„Pauschal-Touristen geben mehr Geld aus als Chalet-Bewohner.“
Interview mit José Miguel Iribas
Text: Macher, Julia, Barcelona; Ibrias, José Miguel, Madrid
„Pauschal-Touristen geben mehr Geld aus als Chalet-Bewohner.“
Interview mit José Miguel Iribas
Text: Macher, Julia, Barcelona; Ibrias, José Miguel, Madrid
José Miguel Iribas, Sie haben bis 1991 die Stadt Benidorm als Soziologe und Stadtplaner beraten und das Modell schon in den siebziger Jahren verteidigt. Was macht es so erfolgreich?
Viele glauben, Tourismus habe mit dem Verkauf und der Vermietung von Raum an schönen Orten zu tun. Dabei geht es in erster Linie um den Faktor Zeit, um Erlebnisse – und in Städten am Meer erlebt man nun einmal mehr als an einem einsamen Strand. Wenn sich wie in Benidorm auf wenigen Hektar Strand, Bars, Diskotheken, Vergnügungsparks konzentrieren, spart man Wege und damit Zeit und kann so mehr
erleben. Unseren Untersuchungen zufolge bewegen sich die Feriengäste in Benidorm zu 97 Prozent fast die ganze Zeit im gleichen Viertel.
Als sich die Stadtverwaltung 1963 für das erste Hochhaus entschied, war das so revolutionär, dass darüber Freundschaften zerbrachen, Ehen kriselten. Inzwischen zweifelt keiner mehr, dass die Entscheidung richtig war.
Ja, aber nur, weil wir eine Lösung für ein klassisches Hochbauproblem gefunden haben. In
einer mediterranen Stadt findet das Leben auf der Straße statt; auch die Zonen zwischen Privatem und Öffentlichem, Orte wie Bars, Restaurants und Geschäfte spielen eine wichtige Rolle. Wenn man nun aber wie in Benidorm in die Höhe statt in die Breite baut, gibt es für all das weniger Platz. Wir haben diese Leerstellen gefüllt, indem wir die öffentlichen Nutzungen in die Erdgeschosse entlang der Straßen verlagert haben. Das macht die Stadt lebendig, lebenswert und beweist, dass intelligente Stadtplanung
simple oder sogar schlechte Architektur ausgleichen kann. Umgekehrt funktioniert das nicht.
Kann eine Bettenburg wie Benidorm überhaupt ästhetischen Prinzipien genügen?
Viel wichtiger ist, dass sie effizient bleibt. Ich habe den Eindruck, dass das Modell Benidorm in den achtziger Jahren pervertiert wurde. Damals hat die Stadtverwaltung für den Vergnügungs- und Ferienpark Terra Mítica acht Millionen Quadratmeter umgewidmet und Ferien-Chalets gebaut, weil sie den einfachen Pauschal-Tourismus für unrentabel hielt. Ein Irrtum: Pauschal-Touristen geben mehr Geld aus als Chalet-Bewohner, die nur viel für ihr Domizil bezahlen. Ich habe einmal ausgerechnet, dass eine Diskothek 368-mal rentabler ist als ein Golfplatz! Inzwischen ist man davon wieder etwas abgerückt.
Inwieweit ist Benidorm von der spanischen Immobilienkrise betroffen?
Relativ wenig. Zur Zeit des großen Booms zwischen 2000 und 2008 wurde in Benidorm selbst kaum gebaut, der Quadratmeterpreis ist der gleiche geblieben. Verwaltung und Bewohner sind sich zum Glück einig, dass Komfort wichtiger ist als Wachstum. Nach dem Bau des Armanello-Projekts (eines geplanten Hochhausquartiers mit 23 Türmen in der Nähe des Busbahnhofs) soll zunächst einmal Schluss sein. Allerdings sind mir die Pläne dafür nicht ganz geheuer.
Warum?
Weil die Häuser Solitäre sind. Es gibt keine Straßen im eigentlichen Sinn, keine Kontinuität des öffentlichen Raums. Das Projekt folgt einer infantilen Interpretation des Benidorm-Modells. Aber vielleicht werden die Pläne ja im Rahmen der Krise revidiert.
Viele glauben, Tourismus habe mit dem Verkauf und der Vermietung von Raum an schönen Orten zu tun. Dabei geht es in erster Linie um den Faktor Zeit, um Erlebnisse – und in Städten am Meer erlebt man nun einmal mehr als an einem einsamen Strand. Wenn sich wie in Benidorm auf wenigen Hektar Strand, Bars, Diskotheken, Vergnügungsparks konzentrieren, spart man Wege und damit Zeit und kann so mehr
erleben. Unseren Untersuchungen zufolge bewegen sich die Feriengäste in Benidorm zu 97 Prozent fast die ganze Zeit im gleichen Viertel.
Als sich die Stadtverwaltung 1963 für das erste Hochhaus entschied, war das so revolutionär, dass darüber Freundschaften zerbrachen, Ehen kriselten. Inzwischen zweifelt keiner mehr, dass die Entscheidung richtig war.
Ja, aber nur, weil wir eine Lösung für ein klassisches Hochbauproblem gefunden haben. In
einer mediterranen Stadt findet das Leben auf der Straße statt; auch die Zonen zwischen Privatem und Öffentlichem, Orte wie Bars, Restaurants und Geschäfte spielen eine wichtige Rolle. Wenn man nun aber wie in Benidorm in die Höhe statt in die Breite baut, gibt es für all das weniger Platz. Wir haben diese Leerstellen gefüllt, indem wir die öffentlichen Nutzungen in die Erdgeschosse entlang der Straßen verlagert haben. Das macht die Stadt lebendig, lebenswert und beweist, dass intelligente Stadtplanung
simple oder sogar schlechte Architektur ausgleichen kann. Umgekehrt funktioniert das nicht.
Kann eine Bettenburg wie Benidorm überhaupt ästhetischen Prinzipien genügen?
Viel wichtiger ist, dass sie effizient bleibt. Ich habe den Eindruck, dass das Modell Benidorm in den achtziger Jahren pervertiert wurde. Damals hat die Stadtverwaltung für den Vergnügungs- und Ferienpark Terra Mítica acht Millionen Quadratmeter umgewidmet und Ferien-Chalets gebaut, weil sie den einfachen Pauschal-Tourismus für unrentabel hielt. Ein Irrtum: Pauschal-Touristen geben mehr Geld aus als Chalet-Bewohner, die nur viel für ihr Domizil bezahlen. Ich habe einmal ausgerechnet, dass eine Diskothek 368-mal rentabler ist als ein Golfplatz! Inzwischen ist man davon wieder etwas abgerückt.
Inwieweit ist Benidorm von der spanischen Immobilienkrise betroffen?
Relativ wenig. Zur Zeit des großen Booms zwischen 2000 und 2008 wurde in Benidorm selbst kaum gebaut, der Quadratmeterpreis ist der gleiche geblieben. Verwaltung und Bewohner sind sich zum Glück einig, dass Komfort wichtiger ist als Wachstum. Nach dem Bau des Armanello-Projekts (eines geplanten Hochhausquartiers mit 23 Türmen in der Nähe des Busbahnhofs) soll zunächst einmal Schluss sein. Allerdings sind mir die Pläne dafür nicht ganz geheuer.
Warum?
Weil die Häuser Solitäre sind. Es gibt keine Straßen im eigentlichen Sinn, keine Kontinuität des öffentlichen Raums. Das Projekt folgt einer infantilen Interpretation des Benidorm-Modells. Aber vielleicht werden die Pläne ja im Rahmen der Krise revidiert.
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