Strahlend grau
Herbert-Hirche-Retrospektive im Werkbundarchiv
Text: Kasiske, Michael, Berlin
Strahlend grau
Herbert-Hirche-Retrospektive im Werkbundarchiv
Text: Kasiske, Michael, Berlin
Offen, licht und meist grau sind die Arbeiten des Architekten und Möbeldesigners Herbert Hirche. Selbst da, wo er Farbe einsetzt, springt sie nicht ins Auge. Ebenso unaufgeregt präsentiert das „Werkbundarchiv – Museum der Dinge“ in Berlin zum 100. Geburtstag des 2002 Verstorbenen eine Auswahl aus seinem Nachlass. Mit Entwürfen und Skizzen, aber auch Briefen, Fachbeiträgen und anderen Memorabilien wird sein Werdegang unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg vorgestellt.
1933 am Bauhaus diplomiert, dann im Atelier von Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich und schließlich bei Egon Eiermann tätig, brauchte Hirche sich 1945 nicht mit Vergangenheitsbewältigung aufzuhalten. Im Gegenteil, seine 1941 eingerichtete Wohnung nimmt mit kubischen Formen, konstruktiver Leichtigkeit und gekonntem Einsatz von Material das Design der Nachkriegszeit vorweg.
Ab September 1945 technischer Angestellter des Berliner Magistrats, wurde Hirche im sogenannten Kollektiv unter Leitung von Hans Scharoun Teil der „Möbelgruppe“, der auch Gustav Hassenpflug, Georg Leowald, Eduard Ludwig und Lilly Reich angehörten. Ihre Aufgabe war u.a. der Entwurf von Möbeln, die vom Magistrat an besonders Bedürftige verteilt werden sollten. Des Weiteren konzipierte Hirche die Ausstattung für ein Modellhaus aus Kunststoff von Scharoun und, gemeinsam mit dem früheren Studienkollegen Selman Selmanagic, die Ausstattung für die Kunsthochschule Weißensee.
Gleichzeitig versuchte er mit anderen Bauhäuslern, die Schule in Dessau wiederzubeleben – wie wir wissen, leider erfolglos. Im Oktober 1949 wurde Hirche zum Professor für Angewandte Kunst an die Kunsthochschule Weißensee berufen. Schon ein knappes Jahr später, so lässt sich in der Ausstellung nachlesen, reichte er angesichts der durch die „Stalinallee“ ausgelösten Formalismusdebatte die Kündigung ein.
Seine Idee einer „Hochschule für Gestaltung“ entwickelte Hirche für Mannheim, wo er nach seinem Weggang aus Berlin im Hochbauamt tätig war; zuseinem Verdruss entschied sich das Land Baden-Württemberg allerdings für das Ulmer Konzept. Immerhin gelang es ihm, als Organisator des Wettbewerbs um das Mannheimer Nationaltheater, Mies van der Rohe zur Teilnahme einzuladen. 1952 wurde Hirche Professor für Innenarchitektur und Möbelbau an der Akademie in Stuttgart. Die Atmosphäre an der Hochschule und die Zusammenarbeit mit den Studenten regten ihn zum Entwurf zahlreicher Kleinmöbel an. Viele davon fanden in seinen Musterwohnungen auf der Interbau 1957 im Berliner Hansaviertel Verwendung. Bis heute prägen sie unser Bild von der Wohnungsgestaltung auf der Bauausstellung.
Neben der Lehre beschäftigte Hirche sich mit Möbel- und Ausstellungssystemen. Für Erwin Braunentwarf er um 1960 „Möbel, die Unterhaltungselektronik beinhalten“, denn, anders als Produktdesigner es tun, ging Hirche nicht vom Elektrogerät selbst aus, sondern von dessen Position im Raum: Sein berühmter Fernseher HF1 kann die formale Herkunft vom Sideboard kaum verleugnen.
Die wenigen Bauten, die Hirche verantwortete, kommen in der Ausstellung nur am Rande vor. Von seinem ersten, noch als Student realisierten Haus in Niederhausen (1932) über die Wohnanlage für Braun in Königsstein (1960) bis hin zur Möbelfabrik Christian Holzäpfel in Horb (1969) – man hätte gern mehr über sie erfahren. Immerhin sind einige seiner Möbel in einem großen Regal gestapelt.
