Bauwelt

Es gibt keinen besseren Standort!

Marcus Trier hat als Direktor des Römisch-Germanischen Museums und als Bodendenkmalpfleger eine doppelte Perspektive auf das Geschehen rings um den Kölner Dom

Text: Winterhager, Uta, Köln

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    Marcus Trier Der gebürtige Kölner ist seit 2010 Direktor des Römisch-Germanischen Museums und Vorsitzender der gemeinnützigen „Stiftung Archäologie in Köln“. Foto: Rheinisches Bildarchiv, Köln

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    Marcus Trier Der gebürtige Kölner ist seit 2010 Direktor des Römisch-Germanischen Museums und Vorsitzender der gemeinnützigen „Stiftung Archäologie in Köln“.

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    Das Museum kurz nach der Eröffnung.
    Foto: Stadt Köln

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    Das Museum kurz nach der Eröffnung.

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    Auch die mu­seale Konzeption ist inzwischen denkmalgeschützt.
    Foto: Archiv Römisch-Germanisches Museum

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    Auch die mu­seale Konzeption ist inzwischen denkmalgeschützt.

    Foto: Archiv Römisch-Germanisches Museum

Es gibt keinen besseren Standort!

Marcus Trier hat als Direktor des Römisch-Germanischen Museums und als Bodendenkmalpfleger eine doppelte Perspektive auf das Geschehen rings um den Kölner Dom

