Der Ostmoderne
Josef Kaiser wäre am 1. Mai 100 Jahre alt geworden
Text: Leinauer, Irma, Berlin
Der Ostmoderne
Josef Kaiser wäre am 1. Mai 100 Jahre alt geworden
Text: Leinauer, Irma, Berlin
Sein Werk steht exemplarisch für den in den späten 50ern in der DDR vollzogenen Wandel der Architekturauffassung. Zählte Josef Kaiser in deren Anfangsjahren zu den Vertretern der „nationalen Tradition“, wurde er einer der ersten Architekten, die sich dem modernen Bauen zuwandten. Zusammen mit seinem festen Mitarbeiterstamm schuf er bis in die 70er Jahre bedeutende Beispiele moderner Architektur im Ost-Berliner Stadtbild.
Der am 1. Mai 1910 im slowenischen Celje geborene Kaiser hatte schon eine lange architektonischeLaufbahn hinter sich, als er mit dem Bau zur Fortsetzung der Stalinallee beauftragt wurde: Nach dem Architekturstudium an der Technischen Hochschule in Prag arbeitete er in Berlin und Weimar und bis 1945 als Leiter der Grundrisstypenplanung an der Deutschen Akademie für Wohnungswesen. 1946 begann Kaiser eine Ausbildung als Operntenor in Dresden;
es folgten Engagements an West-Berliner Bühnen. Dennoch arbeitete er als Architekt weiter, ab 1951 in derMeisterwerkstatt von Hanns Hopp an der neu gegründeten Deutschen Bauakademie. In Stalinstadt (Eisenhüttenstadt) leitete er als Chefarchitekt 1952–53 die Entwurfsarbeiten für den zweiten Wohnkomplex.
1955 begann die nicht immer reibungslose Zusammenarbeit mit Hermann Henselmann in dessen Berliner Büro des Chefarchitekten. Bebauungspläne, städtebauliche Entwürfe, Typenprojekte für Infrastrukturbauten, aber auch Einzelvorhaben fielen in Kaisers Aufgabenbereich. Mit Ehrhardt Gißke, damals Stellvertreter des Chefarchitekten, entwickelte er 1957 Typengrundrisse für den mehrgeschossigen Wohnungsbau, woraus die in Blockbauweise errichtete Wohnbauserie Q3 bzw. Q3A resultierte, die DDR-weit gebaut wurde.
Die Arbeiten am „2. Bauabschnitt der Karl-Marx-Allee“ lagen bis in die 60er Jahre im Fokus von Kaisers Tätigkeit: Entwürfe und Bauausführung der gesellschaftlichen Bauten samt Innenarchitektur und Ausgestaltung unter Beteiligung namhafter Künstler – Kino International, Restaurant Moskau, Hotel Berolina, Glaspavillons für spezialisierten Einzelhandel –, Entwicklung typisierter Verfahren für die Wohnbauten und Baulogistik, konstruktive Detaillösungen für die neue Großplattenbauweise.
1960 beteiligte Kaiser sich an der Überarbeitung des Ost-Berliner Zentrumswettbewerbs. Sein Vorschlag, das zentrale Gebäude am Marx-Engels-Platz mit einer transparenten Glaskuppel über dem Volkskammersaal zu bekrönen, wurde zwar von der Parteiführung abgelehnt (erst ab 1973 entstand an dieser Stelle der Palast der Republik), der städtebauliche Entwurf aber als Grundlage für den Bebauungsplan für das Stadtzentrum ausgewählt. Mit einem Staatsbau wurde Josef Kaiser dennoch beauftragt, mit dem 1963–67 als westlicher Abschluss
des Marx-Engels-Platzes errichteten Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten – 1995 der erste DDR-Staatsbau, der im Zuge der Hauptstadtplanungen abgerissen wurde. Ebenfalls beseitigt (im Zuge des kompletten Umbaus 2005) wurde die expressive Netzfassade aus Aluminium am „Centrum-Warenhaus“ am Alexanderplatz (1967–70 mit Günter Kunert).
Kaisers Arbeiten aus den späten 50er Jahren im Westen sind bislang noch nicht erforscht. Darunter findet sich ein Vorschlag für ein Einfamilienhaus im Hansaviertel; für ein Geschäftshaus, das sein Bruder Wilhelm für sein Bauingenieurbüro in Mannheim errichtete, lieferte Kaiser offenbar den Entwurf. Dass sich Kaiser freiberuflich solchen Nebentätigkeiten widmen konnte, weist auf ein selbstbestimmtes
Arbeiten hin, das in der DDR nur Architekten zugestanden wurde, deren Ruf unanfechtbar war.
