Bauwelt

Do it yourself

Das Architekten-Kollektiv Assemble aus London über die Freude am Do-it-Yourself und einen unerwarteten Erfolg

Text: Hoetzel, Dagmar, Berlin

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    Natürlich hat Assemble auch das eigene Studio selbst gebaut ...
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    ... - das Yardhouse besteht aus konventionellen, vorgefertigten Produkten und war extrem günstig in den Baukosten.
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    ... - das Yardhouse besteht aus konventionellen, vorgefertigten Produkten und war extrem günstig in den Baukosten.

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    Für die um 1900 entstandene Handwerkersiedlung Granby in Liverpool ...
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    ... entwickelt Assemble Konzepte für den Umbau der Häuser
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    Hands-on und do it yourself. Langfristig soll der Granby-Workshop als eigenständiges Unternehmen von Bewohnern der Siedlung betrieben werden
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    Hands-on und do it yourself. Langfristig soll der Granby-Workshop als eigenständiges Unternehmen von Bewohnern der Siedlung betrieben werden

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    Die Einrichtung eines Showrooms für den Granby-Workshop in der Siedlung wurde durch die Nominierung der Gruppe zum Turner-Preis möglich
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Do it yourself

Das Architekten-Kollektiv Assemble aus London über die Freude am Do-it-Yourself und einen unerwarteten Erfolg