Text: Winterhager, Uta, Köln

Mitten im Zweiten Weltkrieg wurde bei Ausschachtungsarbeiten für einen Luftschutzbunker am Südportal des Doms ein über 70 Quadratmeter großes Mosaik mit zahlreichen Darstellungen aus der Mythologie des Fruchtbarkeitsgottes entdeckt, das einst den Speisesaal eines römischen Peristyl-Hauses geziert hatte. Das sogenannte Dionysos-Mosaik wurde zu einer Attrak­tion, die trotz des Krieges tausende Menschen anzog, welche Schlange standen, um die Fundstelle zu besichtigen. Nur wenige Monate nach Kriegsende wurden aus der Römischen und Germanischen Abteilung des Wallraf-Richartz-Museums und dem Museum für Vor- und Frühgeschichte das Römisch-Germanische Museum gegründet. Zunächst blieb es ohne eigenes Haus, bezog 1961 provisorisch den Dombunker, während die Stadt im folgenden Jahr den Wettbewerb für einen Neubau auslobte. Dieser sollte direkt am Fundort des Dionysos-Mosaiks, zu Füßen des Doms und damit im Zentrum der von Rudolf Schwarz konzipierten Hochstadt errich­-tet werden. Auch wenn die Neugestaltung der Domplätze schon im Gespräch war – eine konkrete städtebauliche Lösung gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Dennoch hatte die Hohe Domkirche selbst die Südseite des Roncalliplatzes mit dem Kurienhaus (Architekt Bernhard Rotterdam und Dombaumeister Willy Weyres) markiert, der Neubau des Römisch-Germanischen Museums sollte die zum Rhein hin offene Ostseite besetzen.
Die Braunschweiger Architekten Heinz Röcke und Klaus Renner gewannen den Wettbewerb mit einem aus heutiger Sicht fast unheimlich modernen Bau. Der himmelstrebenden gotischen Domfassade setzten sie zwei flache, orthogonale Baukörper entgegen: den Museumsbau und ein kleineres, mit einem schmalen Steg angebundenes Studienhaus (Bauwelt 25.1974). Was sich in der Ansicht so ortsfremd generierte, fußte jedoch sehr solide im Raster des römischen Straßennetzes. Der Grundriss des Museums entwickelt sich aus dem Vorbild des römischen Pe­ristyls, einem säulenumstandenen Hof, der sich, um das Gebäude zur Stadt zu öffnen, nach au­-ßen kehrt. So liegt nun das verglaste Erdgeschoss des Museums eingerückt hinter einem umlaufenden Säulenkranz, die Domplatte wird zum Hof, und steinerne Fundstücke möblieren die Arkaden. Diese leiten und locken die Besucher in eine Passage, die das Museum aus der Mitte heraus schwellenlos erschließt. Das glatte, mit Granitplatten verkleidete Obergeschoss scheint trotz seiner steinernen Schwere zu schweben, sein einziger Schmuck sind die prägnanten roten Lettern des Namenszugs.
Die großzügig dimensionierte Passage richtet das Museum nach Osten aus und inszeniert die Blickachse von der Domplatte über eine Terrasse auf den Rhein – eine Aussicht, die mit dem Bau des Museums Ludwig verstellt wurde. Kompakt wirkt der Bau und überrascht doch immer wieder mit großer Offenheit. Schon von außen können Passanten einen Blick auf die in der offenen Treppenhalle platzierten Schaustücke werfen, auf das im Untergeschoss liegende Dionysos-Mosaik und das zweieinhalb Geschosse hohe Poblicius-Grabmal. Das Obergeschoss ist als Großraum geplant, der im Rahmen des vom damaligen Direktor Hugo Borger entwickelten Konzeptes erstmals einen freien Rundgang zwischen antiken Architekturfragmenten, Sockel­inseln aus Tuffstein und lockeren Gruppierun­gen schlanker Vitrinen erlaubte. Belichtet wird er – hier wieder ein Zitat aus der Baugeschichte – über ein Atrium, das dem, der den Blick steil nach oben richtet, ein Stückchen Dom zeigt.
Das kleinere Studiengebäude steht ein wenig abgerückt vom Roncalliplatz. Zwischen beiden Häusern verläuft die römische Hafenstraße, das Straßenniveau verspringt, es wird enger, altstädtischer. Hier, wie auch auf der Domseite, wo die verbleibende Gasse nur wenige Meter breit ist, wird man als Passant quasi gezwungen, sich mit dem Ort, mit seiner Geschichte auseinandersetzen. Schon sehr früh hat das Römisch-Germanische Museum den öffentlichen Raum genutzt, sein Haus als Schaufenster in die Römerzeit geöffnet und damit vieles vorweg genommen, das in den letzten Jahren zur Regeneration des Domumfelds diskutiert wurde. Doch Marcus Trier, heutiger Direktor des Römisch-Germanischen Museums, ist besorgt um sein Haus und dessen Nachbarschaft. Die Umgestaltung der Domumgebung hat er nicht nur als Anrainer begleitet, sondern auch als Bodendenkmalpfleger, da alles was dort geschehen ist, Eingriffe in den historischen Boden erforderte.
Ihr Standort auf der Domplatte ist ungewöhnlich – ist das Römisch-Germanische Museum hier immer noch richtig platziert?
Es gibt keinen besseren Standort! Diese Stadt hat zwei Herzen, das Rathaus und den Dom. Unser Standort, neben dem Dom und über dem Fundort des Dionysos-Mosaiks, ist einzigartig und in seiner Qualität nicht zu übertreffen. Die Verbindung der Stadtgeschichte mit dem Dom ist so herausragend, dass sie nahelegt, auch das Stadtmuseum dort zu positionieren. Wir decken den Zeitraum von der Altsteinzeit bis zur frühmittelalterlichen Stadtgeschichte ab, dann übernähme das Stadtmuseum den Staffelstab. Das ist der Grundgedanke des Projekts „Historische Mitte“ (Bauwelt 40.2016, Anm. d. Red.). Wir sind jedoch in diesen Prozess unter der Prämisse gestartet, dass das Römisch-Germanische Museum als architektonischer Solitär unantastbar ist.
Wie sieht die Zukunft Ihres Hauses aus?
Bisher haben wir nur einen sechs Jahre alten Generalsanierungsbeschluss über 18,3 Millionen Euro. Damals ging es allein um die Raumlufttechnik und um die Neukonzeption der Tragwerks­planung, was natürlich vollkommen unzureichend war. Im Rahmen der Planungen für die Historische Mitte wurde auch die Generalsanierung des Hauses noch einmal neu gerechnet, und der Betrag erhöhte sich auf 34,5 bis 41,7 Millionen Euro – das bedarf eines neuen Ratsbeschlusses. Die Schließung des Museums Ende 2017 steht jedoch unabhängig davon an, weil die Raumlufttechnik, der Brandschutz und all das, was jeden modernen Bau in die Knie zwingt, nach dem 31.Dezember nicht mehr zulässig sind.
Seit Ende letzten Jahres steht das Museum unter Denkmalschutz. Was bedeutet das
für Sie?
Ich finde die sachliche Architektur dieses schmucklosen Baus wirklich großartig – nur in seinem Zustand ist er unbefriedigend. Wenn Sie sich Fotografien aus der Zeit kurz nach der Eröffnung im Jahr 1974 ansehen, werden Sie ganz andere Qualitäten erkennen. Damals, ohne das Museum Ludwig, erlaubte die Passage
den Durchblick auf den Rhein und die Hohenzollernbrücke. Auch wenn das Haus als architekto­nische Institution für uns unantastbar ist, meint das nicht, dass wir den Durchgang nicht geschlossen sehen wollen, denn zum einen werden wir der Probleme nicht mehr Herr, die das derzeitige Verhalten vieler Menschen mitsichbringt, zum anderen bieten sich damit Möglichkeiten, das Museum ins 21. Jahrhundert zu führen. Die Servicebereiche, Sanitäranlagen, Schülergarderoben, ein moderner Museumsshop und – sollte die His­torische Mitte nicht realisiert werden – eine Gastronomie können wir nur ein- und umbauen, wenn wir im Erdgeschoss mehr Platz haben.Der Gedanke der Schließung des Durchgangs im Sinne einer Erweiterung des Erdgeschosses ist im Übrigen gar nicht neu. Ich habe im letzten Jahr lange mit Klaus Renner, einem der beiden Architekten, zusammen gesessen und erfahren, dass schon in den achtziger Jahren darüber nachgedacht und vorsichtig skizziert wurde. Nach wie vor sind wir aber nicht nur von der Außenhülle des Gebäudes vollkommen überzeugt, sondern auch von der musealen Konzeption, die ja ausdrücklich auch Teil der Unterschutzstellung ist. Und deshalb werden wir im Sinne einer „fortgeschriebenen Kontinuität“ auch daran festhalten. Der frei bestimmte Rundgang durch das Haus, in dem sich Themenblöcke aus Sockelinseln und Vitrinenlandschaften erschließen, ist im In- und Ausland vielfach kopiert worden – auch bei den neuesten Überlegungen in Berlin finden wir uns wieder.
Was können Sie als Museum für den öffentlichen Raum tun und welche Forderungen stellt der öffentliche Raum an Sie?
Die Arkaden wie auch die Passage wurden von Beginn an als Bestandteil der Ausstellungsfläche geplant und genutzt. Sollte die Passage geschlossen werden, dann nur mit Glaswänden, um die Blickachsen zu erhalten. Wenn wir die Traufen wegen der sozialen Probleme darunter aufgäben, würde das Haus seine architektonische Qualität, seinen leichten, fast schwebenden Charakter sofort verlieren und zu einem dicken Klotz werden. Es wird ein transparentes, offenes Haus bleiben.

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