Josef Kaisers Anteil an den Ost-Berliner Prestigebauten der 70er Jahre, darunter der Palast der Republik, das Charité-Hochhaus und der Friedrichstadtpalast, wurde weder seinerzeit dokumentiert, geschweige denn ist er heute bekannt. Dies zeigt umso deutlicher das Desiderat einer umfassenden Werkbiografie über den 1991 im erzgebirgischen Altenberg verstorbenen Architekten.
Der am 1. Mai 1910 im slowenischen Celje geborene Kaiser hatte schon eine lange architektonischeLaufbahn hinter sich, als er mit dem Bau zur Fortsetzung der Stalinallee beauftragt wurde: Nach dem Architekturstudium an der Technischen Hochschule in Prag arbeitete er in Berlin und Weimar und bis 1945 als Leiter der Grundrisstypenplanung an der Deutschen Akademie für Wohnungswesen. 1946 begann Kaiser eine Ausbildung als Operntenor in Dresden;
es folgten Engagements an West-Berliner Bühnen. Dennoch arbeitete er als Architekt weiter, ab 1951 in derMeisterwerkstatt von Hanns Hopp an der neu gegründeten Deutschen Bauakademie. In Stalinstadt (Eisenhüttenstadt) leitete er als Chefarchitekt 1952–53 die Entwurfsarbeiten für den zweiten Wohnkomplex.
1955 begann die nicht immer reibungslose Zusammenarbeit mit Hermann Henselmann in dessen Berliner Büro des Chefarchitekten. Bebauungspläne, städtebauliche Entwürfe, Typenprojekte für Infrastrukturbauten, aber auch Einzelvorhaben fielen in Kaisers Aufgabenbereich. Mit Ehrhardt Gißke, damals Stellvertreter des Chefarchitekten, entwickelte er 1957 Typengrundrisse für den mehrgeschossigen Wohnungsbau, woraus die in Blockbauweise errichtete Wohnbauserie Q3 bzw. Q3A resultierte, die DDR-weit gebaut wurde.
Die Arbeiten am „2. Bauabschnitt der Karl-Marx-Allee“ lagen bis in die 60er Jahre im Fokus von Kaisers Tätigkeit: Entwürfe und Bauausführung der gesellschaftlichen Bauten samt Innenarchitektur und Ausgestaltung unter Beteiligung namhafter Künstler – Kino International, Restaurant Moskau, Hotel Berolina, Glaspavillons für spezialisierten Einzelhandel –, Entwicklung typisierter Verfahren für die Wohnbauten und Baulogistik, konstruktive Detaillösungen für die neue Großplattenbauweise.
1960 beteiligte Kaiser sich an der Überarbeitung des Ost-Berliner Zentrumswettbewerbs. Sein Vorschlag, das zentrale Gebäude am Marx-Engels-Platz mit einer transparenten Glaskuppel über dem Volkskammersaal zu bekrönen, wurde zwar von der Parteiführung abgelehnt (erst ab 1973 entstand an dieser Stelle der Palast der Republik), der städtebauliche Entwurf aber als Grundlage für den Bebauungsplan für das Stadtzentrum ausgewählt. Mit einem Staatsbau wurde Josef Kaiser dennoch beauftragt, mit dem 1963–67 als westlicher Abschluss
des Marx-Engels-Platzes errichteten Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten – 1995 der erste DDR-Staatsbau, der im Zuge der Hauptstadtplanungen abgerissen wurde. Ebenfalls beseitigt (im Zuge des kompletten Umbaus 2005) wurde die expressive Netzfassade aus Aluminium am „Centrum-Warenhaus“ am Alexanderplatz (1967–70 mit Günter Kunert).
Kaisers Arbeiten aus den späten 50er Jahren im Westen sind bislang noch nicht erforscht. Darunter findet sich ein Vorschlag für ein Einfamilienhaus im Hansaviertel; für ein Geschäftshaus, das sein Bruder Wilhelm für sein Bauingenieurbüro in Mannheim errichtete, lieferte Kaiser offenbar den Entwurf. Dass sich Kaiser freiberuflich solchen Nebentätigkeiten widmen konnte, weist auf ein selbstbestimmtes
Arbeiten hin, das in der DDR nur Architekten zugestanden wurde, deren Ruf unanfechtbar war.
Josef Kaisers Anteil an den Ost-Berliner Prestigebauten der 70er Jahre, darunter der Palast der Republik, das Charité-Hochhaus und der Friedrichstadtpalast, wurde weder seinerzeit dokumentiert, geschweige denn ist er heute bekannt. Dies zeigt umso deutlicher das Desiderat einer umfassenden Werkbiografie über den 1991 im erzgebirgischen Altenberg verstorbenen Architekten.
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