Text: Hoetzel, Dagmar, Berlin

2013 gewann die Londoner Architektengruppe Assemble den Bauwelt-Preis für das erste Haus (Bauwelt 1–2.2013). Damals wurden die jungen Architekten für ein Kino ausgezeichnet, das sie temporär in einer heruntergekommenen Tankstelle einrichteten. Sie hatten das Projekt selbst initiiert und finanziert und unter Mithilfe von Freiwilligen selbst „gebaut“. In diesem Jahr ist Assemble mit ihrem Projekt „Granby Four Street“ in Liverpool für den prestigeträchtigen Turner-Preis nominiert worden (der Gewinner wird Anfang Dezember bekannt gegeben). Granby Four Street ist eine Reihenhaussiedlung im Liverpooler Ortsteil Toxteth, die um 1900 für Handwerker errichtet worden war. In den achtziger Jahren begann die Stadtverwaltung, Bewohner umzusiedeln und Häuser abzureißen, mit dem Ziel, Neubauten zu errichten. Doch die Gegend erlebte stattdessen einen sukzessiven Verfall. Die Bewohner schlossen sich zusammen und wehrten sich gegen weiteren Abriss, sie gründeten einen „Community Land Trust“ und haben in den vergangenen zehn Jahren Straßen bepflanzt, leerstehende Häuser gestrichen, einen monatlichen Markt ins Leben gerufen – und Assemble beauftragt, ihnen bei der Entwicklung von langfristigen Strategien für die Siedlung und Konzepten für die einzelnen Häuser zu helfen. Bei dieser Größenordnung liegt es auf der Hand, dass Assemble nicht mehr alles selber baut. Aber der grundlegende Gedanke des Selber-Machens herrscht auch hier vor. Zwar wurde für den Umbau der Häuser auch eine Baufirma engagiert, aber eine ganze Reihe von Ausstattungselementen, von Schrankgriffen über Fliesen bis zu Textilien und Möbeln, wurde von Mitgliedern von Assemble eigens entworfen und unter Mitwirkung der Bewohner von Granby produziert.
Als Assemble sich als Gruppe gründete, haben Sie da bestimmte Strategien oder Ziele formuliert?
Lewis Jones  Als wir mit unserem ersten Projekt begannen, dem Cineroleum, hatten wir keine Erwartungen. Wir wollten einfach etwas zusammen machen. Und wir wollten das teilen mit anderen, Mitmacher finden und ein Publikum. Uns ging es nicht darum, ein architektonisches Folly zu schaffen, das nur Leute interessiert, die einen Bezug zu Architektur oder Design haben. Die Frage nach Erfolg stellte sich damals nur in der Frage, ob wir die Sitze füllen können, ob wir genug Tickets und Popcorn verkaufen würden. Wir hatten das ja alles selbst finanziert.
Maria Lisogorskaya  Ich denke, am Anfang ging es vielen von uns vor allem um diese unglaubliche Befriedigung, etwas mit den eigenen Händen zu machen, auszuprobieren, die eigenen Fähigkeiten zu testen und Erfolg zu spüren, wenn ich beispielsweise gelernt habe, einen Stuhl oder so etwas zu bauen. Die Erfahrung der unmittelbaren Umsetzung des Konzepts in ein reales Projekt, das dann auch noch von Leuten wahrgenommen und besucht wird, war großartig.
Wie arbeiten Sie? Haben sich Arbeitsweise und Struktur mit der zunehmenden Größe der Projekte geändert?
Lewis Jones Wir sind durch eine Reihe von unterschiedlichen Modellen gegangen, auf der Suche, uns zu organisieren. Als wir anfingen, waren wir im Prinzip alle Freiwillige. Es begann ganz organisch, als eine Gruppe von Freunden. Wir trafen uns in unserer freien Zeit, wir hatten alle Jobs, mit denen wir unser Geld verdienten, arbeiteten in anderen Architekturbüros. Und als eine Art Hobby machten wir unsere eigenen Projekte. Eigentlich kamen wir zusammen, um diese eine Idee umzusetzen, das Cineroleum. Wir hatten keine weitere Intention, nicht den Plan einer Bürogründung. Schritt für Schritt hat es sich einfach entwickelt. Der Übergang von einer Freizeit- zur Vollzeitbeschäftigung und damit auch zur Haupteinnahmequelle war fließend. Aber es war natürlich auch ein schwieriger Prozess, die richtige Struktur zu finden, wie wir uns organisieren, besonders ab dem Zeitpunkt, an dem wir begonnen haben, an mehreren Projekten gleichzeitig zu arbeiten.
Maria Lisogorskaya  Anfangs hatten wir, wie ein Kollektiv, das System, das jeder das gleiche Gehalt bekommt. Aber das konnten wir finanziell nicht durchhalten. Denn wenn nicht genug Geld reinkommt, um alle Leute und das Büro weiter zu bezahlen, können wir ja nicht Leute entlassen, um die Kosten zu verringern. Das wäre schrecklich, das wäre das Ende von Assemble, der Kollaps der Idee.
Lewis Jones Und wir wollten auch nicht nur aus finanziellen Gründen Aufträge annehmen, die eigentlich keiner von uns machen will, also nicht ein System unterstützen, das sich nicht selbst stützen kann. So haben wir eine Art Freelancer-Struktur eingeführt. Die Hälfte des Honorars jedes Projektes geht an Assemble, für die Betriebskosten und für feste Posten wie Verwaltung oder Buchhaltung. Die andere Hälfte geht an das Team, das das Projekt bearbeitet. Wir glauben, dass Selbstorganisation für uns die richtige Art von Struktur ist, auch weil es einen größeren Anreiz darstellt, für die eigene Geldbörse zu arbeiten.
