter Zukauf des Nachbarhauses durch einen Zwischenbau verbunden, wurde es von seiner Witwe 1924 der Stadt zum Kauf angeboten und – erweitert um einen Galerietrakt nördlich des Gartens – 1927–29 von Hans Grässel zu einem Museum umgebaut. Ausgelegt war es damals für wenige tausend Besucher pro Jahr. 1944 zerstört, wurden der Ateliertrakt und Teile des Wohngebäudes 1952 vereinfacht wiederaufgebaut.
Während bis dato die „historischen“ Repräsentationsräume und der Nachlass Franz von Lenbachs als Beispiel großbürgerlicher Wohnkultur im Mittelpunkt standen, veränderte sich mit den Schenkungen von Gabriele Münter (1958) und Bernhard Koehler (1965) die Ausrichtung des Museums grundlegend: Heute beherbergt die Städtische Galerie im Lenbachhaus die weltweit wichtigste Sammlung zur Kunst des „Blauen Reiters“ und ist in der Lage, ihren Ausstellungsetat selbst zu erwirtschaften. Im Durchschnitt der letzten Jahre zog das Haus rund 200.000 Besucher an – aber allein für die Kandinsky-Retrospektive werden bis zu ihrem Ende 400.000 Besucher erwartet. Einem derartigen Ansturm ist das Museum weder ausstellungs- noch erschließungstechnisch gewachsen: Der Zugang über den historischen Garten, die Freitreppe und das Vestibül der Villa war stets ein Nadelöhr; die Besucherführung ist unklar und der Zugang darüber hinaus auf kurze Distanz von drei Niveausprüngen geprägt.
Das europaweite Verhandlungsverfahren hatte das Büro Foster + Partners bereits 2002 für sich entschieden, und nachdem der Stadtrat der Landeshauptstadt das in drei Jahren erarbeitete Konzept zur Generalsanierung im Oktober 2006 beschlossen hatte, bewilligte er im März 2008 das Budget in Höhe von 56,2 Millionen Euro – 2,5 Millionen Euro davon steuert der Förderverein Lenbachhaus e.V. aus privaten Mitteln bei. Auf eine öffentliche Präsentation der Pläne hatte man zu der Zeit jedoch verzichtet – zu groß war wohl die Sorge, es könne in Zeiten der Haushaltskonsolidierung der Eindruck einer „Luxuslösung“ entstehen: „Alle anderen ‚kleinen Varianten‘, die zur Debatte standen, bieten keine Lösungen an, sondern sind Provisorien für maximal fünf Jahre, wären also verlorene Investitionen gewesen, die nicht weniger als 25 Millionen Euro ‚verpulvert‘ hätten“, so äußerte sich die damalige Kulturreferentin Lydia Hartl.
Eine Darstellung der Pläne ist jetzt aber im Lenbachhaus im Rahmen der Ausstellung „Foster + Partners. Working with History“ zu sehen, ebenfalls bis 22. Februar. Die Architekten präsentieren das Entwurfsprojekt Lenbachhaus als eines von mehreren, oft viel größeren Beispielen, mit denen sie ihren Umgang mit historischer Bausubstanz deutlich machen: Sie reichen vom Moskauer Puschkin-Museum über das British Museum in London bis zum Berliner Reichstag. Für die Museumsleitung ist diese Ausstellung eine Art Vergewisserung, das „passende“ Büro beauftragt zu haben. Fasst man den Entwurfsgedanken des Foster-Projekts zusammen, so geht es darum, die historische Villa Franz von Lenbachs unter Erhalt der alten Dreiflügelanlage weitgehend im derzeitigen Zustand zu belassen, wobei der ursprünglich „private“ Charakter wieder entschiedener zum Ausdruck kommen soll; gleichzeitig wird die Villa aber funktional stärker vom Museumsbetrieb der Städtischen Galerie abgekoppelt als bisher.
Die Baufolge entlang der Richard-Wagner-Straße, der Rückfront des Komplexes zur Maxvorstadt, erfährt die größte Veränderung: Der Abriss des 1969–72 von Heinrich Volbehr und Rudolf Thönessen geplanten, kleinteilig untergliederten Erweiterungsbaus ermöglicht es den Architekten, auf dessen Grundfläche einen um ein Geschoss höheren Kubus zu errichten. Damit lassen sich die Ausstellungsflächen bei deutlich großzügigerer Raumfolge in das erste und zweite Obergeschoss verlagern; letzteres wird dann über Sheddächer mit Tageslicht versorgt anstatt über die bisherigen Oberlichtdecken. Dabei ordnen die Architekten die Erschließung des Museums komplett neu: Mit dem neuen Haupteingang nach Süden – der bisherige Zugang bleibt als Garteneingang bestehen – wird das Museum stärker an die Achse Brienner Straße und den Königsplatz mit den Bauten der Glyptothek und der Antikensammlung angebunden. Im Erdgeschoss des Neubaus wird es neben einem Café, Restaurant und Museumsshop auch Platz für einen Vortragssaal und den Lesesaal der Bibliothek geben.
