Bauwelt

Burgenbauen im Brandenburgischen

Neues Kunstarchiv Beeskow

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

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Architekten

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Burgenbauen im Brandenburgischen

Neues Kunstarchiv Beeskow

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

Mit ihrem Protest gegen das geplante CO²-Endlager des Stromkonzerns Vattenfall haben die Beeskower in letzter Zeit für Schlagzeilen gesorgt. Der Neubau für ein Kunstdepot dürfte kaum Widerstand wecken.
Zwei Mal Auftragskunst, zwei geschlossene Sammelgebiete – die rund 37.000 Kunstwerke, die in ein paar Jahren auf der Burg von Beeskow aufbewahrt werden sollen, bilden einen ganz besonderen Posten der deutschen Kunstgeschichte. Er spiegelt die parallelen wie unterschiedlichen, in aller Abgrenzung aber auch aufeinander bezogenen Entwicklungen in der DDR und West-Berlin. Der größere Teil
mit etwa 23.000 Objekten entstammt den Kunstaufträgen des sozialistischen Staates und speist sichaus Werken von Künstlern, Volkskünstlern und Zirkeln des künstlerischen Volksschaffens. Gefunden wurden sie in Gebäuden der DDR-Parteien und -Massenorganisa­tio­nen in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin, aufbewahrt werden sie zurzeit in einem Beeskower Speicher. Den kleineren Teil bilden rund 14.000, von 1950 bis 2003 entstandene Objekte der 2004 aus Spargründen beendeten Sozialen Kunstförderung Berlin, die derzeit von der Artothek des Neuen Berliner Kunstvereins gepflegt werden. Die Ent­scheidung, diesen Bestand mit dem Beeskower Archiv zusammenzulegen, ergibt ein aufschlussreiches Ganzes, das in einem Ausstellungsbereich demnächst auch der Öffentlichkeit vermittelt werden soll. Die Hoffnung, mit diesem Profil Kunstinteressierte von Berlin anzulocken, könnte durchaus aufgehen, zumal die Stadt Beeskow mit ihrer gut erhaltenen Stadt­mauer, der seit 1991 wiederaufgebauten Marienkirche und der recht idyllischen Lage an der Spree auch insgesamt einen Besuch lohnt.
Als Standort des Kunstarchivs wurde die Burg auf der Spreeinsel ausgewählt; eine im Kern mittelalterliche Ringburg, deren Ostseite aber seit den 80er Jahren, als das im Zweiten Weltkrieg beschädigte Brauereigebäude weitgehend abgebrochen wurde, offen klafft und mit dem neuen Archivgebäude wieder geschlossen werden soll. Die Stadt Beeskow und der Landkreis Oder-Spree als Auslober des Wettbewerbserhofften sich eine harmonische Ergänzung des in mehreren Jahrhunderten entstandenen Burg­ensembles mit einem Neubau, „der sich respektvoll mit dem historisch anspruchsvollen, denkmalgeschütz­ten baulichen Bestand der Burganlage auseinandersetzt und sich verträglich integriert“. Die Denk­mal­pflege empfahl außerdem, das Volumen des ehemals zweigeschossigen und mit einem Satteldach gedeckten Brauereigebäudes aufzunehmen.
Wunschgemäß erprobten viele der 15 Teilnehmer ein „Weiterbauen“ der Burg – keine der prämier­ten oder anerkannten Arbeiten begibt sich auf die noch in den 90er Jahren beliebte Suche nach dem größtmöglichen Kontrast. Das Preisgericht (Vorsitz: Donatella Fioretti, Berlin) sprach dem Entwurf von Max Dudler den 1. Preis zu. Der Berliner Architekt setzt unmittelbar hinter die erhaltenen Mauerreste des Brauereigebäudes ein abstrahiertes, zur Gänzemit Ziegeln verkleidetes Haus, dessen Traufe die Höhe der Burgmauer aufnimmt und das sich mit weni­gen, frei angeordneten Fensteröffnungen als Spei­cherbau zu erkennen gibt. Der Vorschlag, die erhalte­nen, zum Teil noch ins Mittelalter datierten Brauereikeller als Ausstellungsraum zu nutzen, verzahnt Neu und Alt und könnte zu einer besonderen Attraktion führen. Die Jury würdigte die städtebauliche Lösung und die architektonische Haltung, bemängelte aber die teilweise langen Wege im Inneren; die Organisation der Archivflächen vermochte sie nicht abschließend nachzuvollziehen.
Anders der mit dem 2. Preis bedachte Entwurf: Marte.Marte Architekten bilden für die beiden Sektionen des Archivs jeweils einen eigenen Baukörper aus, so dass sich eine skulpturale, die Dominanz des Bergfrieds allerdings beeinträchtigende und in ihrer Monumentalität von der Jury kontrovers diskutierte Gliederung des Volumens ergibt. Nicht überzeugen konnte die hofseitige Auflösung dieser Skulptur in ein gläsernes Eingangsgeschoss, das den Burghof nicht zu fassen vermag und der Gliederung des Baukörpers zuwiderläuft.
Ähnlich wehrhaft präsentiert sich der 3. Preis. Das Büro CO A. schafft mit der Aufteilung der Nutzun­gen auf drei Baukörper einerseits einen deutlich lesbaren Archivkörper, der direkt auf den Mauerresten aufsetzt, anderseits eine geschickt gegliederteAnsicht zum Burghof. Die in den turmartigen Baukörpern gestapelten Ausstellungsräume konnten die Jury funk­tional allerdings nicht überzeugen, und dem Denkmalschutz erschien das Volumen aufgrund der die Burgmauer überragenden Trauflinie unverträglich.
Um die für die Realisierung notwendigen Fördergelder zu erlangen, soll der Bau noch in diesem Jahr beantragt und schon im nächsten begonnen wer­den. Als Speicherstätte für Auftragskunst wird Beeskow dann hoffentlich mehr Besucher anlocken, als ihr als Speicherstätte für Kohlendioxid fernbleiben.
Fakten
Architekten Max Dudler, Berlin; Marte.Marte Architekten, Weiler (Österreich); CO A., Berlin
aus Bauwelt 28.2010
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