Obwohl ihn das Bauhaus geprägt hatte, entzog Hirche sich dem mit dem zeitlichen Abstand einsetzenden Pathos. Dass er seinen Nachlass dem Werkbundarchiv überließ und nicht dem Bauhaus-Archiv,dessen Vorstand er lange angehörte, mag Ausdruckseiner Selbstverpflichtung zu undogmatischen Alltagsgestaltungen sein. Kongenial entzieht sich auch die Ausstellung formaler Ikonisierung und setzt überzeugend auf Dokumente, die ein kritisches Bild vom Mann für den zweiten Blick erzeugen. Nicht zuletzt die populären Neuauflagen seiner Möbel aus jüngster Zeit rufen in Erinnerung, was die Designautorin Mia Seeger einst über Hirche schrieb: „auch von den vergleichsweise stillen im lande geht wirkung und einfluß aus.“
1933 am Bauhaus diplomiert, dann im Atelier von Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich und schließlich bei Egon Eiermann tätig, brauchte Hirche sich 1945 nicht mit Vergangenheitsbewältigung aufzuhalten. Im Gegenteil, seine 1941 eingerichtete Wohnung nimmt mit kubischen Formen, konstruktiver Leichtigkeit und gekonntem Einsatz von Material das Design der Nachkriegszeit vorweg.
Ab September 1945 technischer Angestellter des Berliner Magistrats, wurde Hirche im sogenannten Kollektiv unter Leitung von Hans Scharoun Teil der „Möbelgruppe“, der auch Gustav Hassenpflug, Georg Leowald, Eduard Ludwig und Lilly Reich angehörten. Ihre Aufgabe war u.a. der Entwurf von Möbeln, die vom Magistrat an besonders Bedürftige verteilt werden sollten. Des Weiteren konzipierte Hirche die Ausstattung für ein Modellhaus aus Kunststoff von Scharoun und, gemeinsam mit dem früheren Studienkollegen Selman Selmanagic, die Ausstattung für die Kunsthochschule Weißensee.
Gleichzeitig versuchte er mit anderen Bauhäuslern, die Schule in Dessau wiederzubeleben – wie wir wissen, leider erfolglos. Im Oktober 1949 wurde Hirche zum Professor für Angewandte Kunst an die Kunsthochschule Weißensee berufen. Schon ein knappes Jahr später, so lässt sich in der Ausstellung nachlesen, reichte er angesichts der durch die „Stalinallee“ ausgelösten Formalismusdebatte die Kündigung ein.
Seine Idee einer „Hochschule für Gestaltung“ entwickelte Hirche für Mannheim, wo er nach seinem Weggang aus Berlin im Hochbauamt tätig war; zuseinem Verdruss entschied sich das Land Baden-Württemberg allerdings für das Ulmer Konzept. Immerhin gelang es ihm, als Organisator des Wettbewerbs um das Mannheimer Nationaltheater, Mies van der Rohe zur Teilnahme einzuladen. 1952 wurde Hirche Professor für Innenarchitektur und Möbelbau an der Akademie in Stuttgart. Die Atmosphäre an der Hochschule und die Zusammenarbeit mit den Studenten regten ihn zum Entwurf zahlreicher Kleinmöbel an. Viele davon fanden in seinen Musterwohnungen auf der Interbau 1957 im Berliner Hansaviertel Verwendung. Bis heute prägen sie unser Bild von der Wohnungsgestaltung auf der Bauausstellung.
Neben der Lehre beschäftigte Hirche sich mit Möbel- und Ausstellungssystemen. Für Erwin Braunentwarf er um 1960 „Möbel, die Unterhaltungselektronik beinhalten“, denn, anders als Produktdesigner es tun, ging Hirche nicht vom Elektrogerät selbst aus, sondern von dessen Position im Raum: Sein berühmter Fernseher HF1 kann die formale Herkunft vom Sideboard kaum verleugnen.
Die wenigen Bauten, die Hirche verantwortete, kommen in der Ausstellung nur am Rande vor. Von seinem ersten, noch als Student realisierten Haus in Niederhausen (1932) über die Wohnanlage für Braun in Königsstein (1960) bis hin zur Möbelfabrik Christian Holzäpfel in Horb (1969) – man hätte gern mehr über sie erfahren. Immerhin sind einige seiner Möbel in einem großen Regal gestapelt.
Obwohl ihn das Bauhaus geprägt hatte, entzog Hirche sich dem mit dem zeitlichen Abstand einsetzenden Pathos. Dass er seinen Nachlass dem Werkbundarchiv überließ und nicht dem Bauhaus-Archiv,dessen Vorstand er lange angehörte, mag Ausdruckseiner Selbstverpflichtung zu undogmatischen Alltagsgestaltungen sein. Kongenial entzieht sich auch die Ausstellung formaler Ikonisierung und setzt überzeugend auf Dokumente, die ein kritisches Bild vom Mann für den zweiten Blick erzeugen. Nicht zuletzt die populären Neuauflagen seiner Möbel aus jüngster Zeit rufen in Erinnerung, was die Designautorin Mia Seeger einst über Hirche schrieb: „auch von den vergleichsweise stillen im lande geht wirkung und einfluß aus.“
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