Bauwelt

Glaspalast auf dem Prüfstand

Research Nr. 10

Text: Haberle, Heiko, Berlin

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Foto: Haas Architekten

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Glaspalast auf dem Prüfstand

Research Nr. 10

Text: Haberle, Heiko, Berlin

Historische Gewächshäuser wie das Große Tropenhaus in Berlin-Dahlem stellen ungewöhnliche Anforderungen an die Sanierung. Das Berliner Büro Haas entwickelte eine beheizte Fassade, die Kondensation verhindert. Glas Trösch konzipierte dazu eine wärmedämmende UV-durchlässige Hülle.
Das Tropenhaus im Botanischen Garten Berlin erregte 1907 allein durch die Größe und die Konstruktion Aufsehen – bis heute ist es das größte stützenfreie Gewächshaus Europas. Hundert Jahre später wurde der monumentale Bau mit dem Ziel einer langfristigen Lösung saniert: Eine kombinierte Strategie sollte umgesetzt werden, die den Anforderungen an Nutzung, Energieverbrauch und Denkmalschutz genügt. Die originale Gliederung der Fassade, in der Nachkriegszeit bereits einmal verändert, war kleinteilig. In Feldern von zwei auf zwei Metern Größe waren jeweils 20 Scheiben untergebracht. In den 60er Jahren wurden sie gegen je zwei gewölbte Acrylglasfelder ausgetauscht. Diese ließen zu viel Wärme und zu wenig Licht hindurch, außerdem wurden sie mit der Zeit spröde und veralgten.
Das Berliner Büro Haas plante seit 2007 einen kompletten Austausch der Fassade, bei der das stählerne Tragwerk stehen blieb, saniert und verstärkt wurde. Die neue Glasfassade ist zehnmal schwerer als die alte – ein Tribut an den Fortschritt. Ästhetisch kommt sie mit ihrer Neunteilung der Felder dem Original so nahe wie möglich. Eine besondere Schwierigkeit war, dass die Fassade auch als Heizung funk­tionieren muss. Das Innere der Fenstersprossen wird auf 7300 Metern Gesamtlänge von 36 Grad warmem Wasserdurchströmt. Das verhindert die Bildung von Kondenswasser selbst bei 80 Prozent Luftfeuchtigkeit – auch bei Außen­temperaturen unter minus 15 Grad, wie sich vergangenen Winter zeigte. Marktgängige Gläser konnten die zum Teil gegensätzlichen Forderungen nicht erfüllen. Glas Trösch entwickelte eine Kombination aus Glas, Folie und Beschichtung, deren Basis ein reflektionsarmes, nicht grünstichiges Isolierglas bildet. Im Überkopfbereich mussten die Scheiben als Verbundsicherheitsglas ausgeführt werden. Dieses besitzt üblicherweise eine Zwischenlage aus PVB-Folie, die wegen ihrer UV-Empfindlichkeit einen Filter besitzt. Da UV-Licht für ein natürliches Pflanzenwachstum unverzichtbar ist, war der Standard auch hier nicht geeignet: Eine extrem feste, UV-stabile Folie der Firma Dupont kam zum Einsatz, die für Hurrikangebiete entwickelt worden war. Alle Sanierungsmaßnahmen trugen dazu bei, dass der Energiebedarf der Halle um die Hälfte gesenkt werden konnte. 
Fakten
Architekten Haas Architekten BDA, Berlin
aus Bauwelt 26-27.2010
Artikel als pdf

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