Maria Lisogorskaya Jedes Projekt wird von zwei Leuten geleitet, eine Art „Kumpelsystem“. Das sind diejenigen, die verantwortlich sind, diejenigen, die mit den Bauherren reden, je nach Größe des Projektes Mitarbeiter betreuen und bestimmen, wer wie viel bekommt – also dafür sorgen, dass das Projekt läuft. Aber als Gruppe, als
Assemble, stellen wir sicher, dass die Ideen und die Art, wie das Projekt verläuft, auf gemeinsamen Entscheidungen beruhen. Keiner arbeitet isoliert. Jeden Montag haben wir Projektbesprechungen in der Gruppe. Wir verwenden viel Zeit darauf, alle Aspekte eines jeden Projektes gemeinsam zu besprechen und uns gegenseitig auf dem Laufenden zu halten.
Mit Ihrem Projekt Granby Four Street in Liverpool sind Sie für den Turner-Preis nominiert worden. Verändert diese Nominierung etwas für das Projekt?
Lewis Jones Oh ja. Mit der Nominierung ist eine Ausstellung verbunden und wir entschieden uns, diese nicht in einer Galerie zu machen, sondern die Gelegenheit zu nutzen, einen „Granby-Workshop“-Showroom zu installieren. Wir haben ja im Rahmen des Projekts viele Dinge entworfen, entwickelt und selber hergestellt. In den ersten fünf Häusern in Granby wurden die Prototypen, die wir in ziemlicher „hands-on“-Manier in London in unserem Studio produziert haben, eingebaut. Die nächsten fünf Häuser erhalten dann schon Produkte, die in dem sozialen Unternehmen, das wir gegründet haben – der Granby-Workshop – hergestellt werden.
Maria Lisogorskaya Wir haben einiges ausprobiert: Möbelgriffe, Lampen, Kamine, Tische, Stühle, Fliesen – alle in verschiedenen Techniken und Materialien. Wir haben Beton gegossen, Abrissmaterial genutzt, Keramik in einem gewöhnlichen Grill mit Sägespänen gebrannt. In der Pilotphase, mit der Ausstellung für den Turner-Preis, haben ungefähr zehn Leute aus der Siedlung an den unterschiedlichen Produkten gearbeitet.
Lewis Jones Die Idee ist ja, dass der Granby-Workshop eine eigenständige lokale Organisation wird und so auch Einnahmequelle und Ausbildungsort für die Leute im Quartier. Aber das Ganze befindet sich noch im Prozess. Mal schauen, wie erfolgreich der „Kick-Start“ durch die Turner-Preis-Nominierung sein wird und ob es genug Leute geben wird, die die Produkte mögen und kaufen wollen. Letztendlich ist es wieder die gleiche Frage wie beim Cineroleum: Verkaufen wir genug Popcorn?
Haben Sie vorher jemals daran gedacht, so eine prestigeträchtige Auszeichnung zu bekommen?
Maria Lisogorskaya  (lacht) Nein! Wir haben immer Witze gemacht, wenn das Telefon geklingelt hat: „Oh, that’s the Oscar“ oder „the Grammy“. Die Nominierung ist eine vollkommene Überraschung, bislang wurde der Turner-Preis nur an bildende Künstler vergeben. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Preises, dass Architekten nominiert worden sind und noch dazu eine Gruppe, sonst wurden nur Einzelpersonen ausgewählt.
Was bedeutet Erfolg für Sie?
Lewis Jones Erfolg ist kein Begriff, der auftaucht, während wir unsere Projekte machen. Denn allgemein ist das ja etwas, was erst im Nachhinein appliziert wird. Erfolg würde für mich bedeuten, mit Assemble die Möglichkeit zu erhalten, weiter interessante Projekte zu machen und neue Wege der Herangehensweise, neue Ideen und Gebäude zu entwickeln. Es gibt so viele Dinge, die man tun und lernen kann.
Maria Lisogorskaya Nun, ich glaube, was Erfolg bedeutet, ändert sich ständig. Im Moment sind wir zufrieden damit, Gelegenheiten zu haben, neue Dinge zu lernen, Veränderungen anzugehen und Teil von neuen Fragestellungen zu sein – wachsen und lernen. Aber eigentlich denke ich nicht darüber nach. Manchmal, wenn ich Leute treffe, mit denen ich studiert habe, und die haben alle diese verschiedenen Jobs und ein Haus und was weiß ich nicht alles, denke ich: „Oh Gott. Ich bin gerade nicht auf der Erfolgsspur“. Auf der anderen Seite mag ich meine Arbeit wirklich sehr und die Menschen, mit denen ich arbeite und vor denen ich Respekt habe. Das ist sehr wertvoll.
Lewis Jones Erfolg definiert sich wohl bei jedem Projekt anders. Unsere Arbeit in Granby wäre erfolgreich, wenn sie als positive Maßnahme in einem Revitalisierungsprozess wahrgenommen wird, und wenn sie helfen würde, die Haltung gegenüber Quartiersentwicklungen in England zu verändern. Ein Erfolg wäre sicher auch, wenn sich der Granby-Workshop als ein solides soziales Unternehmen etablieren könnte.

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