Bauwelt

Von der Schönheit und dem Drang des Menschen, sie zu perfektionieren

"Was ist schön?" - Ausstellung im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden

Text: Harmel, Eleonore, Berlin

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Von der Schönheit und dem Drang des Menschen, sie zu perfektionieren

"Was ist schön?" - Ausstellung im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden

Text: Harmel, Eleonore, Berlin

Mit geschickter Beschränkung schaffen es die Ausstellungsmacher in Dresden, das weitläufige Thema einzugrenzen. Wer an schöne Dinge, Design, Kunst, Literatur oder auch Architektur denkt, wird auf den ersten Blick vielleicht enttäuscht sein: Der Fokus liegt auf dem Menschen. In fünf Ausstellungsbereichen werden Fragestellungen zu menschlicher Schön­heit, dem Körper und der Wahrnehmung diskutiert: Wer ist schön („Sehnsucht und Versprechen“), warum(„Macht und Macher“), wann („Norm und Differenz“), wie („Wahrnehmung und Bewertung“) ist man schön, und wie viele Schönheiten gibt es („Vielfalt und Gestaltung“)?
Nicht nur die verschiedenen Blickwinkel der Ausstellung bilden abwechslungsreiche Überschneidungen – soziologisch, kulturell, kulturhistorisch, neuro- und evolutionsbiologisch –, sondern auch die Exponate. Für das Hygiene-Museum typisch sind die interaktiven Stationen, die in Form von Videos, Hördokumenten oder Bildstrecken den Besucher mit viel­ fältigen Informationen versorgen. Dazwischen gibt es historische Exponate in herkömmlichen Glasvitrinen und Kunstobjekte aller Genres.
Was sollte man beim Ausstellungsrundgang auf keinen Fall auslassen? Gleich beim Betreten des ersten Raums, der in stimmungsvolles Rot getaucht und mit Kronleuchtern bestückt ist, fällt der Blick auf die Fotoserie von Martin Schoeller. Sie zeigt Porträts bekannter Hollywood-Schönheiten in extremerNahansicht und Ausleuchtung – mit allen Bartstoppeln, Fältchen, Unperfektheiten. Einen Blick hinter die Kulissen bietet der zweite Raum, dessen Backstage-Architektur mit Wandelementen aus Sperrholz und Umzugskartons als Präsentationsplattformen passend gewählt ist. Neben Exponaten zu Modezeitschriften, dem Model-Business und Schönheitswettbewerben läuft ein Vi­deo, das die Verwandlung einer „normalen“ Frau mit Hilfe von Make-Up, Fotoshoot­ing und Photoshop-Nachbearbeitung zu einer typi­schen Werbeaufnahme zeigt.
Eine Überraschung ist der lange Spiegelgang, der zu den folgenden Ausstellungsräumen führt: Nach­dem es um Marlene Dietrich, Audrey Hepburn und andere schöne Frauen ging, bin ich als Besucherin hier auf einmal mit mir selbst konfrontiert. Fünf lebensgroße Figuren im nächsten Raum zeigen den Wandel des menschlichen Idealbildes: Neben einem griechischen Jüngling und der Venus Medici stehen Barbie mit ihrem Mann Oriol und Lara Croft. Stoff für die Diskussion um Schönheitsoperationen bieten Röntgenbilder der einzelnen Stadien einer Beinverlängerung, bei der die Knochen künstlich durchtrennt werden und mit Hilfe eines Schraubgestells die Lücke um einen Millimeter pro Tag vergrößert wird. Ebenso grenzwertig für den Betrachter: ein Video, in dem sich eine Künstlerin selbst die Augenbrauen auszupft.
Was passiert in unserem Gehirn, wenn wir Schönes wahrnehmen? Evolutionsbiologisch bedingt bewerten wir zum Beispiel natürliche Dinge wie Landschaften und Gesichter sehr ähnlich, bei Kunstobjekten zeigen sich jedoch kulturbezogen ganz unterschiedliche Vorlieben. Außerdem empfinden wir wiedererkennbare Muster und Symmetrien als schön, sie lassen sogar das Belohnungssytem unseres Gehirns aktiv werden. Den Abschluss des Ausstellungsrundganges bilden Filme, in denen uns Menschen zeigen, was sie als schön empfinden: die perfekte Mo­delleisenbahnwelt, Street-Art, japanische Puppen, handgemachte Pasta. Es gibt viele Schönheiten, und ihre Bewertung hängt vom sozialen und kulturellen Umfeld, von der Bildung und dem Interesse des Einzelnen ab. Der ästhetische Gestaltungswille, in welcher Form auch immer, ist ein grundlegender Antrieb menschlichen Handelns, lehrt uns die Ausstellung.

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