Konflikte zwischen Alt und Neu
Für Unstimmigkeiten sorgte der Vorschlag, zugunsten der Erschließung des Platzraums zwischen Richard-Wagner-, Luisen- und Brienner Straße und einer besseren Sicht auf die historische Villa einige Bäume und Sträucher zu fällen und kleine Veränderungen an dem von Max Kolb im Stil des Historismus angelegten Garten vorzunehmen. Auch die Gestaltung der Rückfront zur Wagnerstraße und der Hauptfassade Richtung Königsplatz ist noch Gegenstand der Diskussion zwischen Architekten, Baureferat und Museumsleitung. Architektonisch geht es darum, an der städtebaulich wichtigen Nahtstelle zwischen klassizistischem Königsplatz und bürgerlicher Maxvorstadt zu vermitteln. Der aktuelle Planungsstand des Projekts zeigt ein Raster schmaler, vertikaler Stäbe in Messing oder Bronze-Imitat, das sich ansatzweise auf die Fassade der Sammlung Brandhorst von Sauerbruch Hutton bezieht.
Der entscheidende gestalterische Schwachpunkt bei dem Projekt liegt aber zurzeit im Inneren. Er betrifft die Integration der Künstlervilla in das zentrale Foyer des Neubaus, in das sie wie ein großes Exponat hineingestellt ist. Was den Architekten bei den Referenzprojekten wie dem British Museum gelang, wirkt beim Lenbachhaus ruppig und unmotiviert. Die Übergänge zwischen Alt und Neu sind unvermittelt – der Fries zwischen 1. und 2. Obergeschoss hat keinen Anschluss, die an die Villa herangeführten „Faltungen“ der Deckenlandschaft im Foyer sind wenig elegant, und das durchlaufende Lichtband konterkariert die bisherige additive Gliederung des Museums.
Hier kommt die komplexe Bau- und Nutzungsgeschichte des Lenbachhauses ins Spiel: Ursprünglich Privathaus mit Ateliertrakt des neben Franz von Stuck wichtigsten Münchner „Malerfürsten“ und erst 1911–12, nach Lenbachs Tod 1904, unter Zukauf des Nachbarhauses durch einen Zwischenbau verbunden, wurde es von seiner Witwe 1924 der Stadt zum Kauf angeboten und – erweitert um einen Galerietrakt nördlich des Gartens – 1927–29 von Hans Grässel zu einem Museum umgebaut. Ausgelegt war es damals für wenige tausend Besucher pro Jahr. 1944 zerstört, wurden der Ateliertrakt und Teile des Wohngebäudes 1952 vereinfacht wiederaufgebaut.
Während bis dato die „historischen“ Repräsentationsräume und der Nachlass Franz von Lenbachs als Beispiel großbürgerlicher Wohnkultur im Mittelpunkt standen, veränderte sich mit den Schenkungen von Gabriele Münter (1958) und Bernhard Koehler (1965) die Ausrichtung des Museums grundlegend: Heute beherbergt die Städtische Galerie im Lenbachhaus die weltweit wichtigste Sammlung zur Kunst des „Blauen Reiters“ und ist in der Lage, ihren Ausstellungsetat selbst zu erwirtschaften. Im Durchschnitt der letzten Jahre zog das Haus rund 200.000 Besucher an – aber allein für die Kandinsky-Retrospektive werden bis zu ihrem Ende 400.000 Besucher erwartet. Einem derartigen Ansturm ist das Museum weder ausstellungs- noch erschließungstechnisch gewachsen: Der Zugang über den historischen Garten, die Freitreppe und das Vestibül der Villa war stets ein Nadelöhr; die Besucherführung ist unklar und der Zugang darüber hinaus auf kurze Distanz von drei Niveausprüngen geprägt.
Das europaweite Verhandlungsverfahren hatte das Büro Foster + Partners bereits 2002 für sich entschieden, und nachdem der Stadtrat der Landeshauptstadt das in drei Jahren erarbeitete Konzept zur Generalsanierung im Oktober 2006 beschlossen hatte, bewilligte er im März 2008 das Budget in Höhe von 56,2 Millionen Euro – 2,5 Millionen Euro davon steuert der Förderverein Lenbachhaus e.V. aus privaten Mitteln bei. Auf eine öffentliche Präsentation der Pläne hatte man zu der Zeit jedoch verzichtet – zu groß war wohl die Sorge, es könne in Zeiten der Haushaltskonsolidierung der Eindruck einer „Luxuslösung“ entstehen: „Alle anderen ‚kleinen Varianten‘, die zur Debatte standen, bieten keine Lösungen an, sondern sind Provisorien für maximal fünf Jahre, wären also verlorene Investitionen gewesen, die nicht weniger als 25 Millionen Euro ‚verpulvert‘ hätten“, so äußerte sich die damalige Kulturreferentin Lydia Hartl.
Eine Darstellung der Pläne ist jetzt aber im Lenbachhaus im Rahmen der Ausstellung „Foster + Partners. Working with History“ zu sehen, ebenfalls bis 22. Februar. Die Architekten präsentieren das Entwurfsprojekt Lenbachhaus als eines von mehreren, oft viel größeren Beispielen, mit denen sie ihren Umgang mit historischer Bausubstanz deutlich machen: Sie reichen vom Moskauer Puschkin-Museum über das British Museum in London bis zum Berliner Reichstag. Für die Museumsleitung ist diese Ausstellung eine Art Vergewisserung, das „passende“ Büro beauftragt zu haben. Fasst man den Entwurfsgedanken des Foster-Projekts zusammen, so geht es darum, die historische Villa Franz von Lenbachs unter Erhalt der alten Dreiflügelanlage weitgehend im derzeitigen Zustand zu belassen, wobei der ursprünglich „private“ Charakter wieder entschiedener zum Ausdruck kommen soll; gleichzeitig wird die Villa aber funktional stärker vom Museumsbetrieb der Städtischen Galerie abgekoppelt als bisher.
Die Baufolge entlang der Richard-Wagner-Straße, der Rückfront des Komplexes zur Maxvorstadt, erfährt die größte Veränderung: Der Abriss des 1969–72 von Heinrich Volbehr und Rudolf Thönessen geplanten, kleinteilig untergliederten Erweiterungsbaus ermöglicht es den Architekten, auf dessen Grundfläche einen um ein Geschoss höheren Kubus zu errichten. Damit lassen sich die Ausstellungsflächen bei deutlich großzügigerer Raumfolge in das erste und zweite Obergeschoss verlagern; letzteres wird dann über Sheddächer mit Tageslicht versorgt anstatt über die bisherigen Oberlichtdecken. Dabei ordnen die Architekten die Erschließung des Museums komplett neu: Mit dem neuen Haupteingang nach Süden – der bisherige Zugang bleibt als Garteneingang bestehen – wird das Museum stärker an die Achse Brienner Straße und den Königsplatz mit den Bauten der Glyptothek und der Antikensammlung angebunden. Im Erdgeschoss des Neubaus wird es neben einem Café, Restaurant und Museumsshop auch Platz für einen Vortragssaal und den Lesesaal der Bibliothek geben.
Konflikte zwischen Alt und Neu
Für Unstimmigkeiten sorgte der Vorschlag, zugunsten der Erschließung des Platzraums zwischen Richard-Wagner-, Luisen- und Brienner Straße und einer besseren Sicht auf die historische Villa einige Bäume und Sträucher zu fällen und kleine Veränderungen an dem von Max Kolb im Stil des Historismus angelegten Garten vorzunehmen. Auch die Gestaltung der Rückfront zur Wagnerstraße und der Hauptfassade Richtung Königsplatz ist noch Gegenstand der Diskussion zwischen Architekten, Baureferat und Museumsleitung. Architektonisch geht es darum, an der städtebaulich wichtigen Nahtstelle zwischen klassizistischem Königsplatz und bürgerlicher Maxvorstadt zu vermitteln. Der aktuelle Planungsstand des Projekts zeigt ein Raster schmaler, vertikaler Stäbe in Messing oder Bronze-Imitat, das sich ansatzweise auf die Fassade der Sammlung Brandhorst von Sauerbruch Hutton bezieht.
Der entscheidende gestalterische Schwachpunkt bei dem Projekt liegt aber zurzeit im Inneren. Er betrifft die Integration der Künstlervilla in das zentrale Foyer des Neubaus, in das sie wie ein großes Exponat hineingestellt ist. Was den Architekten bei den Referenzprojekten wie dem British Museum gelang, wirkt beim Lenbachhaus ruppig und unmotiviert. Die Übergänge zwischen Alt und Neu sind unvermittelt – der Fries zwischen 1. und 2. Obergeschoss hat keinen Anschluss, die an die Villa herangeführten „Faltungen“ der Deckenlandschaft im Foyer sind wenig elegant, und das durchlaufende Lichtband konterkariert die bisherige additive Gliederung des Museums.
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